Alles lässt sich ändern. Diesem Anspruch, den wir an das Land und seine Politik
stellen, müssen auch wir als Partei gerecht werden.
Der organisierte Liberalismus in Deutschland befindet sich am Scheideweg. 2017 als
moderne Partei der Aufbruchsstimmung neu gestartet, erfolgt jetzt die Bruchlandung.
2021 als Bürgerrechtspartei während der Corona-Pandemie mit einem ganzheitlich
liberalen Profil zur Regierungsbeteiligung beauftragt, folgt bei der Bundestagswahl
am 23. Februar 2025 mit 4,33 Prozent das schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte –
ein klares Wählervotum gegen eine FDP, der in keinem relevanten Politikfeld Kompetenz
und Vertrauen zugestanden wird.
Wie bereits 2013 bedarf es daher einer ausführlichen und ehrlichen Fehleranalyse
sowie personeller, struktureller und kommunikativer Konsequenzen. Im Fokus stehen das
Regierungshandeln der FDP in der „Fortschrittskoalition“ und der Bundestagswahlkampf
2025. Doch die Krise reicht tiefer: Die katastrophalen Ergebnisse bei Landtagswahlen
zeigen, dass der Liberalismus insgesamt unter Druck steht. Die Jahre 2024/25 sind
dabei nicht der Ursprung, sondern der Höhepunkt einer jahrelangen Fehlerkette.
Einzelne Fehlentscheidungen, die im politischen Tagesgeschäft oft unbemerkt blieben,
haben sich zu einer Dynamik entwickelt, die die FDP schließlich aus dem Bundestag
gefegt hat.
Besonders schmerzlich ist der Absturz bei Jung- und Erstwählern sowie das schwache
Abschneiden bei Junior- und U18-Wahlen. Angesichts dieser Entwicklungen ist eine
gemeinsame Kraftanstrengung der Partei erforderlich, die insbesondere uns als Junge
Liberale in die Verantwortung nimmt.
Aus Liebe zur Freiheit ist jetzt die Zeit gekommen, die FDP aus dem politischen
Abseits zurück in die Mitte aller deutschen Parlamente zu führen.
1. Reformvorschläge für die FDP
Start- und Fixpunkt aller Reformbemühungen der FDP ist zwangsläufig der Bundesverband
– er ist das Gesicht des Liberalismus für die breite Öffentlichkeit. Einzelne
Landesverbände kommen kaum gegen eine negative Grundstimmung des Bundesverbandes an.
Gleichzeitig braucht der Bundesverband erfolgreiche Wahlergebnisse einzelner
Landesverbände für das nötige Momentum bei der kommenden Bundestagswahl. Es muss also
das Anliegen aller freiheitsliebenden Menschen in Deutschland sein, für eine starke
FDP zu sorgen. Die FDP hat in jüngster Zeit zentrale Zielgruppen – insbesondere
Frauen, Ostdeutsche, Jüngere, Menschen mit Migrationshintergrund sowie moderne,
urbane und international orientierte Milieus – personell und inhaltlich
vernachlässigt. Ursachen sind eine ambivalente Positionierung bei
gesellschaftspolitischen Kernthemen, eine unzureichende Repräsentation dieser Gruppen
in Führungspositionen und ein Profil, das kaum mit deren Lebensrealitäten
übereinstimmt. Um breitere Wählerschichten anzusprechen, muss sich die FDP inhaltlich
öffnen und personell vielfältiger aufstellen. Sie muss wegkommen von einer
“Aufsichtsratsmentalität,” bei der parteiinterne Gremien vorrangig Stilnoten
verteilen, und eine “Geschäftsführermentalität” entwickeln, bei der gemeinsam und mit
unterschiedlichen Mitteln an der Stärke der FDP gearbeitet wird.
