05.11.2005

Die Chance der Liberalen

Das Ergebnis der vorgezogenen Bundestagswahl am 18. September führt zu einer seit den 50er Jahren nicht mehr da gewesenen Situation im deutschen Parteiensystem, da außer einer großen Koalition kein Zwei-Fraktionen-Bündnis eine Mehrheit der Sitze auf sich vereinigen könnte. Zudem existieren durch den deutlichen Einzug der Partei Die Linke.PDS in der nächsten Legislaturperiode wieder fünf Parteien im Deutschen Bundestag. Diese Situation wird insbesondere durch einen vor wenigen Jahren noch undenkbar erscheinenden Vertrauensverlust der beiden Volksparteien CDU/CSU und SPD bedingt, die beide mit ihrem Wahlergebnis weit unter der 40%-Marke geblieben sind. Die Probleme der Menschen im Land warten währenddessen auf dauerhafte Lösungen. Dies macht deutlich, welche besondere Verantwortung die deutsche Politik und alle Parteien in dieser schwierigen und instabilen Konstellation haben.

Der FDP wird aller Voraussicht nach ihrem Teil dieser Verantwortung in der Rolle der Oppositionsführung gerecht werden müssen. Die Jungen Liberalen gehen davon aus, dass die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD erfolgreich abgeschlossen werden. Erst wenn diese wider Erwarten scheitern, darf und muss die Möglichkeit einer Koalition zwischen FDP, Grünen und Union ( Jamaika ) erwogen werden, um erneute Neuwahlen zu verhindern. (Die FDP darf jedoch nicht in vor der Wahl explizit ausgeschlossene Koalitionen eintreten. Dies ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. ) Auch wenn das eigene Ergebnis deutlich verbessert wurde, wurde das Ziel einer liberal geprägten Regierung verfehlt. Die FDP konnte bei dieser Wahl jedoch erheblich mehr Menschen von ihrem Programm und somit einem liberalen Politikwechsel überzeugen, als in der jüngeren Vergangenheit. Mögliche zukünftige Erfolge werden an diese Attraktivität des liberalen Programms anknüpfen können. Auch wenn der Status als größte Oppositionsfraktion wichtige parlamentarische Rechte beinhaltet, muss diese Rolle aber erst wirklich ausgefüllt werden.

Wenn dies gelingt, hat die FDP gerade vor dem Hintergrund abnehmender fester Parteibindungen die Chance, erheblich mehr Menschen von der Politik der Liberalen zu überzeugen. In der nächsten Legislaturperiode könnten so dann mehr liberale Inhalte in Deutschland Realität werden. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist aber, dass die FDP stärker als bisher die liberale Themenvielfalt, das ganzheitliche Politikangebot des Liberalismus mutig und konsequent vertritt. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik ist wichtig, darf aber nicht das einzige Erkennungsmerkmal einer liberalen Partei sein. Einer Regierung kann man nicht monothematisch entgegen treten.

Die Liberalen stehen also an einem Scheideweg. Die Jungen Liberalen erwarten, dass die Parteiführung der FDP diese Chance wahrnimmt. Im Weiteren werden hierfür geeignete Ansatzpunkte im Bereich der Inhalte, der Personen vom strategischen Auftreten und den innerparteilichen Abläufen her formuliert:

I. Inhalte

Die FDP muss dem Minimalkonsens einer großen Koalition weiterhin ein Programm der klarsten Reformalternative entgegensetzen. Insbesondere deshalb hat die FDP bei der Bundestagswahl viele ehemalige Unions-Wähler von der FDP überzeugen können. Den Menschen muss deutlich gemacht werden, dass nur die Liberalen ein konsequentes und in sich schlüssiges Konzept haben, um die drängenden Probleme der Menschen in Deutschland zu lösen und die Perspektivlosigkeit und soziale Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Dies bedeutet nach Auffassung der JuLis insbesondere ein Eintreten für:

  • Eine Steuersenkung, durch einen einfachen und gerechten Dreistufentarif (15, 25 und 35 %) und erhöhte Freibeträgen für Familien mit Kindern.

