30.08.2023

Liberale Leitlinien in der Geldwäschebekämpfung

Kaum ein europäisches Land birgt so viele einfache Möglichkeiten Geld aus kriminellen Machenschaften zu verstecken und zu waschen wie Deutschland. Einer Dunkelfeldstudie zufolge liegt das geschätzte Volumen der gewaschenen Gelder in Deutschland bei etwa 100 Milliarden Euro jährlich. Damit ist Deutschland der größte Waschsalon Europas. Seit Jahren wird Deutschland durch europäische Institutionen immer wieder gerügt, weil es bei der Durchsetzung von Geldwäscherichtlinien viel zu nachlässig ist. Zu den Nutznießern dieser Nachlässigkeiten gehören allen voran die Steuerhinterziehung, Korruption und die organisierte Kriminalität. Besonders im Bereich der Clankriminalität finden sich immer wieder prominente Beispiele für Geldwäschevorfälle.

Noch heute kann der interessierte Geldwäscher aus einer Vielzahl von Schwachstellen jene auswählen, die für die zu verschleiernde Geldsumme und sein eigenes Vorhaben am attraktivsten erscheint. Unternehmungen wie Restaurants oder Gebrauchtwagenhandel sind beliebte legale Zugänge zum bargeldintensiven Handel auch wenn sie bestimmen Auflagen unterliegen. Kontrollen bei Unternehmen im Nichtfinanzsektor finden im Durchschnitt nur alle 200 Jahre statt. Noch heute fehlt es an einer effektiven Geldwäscheaufsicht.

Die großen Geldwäscheskandale der vergangenen Jahre habenaufgezeigt, welche zentrale Rolle die Verschleierung der wirtschaftlich Berechtigten bei Fällen der Geldwäsche hat. Immer wieder konnten horrende Summen hinter Briefkastenfirmen verschoben werden, ohne dass die Identität der Verantwortlichen bekannt war. Besonders große Summen werden dabei in der Immobilienbranche umgesetzt.

Um das zu verhindern, wird bereits seit langem auf europäischer Ebene zusammengearbeitet. Doch immer wieder fällt die nachlässige Umsetzung Deutschlands dabei auf. Zu den zentralen Problemen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland zählen die mangelhafte Datenlage, Schlupflöcher bei der Identifikation von wirtschaftlich Berechtigten, viel zu geringe personelle Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz sowie kalkulierbare Strafen für juristische Personen. All das führt dazu, dass das zentrale Motiv der Täterfür die Vortaten, nämlich die eigene Bereicherung, erfüllt wird.

Für eine signifikante Verbesserung der Geldwäschebekämpfung in Deutschland fordern die Jungen Liberalen die Umsetzung der nachfolgenden Maßnahmen:

1. Schaffung von empirischen Grundlagen

Einzig auf Grundlage zuverlässiger und umfassender Informationen können langfristig wirksame Maßnahmen für die Geldwäschebekämpfung beschlossen werden. Gegenwärtig werden Fälle von Geldwäsche nicht ausreichend aufgeschlüsselt und analysiert. Daher muss die empirische Grundlage verbessert werden.

Der Financial Intelligence Unit (FIU) werden gemäß §42 des Geldwäschegesetzes umfassende Informationen zum Ausgang der Verfahren, die im Zusammenhang mit den ihr gemeldeten Verdachtsmeldungen stehen, übermittelt. Die separate anonymisierte statistische Erfassung und Auswertung dieser Informationen muss durchgeführt und im Jahresbericht der FIU veröffentlicht werden.

Nach dem Geldwäschegesetz sind diverse Akteure – z.B. Notare, Immobilienmakler oder auch Wirtschaftsprüfer – zur Verdachtsmeldung verpflichtet. Mithilfe von Algorithmen soll bestimmt werden, welche Akteure auffällig wenige Verdachtsmeldungen tätigen. Bei diesen sollen Stichprobenkontrollen durchgeführt werden, um ein ganzheitliches Lagebild über die Geldwäsche in Deutschland zu gewinnen.

Weiterhin ist heute zu wenig über den Verlauf des gewaschenen Geldes bekannt. Informationen bezüglich der Ursprünge des schmutzigen Geldes sowie seinen Mündungen in den legalen Zahlungsverkehr liegen aktuell in Einzelfällen vor, eine gesamtheitliche Auswertung der bekannten Informationen für das Deliktsfeld findet jedoch nicht statt. Gleiches gilt für das tatsächliche Volumen der gewaschenen Summen.

Zukünftig soll eine Aufschlüsselung dieser Informationen in geeigneter Art und Weise erfolgen, sowie im Jahresbericht der FIU veröffentlicht werden.

2. Einschränkungen des freien Zahlungsverkehrs

Um Kriminalität zu bekämpfen, ist nicht jedes Mittel verhältnismäßig. Die Wahrung bürgerrechtlicher Freiheiten, dazu zählen wir auch die grundsätzliche Anonymität im Zahlungsverkehr, muss gewährleistet werden. Deshalb wir junge Liberale pauschale Obergrenzen für Bargeldtransaktionen ab. Und deshalb stehen wir auch weiteren generellen Einschränkungen des freien Zahlungsverkehrs mittels Bargeldes kritisch gegenüber, da sie pauschal und verdachtsunabhängig alle Bürger beschränken und ihr Nutzen für die Geldwäschebekämpfung zweifelhaft ist. Dennoch gelten auch in Deutschland bereits Beschränkungen für den Zahlungsverkehr mit Bargeld. Beispielsweise gilt für Bargeldtransaktionen über 10.000€ eine Pflicht für den Händler, die Identität des Käufers festzustellen. Diese Regelung wird gegenwärtig jedoch kaum kontrolliert und durchgesetzt. Anstelle neuer Beschränkungen des freien Zahlungsverkehrs, fordern wir junge Liberale, dass bereits bestehende Regelungen endlich konsequent Anwendung finden. Anschließend kann eine fundierte neue Bewertung dieser Maßnahmen erfolgen.