a) Strukturelle/personelle Reformvorschläge
- Trennung von Partei- und Regierungsamt: Sofern künftige Bundesvorsitzende oder
Generalsekretäre als Minister oder Staatssekretäre in die Bundesregierung
eintreten, so müssen sie spätestens beim nächsten ordentlichen Bundesparteitag
zurücktreten und die entsprechenden Posten neu gewählt werden. - Trennung von Parteivorsitz und Fraktionsführung: Parteivorsitz und
parlamentarische Führungsämter (Fraktionsvorsitz, stellv. Fraktionsvorsitz,
Parlamentarische Geschäftsführung) sollen personell getrennt werden – unabhängig
davon, ob die FDP regiert oder in der Opposition ist. - Einführung einer Doppelspitze: Sowohl der Parteivorsitz als auch der
Fraktionsvorsitz sollen künftig auf Wunsch als Doppelspitze besetzt werden
können. Die Co-Vorsitzenden sollten aus unterschiedlichen Landesverbänden
stammen, dies ist jedoch keine Pflicht. - Vergüteter Parteivorsitz: Ein erfolgreicher Parteivorsitz in
außerparlamentarischer Opposition kann nicht rein ehrenamtlich ausgeübt werden.
Um die FDP strategisch aufzustellen und konkurrenzfähig zu halten, sollte dieses
Amt – sofern nicht von hauptamtlichen Mandatsträgern besetzt – angemessen
vergütet werden. Nur so ist sichergestellt, dass die/der Vorsitzende über die
nötigen Ressourcen verfügt, um die Partei erfolgreich zu führen und für kommende
Wahlen konkurrenzfähig zu machen. - Personelle Neuaufstellung und Urwahl: Die personelle Erneuerung der FDP muss
sichtbar und glaubwürdig sein. Die Partei muss sich vom Stil vergangener Jahre
lösen – Personenkult und One-Man-Show haben dem Liberalismus geschadet. Die
Zukunft der FDP liegt in einem starken, vielfältigen Team, das gemeinsam
Verantwortung übernimmt und unterschiedliche Perspektiven sichtbar macht. Wir
fordern, dass neue Gesichter unterschiedlichen Alters in die erste Reihe rücken.
Dafür braucht es nicht nur personelle Erneuerung, sondern auch strukturelle
Demokratisierung: Präsidium, Parteivorsitz und Bundesvorstand sollen künftig per
Urwahl durch die Mitglieder bestimmt werden. Das schafft Transparenz, stärkt das
Vertrauen der Basis und signalisiert echten Aufbruch. - Echtes Leistungsprinzip bei der Personalauswahl: Ämter müssen nach Eignung,
Leistung und Persönlichkeit vergeben werden, nicht nach Geschlecht, Herkunft,
Proporz oder Statistik. Quoten und Paritätsvorgaben widersprechen unserem
liberalen Verständnis von Gerechtigkeit. Dass Frauen in Parteipositionen bislang
unterrepräsentiert sind, obwohl sie mehr als die Hälfte der Bevölkerung
ausmachen, ist dennoch ein klares Indiz dafür, dass das Prinzip der
Chancengerechtigkeit in diesem Bereich nicht vollumfänglich erfüllt ist. Deshalb
erkennen wir an, dass zur Wahrung des Leistungsprinzips Hürden für das
Engagement von Frauen abgebaut werden müssen. - Bundesvorstand verkleinern: Der Bundesvorstand ist derzeit mit 47 Beisitzern
überdimensioniert. Statt eines übergroßen Gremiums mit diffuser
Aufgabenverteilung braucht es eine straffere, funktional aufgestellte
Parteiführung. Wir fordern daher, die Zahl der gewählten Beisitzer im
Bundesvorstand deutlich auf zehn zu reduzieren. Ein kleineres Führungsgremium
bündelt Verantwortung, schafft klare Zuständigkeiten und erhöht die strategische
Schlagkraft der Partei. Kooptierte Mitglieder sind von dieser Begrenzung
auszunehmen. - Erweiterten Bundesvorstand einführen: Landesvorsitzende fungieren bisher oft als
Beisitzer im Bundesvorstand, obwohl ihre Perspektive besser in einem separaten
Gremium aufgehoben wäre. Wir fordern daher die Einrichtung eines erweiterten
Bundesvorstands (eBuVo), in dem die Landesvorsitzenden regelmäßig und
strategisch in die Arbeit des Bundesvorstands eingebunden werden. Die
Beisitzerposten im Bundesvorstand sollen stattdessen gezielt für engagierte
Mitglieder geöffnet werden, um die Vielfalt und Expertise der Partei besser
abzubilden. So entstehen klare Zuständigkeiten, stärkere föderale Einbindung und
ein handlungsfähigeres Führungsteam. - Digitale Delegierten- und Schiedsgerichtswahlen: Eine moderne liberale Partei
darf nicht nur über Digitalisierung sprechen – sie muss sie leben. Deshalb
setzen wir uns dafür ein, dass künftig die Delegierten für ALDE sowie die
Mitglieder des Bundesschiedsgerichts nicht mehr ausschließlich im analogen