  • Einen Arbeitsmarkt der ohne Tabus die notwendigen Schutzmechanismen der Arbeitnehmer so anpasst, dass diese in Zukunft ihren Zweck erfüllen ohne Arbeitslose beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu behindern und allgemein die Anpassung an veränderte Bedingungen erschweren.

  • Eine Reform der Sozialsysteme durch eine vollständige Privatisierung der Renten,- Kranken- und Pflegeversicherung, um diese demographiefest und effizienter zu machen und so deren Leistungen für zukünftige Generationen zu sichern.

  • Eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und die Erstellung von Generationenbilanzen, um zukünftigen Generationen Handlungsfreiheit zu sichern. Hierfür ist eine Einhaltung der Maastricht-Kriterien und langfristig ein Schuldenverzicht der öffentlichen Hand durch Reduktion der Staatsausgaben erforderlich.

  • Eine klare Neugewichtung der staatlichen Mittel für mehr Bildung, Forschung, Innovation und neue Technologien, um die Ressourcen des Landes auf lange Sicht zu sichern und zu stärken.

Daneben muss aber aus Sicht der Jungen Liberalen auch der soziale Aspekt der liberalen Programmatik viel stärker als bisher betont werden. Die FDP muss erfolgreich vermitteln, dass die Liberalen die Systeme der sozialen Sicherung nicht reformieren wollen, um sie zu untergraben, sondern um sie den Erfordernissen der Gegenwart und der heutigen älteren Generation anzupassen und für die Zukunft zu sichern. Darüber hinaus ist es gerade Liberalen ein Anliegen, dass niemand in einer modernen Bürgergesellschaft unterhalb des Existenzminimums leben muss und dass es eine der wichtigsten Grundlagen einer solchen Gesellschaft ist, die Menschen dort zu unterstützen, wo sie es wirklich brauchen. Deshalb müssen folgende Aspekte liberaler Programmatik zukünftig ebenfalls zu Markenzeichen der FDP werden:

  • Das Bürgergeld als eine individuelle und unbürokratische Zusammenfassung der Sozialleistungen, das die Betroffenen aus Bittstellermentalität und sozialer Stigmatisierung befreit und als negative Einkommenssteuer einen gleitenden Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert.

  • Eine Familienpolitik, die von einem modernen Familienbild ( Familie ist, wo Kinder sind ) ausgeht und durch gesellschaftliche Veränderungen das Angebot und eine kostenlose und qualitativ hochwertige (Ganztags-)Kinderbetreuung ab Geburt echte Freiheit der Lebensplanung ermöglicht.

Die Liberalen wenden sich insbesondere an Menschen, die dem Individuum häufig mehr zutrauen als staatlichem Handeln. Um deutlich zu machen, dass all diese im Politikangebot der Liberalen das attraktivste Konzept vorfinden, muss die FDP nach Auffassung der JuLis vor allem die folgenden Themen ebenfalls deutlich stärker als bisher vertreten und bearbeiten, um die eigene Themenpalette zu komplettieren:

  • Den Kampf für die Bürgerrechte als originär liberales Thema. Liberale treten hierbei nicht aus taktischen Erwägungen, sondern aus innerer Überzeugung für den Schutz des Bürgers vor staatlicher und privater Überwachung ein. Hierbei darf eine glaubwürdige liberale Stimme gerade dann keine Abstriche machen, wenn die große Koalition in Zeiten von akuter Verunsicherung in Aktionismus verfällt und die grundlegenden Freiheiten der Bürger weiter aushöhlt. Diese Überzeugungen dürfen dann aber auch in Zukunft bei einer möglichen Regierungsbeteiligung nicht zugunsten anderer Ziele geopfert werden.

