Der Konsum von Pornographie ist ein Massenphänomen, das zur Lebenswirklichkeit eines großen Teils der Bevölkerung dazugehört. In Kontrast zu diesem Alltagscharakter ist die Thematik weitgehend tabuisiert, eine breite gesellschaftliche Debatte findet selten statt. Pornografie hat deshalb bis heute den Charakter des Anrüchigen, Unternehmer und Darsteller leiden unter Stigmatisierung, Konsumenten schweigen sich über den eigenen Konsum meist aus. Dieser Zustand ist für alle Beteiligten, aber auch aus gesellschaftlicher Sicht unerfreulich.
Kunstfreiheit stärken
Die Freiheit der Kunst hat einen besonderen Stellenwert in unserer Rechtsordnung. Auch erotische und sexuelle Motive rauben einer Darstellung nicht ihren Charakter als künstlerische Darstellung. Kunst und – ggf. strafbare – Pornografie schließen sich begrifflich nicht aus. Vielmehr sind die Ausflüsse der Kunstfreiheit auch bei Werken mit sexuellem Charakter zu berücksichtigen.
Moralismus hat keinen Platz in der Rechtsordnung
Die Mitarbeit an der Herstellung pornografischer Schriften ist eine Tätigkeit, für die es in einer freiheitlichen Gesellschaft und in einer Marktwirtschaft keinen Grund für Stigmatisierung oder rechtliche Repression gibt. Ein Verbot von Pornografie lehnen wir entschieden ab. Weder der Ruf nach der Bewahrung von „Sittlichkeit“ noch ein falsch verstandener feministischer Paternalismus vermögen das Selbstbestimmungsrecht der Beteiligten wirksam und rechtmäßig einzuschränken
Überbleibsel des Sittlichkeitsstrafrechts vergangener Zeiten sind damit auch aufzuheben. § 184 StGB ist mit Ausnahme des § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB abzuschaffen. Verstöße gegen Jugendschutz oder gewerbliche Regulierungen sind analog zur Abgabe von Alkohol stattdessen als Ordnungswidrigkeit zu erfassen. Werden pornografische Schriften einvernehmlich überlassen, darf keine Ordnungswidrigkeit oder Straftat vorliegen, wenn in denen sexuelle Handlungen zwischen den Beteiligten legal wären, also insbesondere innerhalb von sexuellen Beziehungen junger Menschen.
Abweichende Formen freiwillig zwischen Erwachsenen praktizierter Sexualität werden weithin nicht mehr in den Kategorien von normal und abartig, „unzüchtig“ und sittlich wahrgenommen; der Schwerpunkt der Bewertung hat sich vielmehr zutreffend auf die Grenzlinie der Freiwilligkeit und Selbstbestimmung verlagert. Daher ist § 184a Satz 1 Alt. 1 auf die Darstellung strafbarer Gewalttätigkeiten zu beschränken, sodass einvernehmliche und legale sadomasochistische Darstellungen nicht länger kriminalisiert werden. Die in Alt. 2 genannten sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren bleiben davon unberührt.
Die Problematik von Mainstream-Pornografie
Wiewohl Pornografie als solche keinen Bedenken begegnet, finden sich in der gesellschaftlichen Wirklichkeit Formen von Pornografie, die gemeinsame, in ihrer gesellschaftlichen Wirkung problematische Merkmale aufweisen. Neben oft unrealistischen Körperbildern, die das Selbstwertgefühl junger Menschen untergraben ist die Darstellung von Geschlechterrollen und die Behandlung von Konsens prekär. Die in der Rechtsordnung überkommene Vorstellung der vis haud ingrata lebt in pornografischen Schriften weiter, in denen Gewalt nicht als strafbare Überwindung fehlenden Einverständnisses, sondern als Mittel zur Herstellung von Konsens gezeigt wird. Auf solche Problematiken ist gesellschaftlich immer wieder hinzuweisen.
Wer reif genug für Sex ist, ist reif genug für Pornos
Die Jungen Liberalen fordern, dass Pornographie, die von der Bundeszentrale für Jugend- und Medienschutz als Darstellung von Consensual und Safer-Sex deklariert wird, für Jugendliche ab 14 Jahren frei zugänglich wird. Dies soll unabhängig davon gelten, ob pornographisches Material über ein Trägermedium (z.B. DVD oder Blu-ray) oder Telemedien (z.B. Internet oder TV) bereitgestellt wird. Eine gegebenenfalls anfallende Altersverifizierung beim Bezug von Pornographie über das Internet muss die Anonymität der Nutzerinnen und Nutzer uneingeschränkt wahren. Die diesbezüglichen Vorschriften im Strafgesetzbuch, Jugendschutzschutzgesetz und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sind entsprechend anzupassen.
Aufklärung ausbauen
Vorhandensein und Inhalt pornografischer Schriften werden zu selten im Unterricht und in der Aufklärungsarbeit zum Beispiel der BzgA thematisiert. Dies ist auszubauen. Dabei sind insbesondere die Themen Pornografiesucht, Gewaltverherrlichung, Konsens, Geschlechterrollen zu thematisieren. Zugleich soll Pornografie als solche nicht moralisierend abgewertet werden.
Rechtssicherheit für Aufklärungsvideos
Die Aufklärung über Sexualität erfolgt meist mit einem hohen Grad an Zurückhaltung und bleibt oft im Impliziten. Während Jugendliche schon in jungen Jahren massenhaft explizite Pornografie konsumieren und sich dadurch bestimmte Vorstellungen entwickeln, verzichtet der Aufklärungsunterricht meist auf realistische Aufklärungsobjekte. Hier bedarf es der Schaffung eines rechtssicheren Rahmens, um neutrale Darstellungen menschlicher Körper im Unterricht zeigen zu können. Aufklärungsvideos und Darstellungen zu medizinischen Zwecken dürfen nicht dem Pornografiebegriff unterfallen.
Rechtsrahmen für Sexting präzisieren
Sexuelle Interaktion findet im digitalen Zeitalter nicht nur in Form von körperlichem Kontakt oder jedenfalls bei persönlicher Anwesenheit aller Beteiligter statt. Sexuelle Interaktion über das Versenden von Nachrichten, Bild- und Videodateien (Sexting) gehört für viele, gerade junge Menschen inzwischen zum Sexualleben dazu. Die Rechtsordnung legt allerdings durch fehlende Differenzierung oft an Sexting strengere Maßstäbe an als an körperliche sexuelle Handlungen. Hier bedarf es einer Reform, deren Maxime sein muss, dass in Konstellationen, in den sexuelle Handlungen straffrei sind, auch Sexting straffrei sein muss. Die §§ 184 ff. StGB sind entsprechend anzupassen.
Schutz vor ungewollter Verbreitung eigener Nacktdarstellungen
Kehrseite des Sextings ist ein großes Missbrauchspotenzial. Durch heimliche Nacktaufnahmen, durch das Hacken von Gerätespeichern oder durch Weitergabe einvernehmlich erlangter Dateien können Personen dauerhaft und schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht geschädigt werden. Hier bedarf es eines lückenlosen strafrechtlichen Schutzes. Die gewerbs- und bandenmäßige Verbreitung solcher Darstellungen ist als Qualifikationstatbestand zu erfassen.