Rahmen bestimmt werden. Stattdessen sollen sie im Vorfeld eines Bundesparteitags
durch alle Mitglieder digital gewählt werden – der Parteitag bestätigt diese
Wahl nur noch formal. So schaffen wir mehr demokratische Legitimation, stärken
die innerparteiliche Beteiligung und entlasten gleichzeitig die
Bundesparteitage. - Politisches Handwerkszeug vermitteln: Vielen Mitgliedern an der Basis sind
zentrale Abläufe, Tools und Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb der FDP oft
nicht hinreichend bekannt. Wir fordern daher regelmäßig stattfindende Workshops
für die Parteibasis, z.B. zu OpenSlides und der Antragsarbeit. Wer mitmachen
will, muss wissen wie – politische Beteiligung darf keine Blackbox sein. Nur
wenn wir unsere Mitglieder befähigen, schaffen wir echte Beteiligungskultur und
eine informierte, aktive Basis. - Familienfreundliche Parteiarbeit: Mehr digitale Formate, klare und verlässliche
Sitzungszeiten und flexible Beteiligungsmöglichkeiten sollen die Vereinbarkeit
mit dem Familienleben verbessern und so allen Mitgliedern eine Partizipation
ermöglichen. - Mitgliedschaft ab 14 Jahren: Viele JuLi-Mitglieder engagieren sich bereits ab 14
Jahren für die FDP und bereichern insbesondere im Wahlkampf und in der
programmatischen Gestaltung die Partei. Daher soll eine Mitgliedschaft in der
FDP künftig bereits ab 14 Jahren möglich sein. - Schnuppermitgliedschaft: Nicht jeder möchte sich durch eine feste Mitgliedschaft
gleich langfristig an eine Partei binden. Eine Schnuppermitgliedschaft kann
Interessenten erste Einblicke in die Arbeit der FDP und ihre
Beteiligungsmöglichkeiten bieten. Zur Absenkung der Hemmschwelle soll sie
grundsätzlich befristet und von Mitgliedsbeiträgen befreit sein. Es könnte auch
darüber nachgedacht werden, diese neue Art der Mitgliedschaft für 14- bis 16-
jährige Interessenten kostenfrei zu öffnen. - Flexible Mitgliedschaften: Viele Menschen möchten sich nur in bestimmten Teilen
oder hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte in einer Partei engagieren. Dies
könnte ihnen zukünftig in der FDP durch eine flexible Mitgliedschaft ermöglicht
werden. Durch eine Fördermitgliedschaft können ansonsten passive Mitglieder die
Partei finanziell unterstützen. In einer Mitgliedschaft auf Zeit oder
projektbezogenen Mitgliedschaft können Interessenten sich gezielt für einzelne
Projekte oder zeitlich begrenzte Prozesse innerhalb der Partei engagieren.
Expertenmitgliedschaften könnten der FDP ermöglichen, gezielt externes Wissen
und ideelle Unterstützung für die Partei zu gewinnen. - Direkte & virtuelle Mitgliedschaft: Durch eine gesteigerte Mobilität und
flexiblere Lebensmodelle sind viele Menschen weniger ortsgebunden als früher und
brauchen auch in ihrem parteipolitischen Engagement mehr Freiräume. Die FDP
könnte diesen Menschen zukünftig vereinfacht eine direkte Mitgliedschaft beim
jeweiligen Landesverband ermöglichen, ohne dass sie die Umwege über Orts-,
Kreis- und Bezirksverbände nehmen müssen. Neben einer virtuellen Mitgliedschaft
kann dies insbesondere in strukturschwachen Regionen Deutschlands, in denen zum
Teil keine oder nur schwach aufgestellte Untergliederungen existieren,
Engagement ermöglichen und attraktiv machen. - Externe Stimmen einbeziehen: Die FDP sollte nicht nur interne Strukturen,
sondern auch Wählerperspektiven stärker einbeziehen. Ein Mechanismus zur
Evaluation externer Stimmen könnte helfen, die Parteispitze strategisch besser
auszurichten. Auf diese Weise könnte sichergestellt werden, dass die Partei
nicht nur intern repräsentiert ist, sondern auch extern auf die breite
Wählerschaft ausgerichtet bleibt. - Dialog mit politischen Influencern: Die öffentliche Meinungsbildung wird
zunehmend von Online-Influencern geprägt. Menschen, die außerhalb von
Parteiämtern in sozialen Medien für liberale Themen werben, haben sich – etwa
bei der Linkspartei – zu einem wahlentscheidenden Faktor entwickelt. Um auch in
der APO sichtbar und relevant zu bleiben, muss ein zukünftiger Bundesvorstand
proaktiv den Kontakt zu reichweitenstarken liberalen Influencern suchen und sie
gezielt in exklusive Formate einbinden. Denkbar sind Content-Collabs, Creator-
Stipendien, “Liberal Voices”-Events oder die Co-Creation von Kampagnen.