  • Da natürlich auch Liberale die neue Bedrohung durch den internationalen Terrorismus erkennen, muss eine ausreichend fundierte und differenzierte liberale Antwort entwickelt werden. Hierbei wird es um gut ausgestattete Polizei und Ermittlungsbehörden, aber auch um Außenpolitik und die Akzeptanz einer Restunsicherheit in einer freien Gesellschaft gehen. Im Zuge einer umfassenderen Betrachtung der Thematik müssen jedoch zum Beispiel auch die Herausforderungen der Integration – bei einem gleichzeitigen klaren Bekenntnis zu mehr Zuwanderung soweit wirtschaftliche Aspekte dafür sprechen – stärker zum Thema gemacht werden.

– Wirtschaftswachstum muss mit Lebensqualität einhergehen. Alleine schon deshalb, sind Umwelt- und Verbraucherschutz eigentlich natürliche Schwerpunktthemen für Liberale. Liberale Politik ist hier jedoch unideologisch und forschungsfreundlich, sucht nach dem effektivsten Mittel der Ressourcenschonung und setzt dabei auf Transparenz und markwirtschaftliche Instrumente. Damit der FDP Umweltpolitik und Naturschutz zukünftig von den Bürgern auch zugetraut werden, reicht es nicht, diese wie bisher in Programme zu schreiben. Sie muss diese auch in der Praxis wirklich vertreten und vor allem besetzen. So ist es zum Beispiel wichtig, neben einer weiteren Nutzung der bereits vorhandenen Atomkraftwerke, auch das eigene programmatische Bekenntnis zur Förderung regenerativer Energien glaubwürdig und vor allem konkret zu vertreten.

Diese erweiterte Themenpalette öffnet die FDP insbesondere auch für Menschen, die zuvor ihre Heimat bei den Grünen sahen.

Selbstverständlich muss die FDP auch weiterhin die außenpolitische Kompetenz als Markenzeichen pflegen. Liberale Außenpolitik muss sich für eine fortschreitende europäische Integration hin zu einem europäischen Bundesstaat einsetzen. Dazu gehören auch die Reformen für demokratischere Institutionen. Im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik und des nordatlantischen Bündnisses wollen wir liberale Demokratie, Frieden, Stabilität und Menschenrechte in der Welt fördern, letztere notfalls auch militärisch im Rahmen der Vereinten Nationen. Deutschland muss hier aus Sicht der JuLis mehr Verantwortung für diese Interessen in einer veränderten Welt übernehmen. Für diese Herausforderungen benötigt Deutschland eine leistungsfähige Armee aus Freiwilligen: die Wehrpflicht ist als unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheit junger Männer schnellstmöglich abzuschaffen, ebenso eine allgemeine Dienstpflicht für junge Männer und Frauen. Im Kontext einer wertbezogenen Außenpolitik dürfen diese Werte von der FDP aber niemals wirtschaftlichen Motiven oder innenpolitischer Effekthascherei untergeordnet werden.

Zusammengefasst lässt sich fest halten, dass die FDP sich in Zukunft daran messen lassen muss, ihr Ideal einer liberalen Bürgergesellschaft in all seinen Facetten glaubwürdig zu vertreten. Dies umfasst neben den beschriebenen Themenfeldern aber unter anderem auch Kategorien wie Toleranz, Zivilcourage, bürgerschaftliches Verhalten und die Gleichstellung aller Minderheiten, Lebensweisen und individuellen Wege der Selbstverwirklichungen. Dies gilt besonders für Bereiche, aus denen der Staat sich zurückgezogen hat oder in Zukunft zurückziehen sollte und der Gesellschaft das Feld überlässt. Liberale stellen sich nicht nur die Frage Welches Steuersystem wollen wir? sondern vor allem auch In welcher Gesellschaft wollen wir leben? .