3. Rechtsfolge bei Verschleierung wirtschaftlich Berechtigter

Trotz geltender rechtlicher Vorschriften, verschleiern vereinzelte Unternehmen ihre Verantwortlichen. Dies führt unweigerlich dazu, dass vereinzelt keine natürliche Person für das Handeln eines Unternehmens in Deutschland verantwortlich ist. Deswegen wollen wir an den Tatbeständen in § 261 StGB – u.A. Verschleierungstatbestand, Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand und Isolierungstatbestand – explizit festhalten.

4. Verbesserung des Transparenzregisters und Digitalisierung der Grundbücher

Wir wollen prüfen, ob ein Transparenzregister überhaupt notwendig ist, da es Bürger und juristische Personen einem Generalverdacht unterwirft. Die Privathaltung wirtschaftlicher Betätigung ist aus persönlichkeits- und datenschutzrechtlichen Erwägungen legitim und sollte nicht durch einen gläsernen Bürger ersetzt werden. Keinesfalls soll der deutsche Gesetzgeber über die europäischen Vorgaben hinaus verschärfende Vorschriften erlassen.

Schnellstmöglich ist die Digitalisierung der Grundbücher sowie die Erstellung eines Onlinetools anzustreben, die eine Suche in allen deutschen Grundbucheinträgen ermöglicht. Auch für das (digitale) Grundbuch halten wir an der grundsätzlichen Privatheit der Informationen fest und wollen nur berechtigt Interessierten nach Antragstellung und Behörden die Einsicht ermöglichen.

5. Austausch und Ausstattung der Behörden

Immer wieder werden Fälle von Geldwäsche bekannt, in denen sich die Täter gezielt den unzureichenden Austausch der Behörden untereinander zu Nutze machen. Dabei zeigt die anschließende Aufarbeitung der Sachverhalte regelmäßig auf, dass die Modus Operandi leicht aufgedeckt werden können, wenn ein besserer Austausch der bereits vorhandenen Informationen untereinander stattfände. Auffällig ist auch, dass besonders umfangreiche Geldwäschefälle häufig über Ländergrenzen hinweg stattfinden.

Zu den grundlegenden Problemen der gegenwärtigen Geldwäschebekämpfung gehört auch der Mangel an qualifiziertem Personal, sowohl in den Strafverfolgungsbehörden als auch in der Justiz.

Der Austausch der für Geldwäsche relevanten Behördenuntereinander muss verbessert werden. Bei der Digitalisierungder Bereiche sollen bereits Schnittstellen geschaffen werden um den rechtskonformen Austausch von Informationen digital zu ermöglichen. Für wirtschaftliches Handeln in einer offenen Gesellschaft ist Vertrauen zwischen einzelnen Bürgern unabdingbare Voraussetzung. Anonyme Meldeportale nach Baden-Württembergischem Vorbild lehnen wir deshalb.

Deutschland muss sich für die Förderung des Austauschs sowie der Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene im Kampf gegen Geldwäsche einsetzen.

Für die Bekämpfung von Geldwäsche muss mehr Personal eingesetzt, sowie eine bessere Qualifizierung des Personals durch Erhöhung der Weiterbildungskapazitäten ermöglicht werden.

Im Bereich der Finanzkriminalität sollen die Schwerpunktstaatsanwaltschaften weiter gestärkt werden.

6. Legalisierungsoffensive gegen schmutziges Geld

Schmutziges Geld ist teilweise auch der Ertrag aus wirtschaftlichem Handeln auf informellen Märkten. Diese Märkte entstehen vielfach durch die Kriminalisierung von opferlosen Straftaten durch den Staat. Langfristig wollen wir deshalb der Geldwäsche die Grundlage entziehen, indem wir uns für eine Legalisierungsoffensive bei opferlosen Straftaten, beispielsweise im Bereich der Drogendelikte einsetzen.

7. Finanzdienstleister in die Pflicht nehmen

Die größten Datenmengen und damit das größte Potential zur Mustererkennung laufen bei Geschäftsbanken und Finanzdienstleistern zusammen. Eine effektive Risikoanalyse in den dortigen Unternehmen sorgt sowohl für Datensparsamkeit als auch für eine effektive Strafverfolgung. Deshalb wollen wir diese mehr in die Pflicht nehmen. Mittelfristig wollen wir deshalb nicht nur auf die formelle Einhaltung der EU-Geldwäscherichtlinie (AMLD) bestehen, sondern analog zu den Rahmenbedingungen für das Risikomanagement von Geschäftsbanken nach Basel III, Rahmenstandards für die genutzten Algorithmen einführen.

8. Reform der Behördenstrukturen

Die Ansiedelung der FIU beim Zoll hat sich nicht als erfolgreich herausgestellt. Die FIU ist technisch wie organisatorisch überfordert. Eine Geldwäschebekämpfung gelingt ihr in nennenswertem Maße nicht. Deshalb begrüßen wir die Initiative von Bundesfinanzminister Christian Lindner zur Schaffung rechtsstaatlicher und effizienterer Behördenstrukturen, indem die FIU und die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) in einer einzelnen zentralen Behörde aufgehen sollen.

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