b) Inhaltliche Reformvorschläge
Die FDP hat zuletzt durch thematische Verengung und widersprüchliche Positionierungen
erheblich an Kontur verloren. Statt überzeugende liberale Alternativen z.B. beim
Klimaschutz, in der Europapolitik, der Migration oder gesellschaftspolitischen Fragen
klar zu kommunizieren, dominierte das Bild eines monothematischen „Bremsklotzes“ mit
konservativer Ausrichtung. Zukunftsthemen wie Digitalisierung, soziale
Aufstiegschancen, liberale Drogenpolitik oder die Selbstbestimmung queerer Menschen
wurden vernachlässigt. Dadurch blieb die FDP in einer unklaren Position zwischen
Union und AfD gefangen, die langfristig kein Potenzial für nachhaltige liberale
Politik bietet. Es ist daher unerlässlich, dass die bestehende Beschlusslage der
Partei vom zukünftigen Bundesvorstand konsequent beachtet und umgesetzt wird – im
Kommunikationsstil ebenso wie programmatisch. Ziel für unsere künftige Ausrichtung
ist die Abkehr von der zuletzt wahrgenommenen inhaltlichen Verengung. In anderen
Worten: mehr programmatische Breite – ein konsequenter Liberalismus.
- Konsequenter Liberalismus: Gesellschafts- und Wirtschaftsliberalismus schließen
sich nicht aus – sie gehören zusammen. Beide beruhen auf dem gleichen
Menschenbild: Freiheit, Eigenverantwortung und Vertrauen in den Einzelnen. Wer
den Menschen in wirtschaftlichen Fragen zutraut, unternehmerisch zu handeln,
muss ihm auch in persönlichen Lebensfragen Selbstbestimmung zugestehen und
umgekehrt. Freiheit ist unteilbar. Wer ökonomische Freiheit fordert, darf
persönliche Freiheit nicht relativieren. Wer für individuelle Lebensentwürfe
steht, kann auch nicht für staatliche Bevormundung in Märkten plädieren.
Gesellschaftliche Offenheit braucht wirtschaftliche Freiheit. Wer A sagt muss
auch B sagen: Liberalismus ist ganzheitlich – persönlich, gesellschaftlich und
wirtschaftlich. Alles andere ist inkonsequent. - Keine Zusammenarbeit mit der AfD: Die FDP steht für Freiheit und Weltoffenheit –
Werte, die die in relevanten Teilen rechtsextreme AfD konsequent verachtet. Die
AfD möchte abschaffen, wofür Liberale stehen. Die AfD darf mit ihrer
angekündigten Zustimmung zu Forderungen der FDP keinen Einfluss auf unsere
inhaltliche Postion haben. Wir werden unsere Überzeugungen unabhängig von dem
Verhalten der AfD vertreten. Zu dieser Überzeugung gehört, dass wir keine
Mehrheiten mit der AfD suchen oder darauf bauen. - Keine Koalition mit Linkspartei und BSW: Von der Übernahme russischer Narrative
im Angriffskrieg auf die Ukraine über die mangelnde Aufarbeitung der SED-
Geschichte bis hin zur sozialistischen Wirtschaftspolitik passen Liberale
einerseits und Linkspartei sowie Bündnis Sahra Wagenknecht andererseits nicht
zusammen. Wir lehnen daher weiterhin eine Koalition mit beiden Parteien
kategorisch ab. - “Einigkeitsthemen” im Wahlkampf in den Vordergrund stellen: Die Bundestagswahlen
2017 und 2021 zeigen, dass Themen das gesamte liberale Spektrum vereinen. Diese
sollten im Wahlkampf im Mittelpunkt stehen, um Geschlossenheit zu demonstrieren.