II. Personen

Um die Rolle als Oppositionsführung auszufüllen braucht die FDP jedoch nicht nur eine programmatische Vielfalt. Diese muss endlich auch stärker als bisher durch eine personelle Vielfalt verkörpert werden. Die JuLis fordern die FDP auf, in einer Art Schattenmannschaft alle zentralen Politikfelder durch entsprechende glaubwürdige Akteure dauerhaft vertreten zu lassen. Hier ist die Parteiführung – also in erster Linie das gesamte Präsidium gefordert. Eine solche Schattenmannschaft mit einer klaren und nachvollziehbaren Aufteilung muss aber auch darüber hinaus gehen und zum Beispiel auf weitere Akteure und Fachpolitiker aus der Bundestagsfraktion zurück greifen.

Zentrales Kriterium ist hier neben Kompetenz und Integrität der Akteure auch die Glaubwürdigkeit und Authentizität als Vertreter eines konsequenten Liberalismus. Jeglicher Klientelismus, öffentliches Postengeschacher, beliebige Positionswechsel und mangelndes Stehvermögen von Spitzenrepräsentanten der Partei unterminieren massiv die Glaubwürdigkeit der FDP. Jeder, der sich in Zukunft so verhält, hat sich als Führungsverantwortlicher disqualifiziert und wird von den JuLis nicht in irgendeiner Form geschont oder unterstützt werden.

Entscheidende Vorraussetzung für die Herausbildung einer solchen Führungsmannschaft ist die Bereitschaft zum Agieren im Team für die gemeinsame liberale Sache. Darüber hinaus wird es zuallererst Aufgabe des Parteivorsitzenden sein, in den nächsten Jahren schnellstmöglich eine funktionierende Nachwuchsförderung zu betreiben. So muss die objektiv dünne Personaldecke im mittleren Alter bei der beschriebenen Herausbildung einer Schattenmannschaft kompensiert werden.

Guido Westerwelle besitzt das Vertrauen der Jungen Liberalen. Wir werden ihn jedoch zukünftig daran messen, der beschriebenen, mit seiner Rolle verbundenen Verantwortung gerecht zu werden. Er muss die Partei auf dem Kurs der Glaubwürdigkeit halten und einen ganzheitlichen und konsequenten Liberalismus vertreten, um die enormen Chancen der Liberalen zu verwirklichen. Auch ein Bundesvorsitzender wird durch ein eigenes Schwerpunktthema jedoch in seiner Glaubwürdigkeit noch gestärkt. Entscheidend ist nun mehr denn je, dass die Liberalen in der Öffentlichkeit mit einer personellen Vielfalt wahrgenommen werden und es Guido Westerwelle gelingt, mit dem Generalsekretär, dem gesamten Präsidium und Vertretern der Fraktion ein Führungsteam zu bilden. Dazu gehört, auch endlich mehr starke Leute neben sich einzubauen und zu fördern.

III. Strategie

Immer noch nehmen zu viele Menschen die Politik der FDP als kalt und unsozial wahr. Um diese Wahrnehmung langfristig zu korrigieren, müssen die Liberalen die Kommunikation ihrer Inhalte weiter entwickeln. Diese muss stärker vom Menschen her erfolgen, will sie bei der Vermittlung der sozialen Komponente liberaler Politik erfolgreich sein. Bisher wird die Politik der Liberalen vor allem über die konkreten politischen Maßnahmen dargestellt. Die meisten Menschen werden aber von einer Privatisierung der Krankenversicherung als Wert an sich nicht zu überzeugen sein. Zielführender wäre es, in erster Linie über die Vision und vor allem über den Zweck der positiven Auswirkungen auf die Lebensumstände am konkreten Beispiel eines betroffenen Menschen zu reden – und dann erst in zweiter Linie über die Maßnahme an sich. Darüber hinaus ist Liberalismus immer auch Lebensgefühl. Die FDP wird diese Empfindung nicht erfolgreich ansprechen können, ohne Politik auch sympathisch und mit dem Herzen zu vermitteln.