Die Bundestagswahl 2025 dient insoweit als Negativbeispiel dafür, dass sich die
FDP bei entscheidenden Wahlkampfthemen zunächst innerparteilich einig werden
sollte, bevor man mit innerparteilich-kontroversen Themen zerstritten an die
Öffentlichkeit geht. - “Modernisierungsthemen” wieder priorisieren: Die Bundestagswahl 2017 zeigt, dass
die FDP auch deshalb gewählt wird, wenn sie glaubwürdig für eine Modernisierung
unseres Landes einsteht, beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung und
Bildung. Es ist sinnvoll, dass die FDP beim Eintritt in eine Regierung dann auch
die entsprechenden Schwerpunktressorts besetzt. Gleichzeitig dürfen diese Themen
dann weder inhaltlich noch kommunikativ untergehen, sondern müssen prioritär
bespielt und dabei auf die eigenen Erfolge verwiesen werden. - Keine inhaltlichen Schnellschüsse entgegen unserer Grundüberzeugungen:
Inhaltliche Schnellschlüsse, mit denen kurzfristig verzweifelt auf spezielle
Wählergruppen geschielt wird, langfristig jedoch der Glaubwürdigkeit schaden
oder den liberalen Prinzipien widersprechen, sind zu vermeiden. - FDP Pur: Wir fordern, dass die FDP künftig konsequent eigenständig in Wahlkämpfe
zieht – ohne Koalitionsaussagen, ohne Zweitstimmenkampagnen für andere Parteien
und ohne taktische Anbiederung als Mehrheitsbeschaffer. Die FDP ist keine
Ergänzung, kein Korrektiv und kein Koalitionsversprechen – sie ist eine
eigenständige, liberale Kraft mit einem klaren, unverwechselbaren Profil. - Flexibilität statt rigider Standpunkte: Als Lehre aus der gescheiterten
Regierungsbeteiligung muss eine liberale Partei künftig kompromiss- und
dialogfähig bleiben, um mit demokratischen Mitbewerbern zusammenzuarbeiten. Rote
Linien führen zu kommunikativen Sackgassen und sollten – unter Wahrung eigener
Kernanliegen – im Regelfall vermieden werden. - Programmatische Innovation in der Breite: Eine zentrale Lehre aus dem
Bundestagswahlkampf und den migrationspolitischen Forderungen der FDP ist der
erkennbare Mangel an innovativen und einzigartigen Ideen, die als klares
Alleinstellungsmerkmal der Freien Demokraten dienen. Um in Zukunft stärker und
profilierter aufzutreten, brauchen wir eine Beschlusslage, die in der gesamten
Breite politischer Themen – von Entwicklungs- bis Kulturpolitik – mutige und
originelle Konzepte bietet. Diese Ideen müssen von einer zukünftigen
Parteispitze entschlossen nach außen getragen und im Wahlkampf sichtbar gemacht
werden. - Denkanstoß über eine fundamentale Neugestaltung einer liberalen Partei: Eine
fundamentale Neugestaltung einer liberalen Partei verlangt die Aufhebung von
Denkverboten. So muss sich etwa ergebnisoffen die Frage gestellt werden, welche
Vorteile das weitere Auftreten als FDP mit sich bringt. Nur ohne innere Tabus
lässt sich prüfen, welche Ausdrucksformen künftigen Erfolg ermöglichen. - Vision für Deutschland: All diese Reformen greifen nur, wenn die FDP endlich
eine umfassende Vision für Deutschland entwickelt. Die FDP muss aufhören, sich
von Umfragen und kurzfristigen Trends treiben zu lassen. Stattdessen brauchen
wir eine klare, langfristige und ambitionierte Vorstellung davon, wohin wir
unser Land führen wollen, wenn wir die Chance zur Gestaltung bekommen. Wie sieht
ein Deutschland aus, in dem die FDP die politische Richtung vorgibt? Welche
Veränderungen treiben wir voran? Was ist unser Zukunftsversprechen? Wir brauchen
ein neues, ambitioniertes Selbstverständnis: Nicht mehr nur reagieren oder
verwalten, sondern agieren und gestalten. Mehr Veränderung, weniger Status Quo.
Wir sollten der Gesellschaft deutlich machen: So sähe Deutschland aus, wenn die
FDP regiert.
2. Reformvorschläge für die Bundes-JuLis
Die Jungen Liberalen haben ihre Kernaufgabe als konstruktiv-kritischer Begleiter und
Treiber der FDP zunehmend vernachlässigt. Die abnehmende kritische Hinterfragung
zeigt sich insbesondere seit Mai 2024. Nach der Bundestagswahl muss man nüchtern
feststellen, dass andere Jugendverbände die Aufgaben eines kritischen Begleiters
deutlich besser gemeistert haben. Außerdem müssen auch die Jungen Liberalen weg von
einer “Aufsichtsratmentalität”, bei der wir uns primär als kritisches Prüforgan der
Mutterpartei verstehen, und hin zu einer unbequemen, eigenständigen und ehrlichen
Stimme des progressiven Liberalismus. Dabei dürfen wir nicht bei der Verwaltung der
Gegenwart stehen bleiben und konservativ den Status Quo verteidigen, sondern brauchen
eine konsequente Vision für die nächsten Jahrzehnte – mit besonderem Fokus darauf,
was wir tun müssen, damit die junge Generation positiv in die Zukunft blicken kann.
Wir setzen uns daher insgesamt für einige grundlegende Reformen ein, die unserer
Ansicht nach die JuLis und ihre Wahrnehmung in Gänze nachhaltig stärken werden.
Hierzu zählen:
- Eigenständiges JuLi-Profil: Die Jungen Liberalen sind kein bloßes Vorfeld oder
eine Nachwuchs-Personalreserve der FDP. Wir sind eine eigenständige politische
Kraft mit klarer Haltung, eigenem Anspruch und eigener Verantwortung. Unser Ziel
ist es nicht, FDP-Beschlüsse nachzubeten, sondern neue, moderne und konsequent
liberale Impulse zu setzen. Unser Profil muss erkennbar sein: inhaltlich
schärfer, strategisch freier und politisch kantiger. Wir nehmen nicht Maß an
CDU/CSU, Grünen, SPD, Linken oder AfD – unser Anspruch ist es, den Unterschied
zu machen. - Umfang mit AFF und JLK: Als Junge Liberale sind wir eine meinungspluralistische
Organisation, die das ganze Spektrum des Liberalismus abdeckt. Wir distanzieren
uns von Vereinnahmungsversuchen und dem Ansatz des Negative Campaigning seitens
der Gruppierungen Allianz für Freiheit und Jung.Liberal.Kapitalistisch. Beide
sind keine offiziellen Vorfeldorganisationen der Jungen Liberalen und
entsprechen auch nicht unserem optimistischen, positiv-gestalterischen Leitbild. - Klare Kritik bei Abweichung von der FDP-Bundesbeschlusslage: Sofern das Handeln
der FDP von ihrer eigenen Bundesbeschlusslage oder jener der Jungen Liberalen
abweicht, erwarten wir vom Bundesverband, dass er im Rahmen seiner Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit etwa durch Pressemitteilungen und in den sozialen Medien
dezidierte Kritik übt und zu den jeweiligen Themen stets klare Stellung bezieht.
Dies gilt auch in Wahlkampfzeiten; das Mantra der Geschlossenheit darf nicht
dazu führen, dass die Jungen Liberalen ihrer kritischen Beobachtungsfunktion
nicht nachkommen und stillschweigend akzeptieren, wenn Funktionsträger der
Partei von denjenigen Inhalten abweichen, für die wir als Liberale eintreten.