Die entscheidende Voraussetzung für eine derartige glaubwürdigere Vermittlung der liberalen Politik wurde mit einem der größten Erfolge der FDP im Umfeld der Bundestagswahl am 18. September bereits gelegt. Dass die FDP ihre vor der Wahl eindeutig gemacht Aussage der Ablehnung einer Ampelkoalition auch nach der Wahl einhielt, hat viele Beobachter ganz offenkundig überrascht und zu einem erheblichen Zugewinn an Glaubwürdigkeit geführt. Diese Glaubwürdigkeit jetzt auf lange Sicht zu erhalten, muss eines der vitalsten Interessen der Parteiführung sein. Entscheidende Bedingung ist hier, dass die Partei ihre Positionen aus inhaltlicher Überzeugung und nicht aufgrund taktischer Überlegungen vertritt. Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit sind zwei der wichtigsten Kategorien in der Politik. Dieser Umstand nimmt noch zu, je komplexer die Probleme und Herausforderungen aus Sicht der Bürger werden. Niemand vertraut jemandem, der sein Wort nicht hält. Deshalb war das Verhalten im Anschluss an den Wahltag für die Perspektive der Partei so entscheidend.

Das Verhalten der FDP in der Koalitionsfrage war jedoch vor allem auch mit den liberalen Inhalten verknüpft. Diese müssen aus Sicht der Jungen Liberalen dauerhaft die einzige und entscheidende Vorraussetzung für das Handeln der Partei sein. Dies gilt insbesondere für mögliche zukünftige Regierungsbeteiligungen, gleich in welcher Koalitionskombination. Ein darüber hinaus gehendes, grundsätzliches Ausschließen einer bestimmten theoretischen Konstellation der eigenen Regierungsbeteiligung (schwarz-gelb, rot-gelb oder eine schwarze oder rote Ampel) verbietet sich schon mit Blick auf die Probleme des Landes.

Die Konzentration auf die Inhalte war eine wichtige und positive Grundlage des Wahlerfolges bei der diesjährigen Bundestagswahl. Gleichwohl muss die FDP nach der medialen besonderen Beobachtung in diesem Wahlkampf bei zukünftigen Kampagnen auch wieder deutlich frischer und charmanter, also entspannter und weniger langweilig bei der Vermittlung werden. Entscheidend ist hierbei natürlich, dass dennoch die liberale Programmatik im Mittelpunkt der Kampagne steht.

Um die Rolle der Oppositionsführung auszufüllen, braucht die FDP aber auch das entsprechende Auftreten. Entscheidende Vorraussetzung ist hierfür ein klarer und eindeutiger Kurs der Eigenständigkeit. Dieser wird in der zukünftigen Rolle von besonderer Bedeutung sein, da sich beide potentiellen großen Koalitionspartner in der Regierung befinden. Die JuLis fordern von der FDP vor allem, die folgenden Anforderungen an ein eigenständiges Auftreten zu erfüllen:

  • Die FDP tritt grundsätzlich als eigenständige politische Kraft und nicht als Teil eines Lagers oder Mehrheitsbeschaffer zu Wahlen an. Koalitionsaussagen als Ausdruck einer Regierungspräferenz sind möglich, müssen der Öffentlichkeit aber nachvollziehbar und aufgrund von inhaltlichen Bedingungen und Übereinstimmungen vermittelt werden. Damit dies glaubwürdig geschehen kann, dürfen diese nicht zu früh vor dem Wahltermin erfolgen und müssen für jede Wahl und jede Ebene der Partei jeweils autonom und fundiert erwogen und entschieden werden. Über viele Legislaturperioden hinweg in derselben Konstellation anzutreten, kann dabei die Eigenständigkeit unglaubwürdig machen.

  • Das liberale Politikangebot, muss die entscheidende Maßgabe darstellen, anhand derer die FDP in Regierungen eintreten wird. Diese ist jeweils ehrlich zu analysieren, aber auch nicht durch künstliche rhetorische oder vermeintliche kulturelle Hürden der Akteure zu verschleiern. Dies führt dazu, grundsätzlich die Koalitionsfähigkeit auch zur SPD und den Grünen dauerhaft zu halten und nötigenfalls wiederherzustellen. Selbstverständlich dürfen die Liberalen jedoch nicht die eigene Programmatik aus taktischen Motiven verändern.