Wenn berechtigte Kritik an der Wahlkampagne erst ex post im Rahmen der
Wahlanalyse geübt wird, obwohl bereits zuvor teils großer Unmut innerhalb der
Mitgliedschaft besteht, gefährdet das ein erfolgreiches Abschneiden der Partei
stärker als die klare Artikulation unserer Position gegenüber der Partei. - Rücktritt vom Bundesvorstand nach Parlamentseinzug: Zieht ein Mitglied des
Bundesvorstandes in den Bundestag oder das EU-Parlament ein, sollte der gewählte
Vorstandsposten im Bundesvorstand zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung
gestellt werden, um eine Unabhängigkeit des Bundesvorstandes von der
Fraktionsarbeit zu bewahren und die Funktion als konstruktive und gleichzeitig
kritische Begleitung der Partei nicht zu gefährden. Weiterhin werden
Bundesvorsitzende bereits im Wahlkampf dazu angehalten, die unabhängige Ausübung
ihres Vorstandsamtes selbstkritisch zu prüfen, sofern sie gleichzeitig auf einem
aussichtsreichen Listenplatz für ein solches Mandat kandidieren oder diese
Absicht verfolgen. - All Hands on Deck – eBuVo strategisch nutzen: Der erweiterte Bundesvorstand
(eBuvo) der Jungen Liberalen bietet enormes Potenzial, wird aber bislang zu
wenig als strategisches Gremium genutzt. Wir fordern, dass der eBuvo künftig
stärker in die inhaltliche, organisatorische und politische Arbeit eingebunden
wird. Statt bloßer Statusupdates braucht es echte Mitgestaltung: klare
Verantwortlichkeiten, gemeinsame Schwerpunktsetzungen und regelmäßige
Zusammenarbeit. Wenn wir als Verband schlagkräftiger werden wollen, gilt: All
Hands on Deck. Der eBuVo muss ein Ort werden, an dem Ideen entstehen,Strategien
entwickelt und Entscheidungen vorbereitet werden. Nur so entfaltet er seinen
vollen Wert – als Arbeitsgremium, Impulsgeber und Rückgrat des Bundesverbandes. - Soziale Medien voll ausschöpfen (inkl. TikTok): Spätestens dieser Wahlkampf hat
gezeigt, dass wir unseren Social-Media-Auftritt grundlegend erneuern müssen –
bzgl. des Mediums, der Aufmachung sowie des Inhalts.- Medium: Bezüglich des Mediums haben wir uns bewusst weitestgehend von
TikTok ferngehalten – ein deutlicher Fehler, wie das Abschneiden von Linke
und AfD bei den Jung- und Erstwählern zeigt (selbstredend ist TikTok hier
nicht monokausal, die Bedeutung darf nicht über-, aber eben auch nicht
unterschätzt werden). Wir müssen lernen, gewisse liberale Themen auch
effektiv an große Mengen von Wählern zu kommunizieren. Hierfür ist
allerdings eine gewisse Grundpräsenz auf diesen Plattformen nötig. Dies
beinhaltet auch liberale Vorfeldorganisationen. - Aufmachung: Bezüglich der Aufmachung haben wir erste Entwicklungen hin zu
einem modernen Auftreten unternommen, positiv ist etwa das “Kabinen-Video”.
Gleichwohl stellt sich die Frage, inwieweit wir uns von Content
emanzipieren müssen, der primär mit den Gesichtern von Jungen Liberalen
bespielt wird. Ein solcher Content ist primär “Content nach Innen”, in die
eigene JuLi-Bubble hinein. Junge Menschen interessieren sich auch, aber
nicht nur für die Gesichter unseres Verbands – Gesicht, die sie im
Zweifelsfall nicht einmal kennen. Was es bedarf, ist ein ganzheitlich
modernes Auftreten, welches auch vor innovativen Konzepten nicht
zurückschreckt. Wir fordern eine gründliche Evaluation der digitalen
Präsenz. Dies beinhaltet z.B. auch, die Art des Contents der Linken sowie
des linken Vorfelds zu studieren. - Inhalt: Auch bezüglich des Inhalts haben wir Steigerungspotenzial. Wir
müssen es schaffen, starke Narrative zu erzeugen und in wenigen Worten zu
kommunizieren. Linke Buzzwords wie “Enteignen, Enteignen, Enteignen” müssen
wir mit kreativen, neuen Impulsen begegnen, die unsere Adressaten
emotionaler adressieren. Welches “Gefühl” wollen wir JuLis über Social
Media präsentieren? Diese Frage bedarf einer dringenden Antwort.
“Schuldenbremse, Schuldenbremse, Schuldenbremse” (so richtig sie
programmatisch auch sein mag) kann diese emotionale Leerstelle leider nicht
füllen. Ein erfolgreicher Social Media Auftritt braucht essentieller Weise
ein “liberales Grundgefühl”, welches wir bedienen wollen. Ein solches
“liberales Grundgefühl” kann das von uns 2017 und 2021 vermittelte Gefühl
“Wir glauben an dich!” / “Wir ermöglichen deine Möglichkeiten!” /
“Konsequent Europa – Jetzt erst Recht!” sein. Dieses “liberale Grundgefühl”
muss das klare Leitbild unseres Social-Media-Auftritts sein.