  • Zum eigenständigen Auftreten gehört auch das Selbstbewusstsein, nicht mehr durch Zweitstimmenkampagnen die Kandidatur eigener Direktkandidaten ad absurdum zu führen und insbesondere niemals einseitig zur Wahl einer anderen Partei egal mit welcher Stimme aufzurufen. Nicht nur die politische Konkurrenz zeigt, dass nicht nur Volksparteien Direktmandate erringen können. Diesen grundsätzlichen Anspruch sollten auch die Liberalen nicht aus den Augen verlieren.

Die FDP hat ihr Wahlergebnis in den größeren Städten nur um 1,5 % verbessern können und sich somit bei einem Gesamtzuwachs von 3,4 % relativ weiter verschlechtert. Der Vergleich zeigt jedoch, dass dieses dramatisch unter den liberalen Möglichkeiten liegt. Der Erfolg im urbanen Milieu ist aus Sicht der JuLis von großer Bedeutung für die Partei. Wir fordern die FDP daher auf, erneut eine Großstadtkommission einzuberufen, die die Arbeit der ersten Kommission unter breiten Einbindung von Externen und transparenter Diskussion in der Partei weiter führt.

IV. Innerparteiliche Demokratie

Deutlich zweistellige Wahlergebnisse werden sich nur mit einer gleichzeitig wachsenden Partei erreichen lassen. Die FDP muss sich ihren strukturellen Problemen stellen und sich um mehr weibliche Mitglieder bemühen. Die FDP muss sich weiter öffnen und eine lebendige, kontroverse innerparteiliche Demokratie- und Debattenkultur entwickeln um auch für Externe aus Kunst, Kultur, Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit interessant zu sein und so zu einem echten liberalen Ideennetzwerk zu werden.

Eine entscheidende Vorraussetzung hierfür ist zuerst einmal eine Achtung des höchsten Beschlussorgans Bundesparteitag durch alle anderen Organe und Akteure in der Partei. Selbstverständlich muss beispielsweise der Bundesvorstand oft ad-Hoc-Entscheidungen treffen und Beschlusslagen der Partei weiter entwickeln. Völlig inakzeptabel ist es jedoch, wenn umstrittene aber gleichwohl eindeutige Beschlüsse des Bundesparteitages vom Bundesvorstand wenige Wochen später ohne Not wieder kassiert werden, wie dies zum Beispiel beim Großen Lauschangriff geschehen ist. Darüber hinaus fordern die JuLis, dass die grundlegende Strategiedebatte auf einem der nächsten Bundesparteitage weiter geführt wird. Bundesparteitage dürfen nicht zu Feldgottesdiensten vor wichtigen Wahlen werden, ihre wichtigste Aufgabe ist inhaltlich Willensbildung. Es gelingt nicht, die Partei bei der Weiterentwicklung einer Strategie mit zu nehmen, wenn die Debatte darüber entweder gar nicht oder nur in kleinen Zirkeln geführt wird und die Ergebnisse dann vom Bundesvorstand der FDP exekutiert werden. Den auf dem letzten Bundesparteitag in Köln begonnenen Weg, externe Gastredner in das Parteitagsprogramm einzubinden, begrüßen die JuLis hingegen ausdrücklich. Um sich selbst und die eigenen Überzeugungen immer wieder reflektierend in Frage zu stellen, ist kontroverser Input von Außen unverzichtbar. Darüber hinaus lässt sich der Bundesparteitag auch durch weitere Reformen stärker demokratisieren: So sollten z. B. Elemente wie das Alex-Müller-Verfahren zur Bestimmung der Antragsreihenfolge endlich Selbstverständlichkeiten werden.

Die inhaltlichen Debatten in der Partei müssen ebenfalls noch stärker für Input von der Basis der Partei und von Externen geöffnet werden. Die FDP darf kein exklusiver Verein sein. Foren, Kommissionen, Arbeitskreise und Ausschüsse der Partei zu inhaltlichen Themen können durch längerfristige Konstituierung und weiteren qualifizierten externen Input zu einer Art von Think Tanks innerhalb der Partei weiter entwickelt werden. Zusätzlich ist jedoch auch ein regelmäßiges Event im größeren Rahmen nötig, bei dem auch Spitzenvertreter der Partei mit hochkarätigen Vertretern aus Wissenschaft und Medien und Öffentlichkeit unter möglichst breiter Einbindung der Parteimitglieder diskutieren und den eigenen Kurs immer wieder selbstkritisch überprüfen. Der Liberalismuskongress 2004 in Berlin war hierfür ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dieser Faden darf nun keinesfalls abreißen sondern muss weiter entwickelt und optimiert werden. Anstoß, Moderation und Organisation zukünftiger derartiger inhaltlicher Debatten in der Partei sind eine originäre Aufgabe für den Generalsekretär.

V. Die Rolle der JuLis

Die JuLis sind der liberale Jugendverband in Deutschland. Sie vertreten eine offene, zukunftsorientierte Lebenshaltung, haben Freude an intensiven politischen Diskussionen und machen auf Basis dieser aus Überzeugung Politik, insbesondere für die Interessen zukünftiger Generationen. Die JuLis nehmen aus diesem Anspruch heraus Einfluss mit dem Blickwinkel und Auftreten eines Jugendverbandes, in dem sich junge Menschen ehrenamtlich für ihre Ideale engagieren. Alle jungen Menschen mit liberaler Grundhaltung sind bei den JuLis jederzeit willkommen und bekommen die Möglichkeit, sich auf allen Ebenen unkompliziert zu engagieren. Sie finden bei den JuLis junge Leute mit unterschiedlichsten Lebensentwürfen vor, die mit Spaß an Diskussion und Austausch, motiviert und offen für neue und kontroverse Ideen zusammenarbeiten. Darüber hinaus findet man bei den JuLis ein liberales Lebensgefühl. Die Aufgaben der Jungen Liberalen ist es, politische Bildung als Jugendarbeit anzubieten und durchzuführen, um einer Radikalisierung von Jugendlichen entgegenzuwirken. Hierzu sind auch Parteiübergreifende Veranstaltungen mit anderen politischen Jugendorganisationen zu nutzen und anzustreben.

Bei den unter 30-jährigen hat die FDP mit 11,3 erneut das beste Ergebnis aller Altersgruppen erzielen können und überholte hier zudem jetzt auch im Vergleich zu 2002 die Grünen. Dieser Erfolg hat seinen Ursprung aus Sicht der JuLis darin, dass junge Menschen in freiheitlichen Lösungen öfter eine Chance denn ein Risiko sehen.

Die JuLis verstehen sich als Motor für den beschriebenen Kurs eines ganzheitlichen Liberalismus und werden die FDP konstruktiv-kritisch antreiben, die Chance der Liberalen zu nutzen. Hierbei müssen die JuLis ihren gestiegenen Einfluss in Partei und insbesondere der Fraktion nutzen und weiter ausbauen. Dies bedeutet insbesondere, dass alle Beteiligten sich effektiv vernetzen und unbeirrt, kontinuierlich und zusammen für dieses gemeinsame Interesse kämpfen.

Auch inhaltlich werden die JuLis hier notwendige Impulse geben und die für die liberale Themenvielfalt notwendigen neuen Themen und Schwerpunkte vordenken und ausarbeiten, um diese dann in die Partei zu tragen. Um dieser Rolle als liberales Ideennetzwerk gerecht zu werden und diese immer weiter auszubauen, werden auch die JuLis die inhaltliche Arbeit und kontroverse, offene Debattenkultur unter Einbindung möglichst vieler interessierter Mitglieder weiter verbessern. Ein Beispiel ist auch hier, in den Arbeitskreisen, thematischen Seminare und auf den Bundeskongressen mehr externen Sachverstand sowie kritischen und kontroversen Input über Verbands- und Landesgrenzen hinweg zu organisieren.

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