- Medium: Bezüglich des Mediums haben wir uns bewusst weitestgehend von
- Mitglieder als Markenbotschafter: Unsere Mitglieder sind nicht nur die Basis
unserer Arbeit, sondern auch Gesicht und Stimme der Jungen Liberalen in der
Gesellschaft. Durch gezielte Schulung und Einbindung unserer Mitglieder als
Botschafter stärken wir ihre Identifikation mit den JuLis und tragen unsere
Werte nach außen. - JuLi-Mandatsträger fördern: Wer aus den Reihen der JuLis den Sprung in
Parlamente oder wichtige Ämter schafft, bringt unsere Ideen direkt in die
Politik ein. Das verdient Applaus und vor allem Unterstützung. Wir fordern, dass
JuLi-Mandatsträger – sowie FDP-Kandidierende mit JuLi-Hintergrund – systematisch
gefördert, vernetzt und sichtbar gemacht werden. Ob im Stadtrat, Landtag oder
Bundestag: Junge liberale Stimmen dürfen nicht vereinzeln. Wir werden sie
strategisch begleiten – mit politischem Rückhalt, inhaltlicher Expertise und
Hilfe in der Öffentlichkeitsarbeit. - Gemeinsam stark – Unterstützung der liberalen Stimme deutschlandweit: Um die
Zusammenarbeit im Wahlkampf zu intensivieren, Netzwerke auszubauen und so die
Schlagkraft der JuLis und FDP auf allen Ebenen zu stärken, fordern wir die
Entwicklung und Umsetzung eines bundesweiten Konzepts für Partnerschaften
zwischen west- und ostdeutschen Landkreisen. Die Partnerschaften sollen
Wahlkampf Unterstützung leisten (personell, ggf. finanziell und insbesondere
auch auch Know-How-Transfer), Netzwerke und Austausch fördern (durch Treffen,
gemeinsame Aktionen und gegenseitiges Kennenlernen) und auf Gegenseitigkeit
beruhen (freiwillig, solidarisch und vertrauensbasiert). - Eigenes Agenda-Setting betreiben: Dass die FDP einseitig das Thema
Schuldenbremse bespielt hat, ist das eine. Dass dies auch eine politische
Jugendorganisation tut, ist diskussionswürdig. Ob dieses Thema junge Menschen,
die sich einer Lebensumwelt mit renovierungsbedürftigen Schulen etc. ausgesetzt
sehen, über die eigene (enge) Kernklientel hinaus begeistert und mobilisiert,
ist ebenso diskussionswürdig. Die Jungen Liberalen sollten nicht bloß die
Kampagne der Mutterpartei spiegeln, sondern eigene Akzente setzen. Derartige
Impulse sollten vermehrt im Vordergrund stehen. - “Liberal Voices of Europe” – Pan-europäischer Content: Junge Menschen, die
aktuell an eine europäische Partei denken, denken an Volt. Wir haben uns Europa
als Thema wegnehmen lassen. Wir wollen daher verstärkt auf pan-europäischen
Content setzen. “Konsequent Europa – Jetzt erst Recht!” lebt mit einer
europäischen Identität. Hierfür wollen wir mit liberalen Gesichtern aus ganz
Europa zusammenarbeiten (“Liberal Voices of Europe”). Die EU ist die Lösung für
die Ukraine – sagen ukrainische Liberale. Die EU ist die Lösung gegen Populismus
– sagen ungarische Liberale. Die EU ist die Lösung gegen den Klimawandel – sagen
griechische Liberale in Waldbrandregionen. Formate wie solche können eine
europäische Identität stärken und helfen uns, wieder als zentrale europäisch
denkende Partei wahrgenommen zu werden. - Abschaffung eines Mindestalters bei den Jungen Liberalen: Als Jugendorganisation
ist es unsere Aufgabe, alle jungen Menschen innerhalb der liberalen Familie zu
vertreten. Weiterhin ist es unsere Aufgabe, junge Menschen in einem
niedrigschwelligen Rahmen an das politische Engagement heranzuführen und ihnen
die Chance zu bieten, die politische Arbeit auszuprobieren, ohne dabei dem
starren, direkten und bindenden Rahmen der Partei ausgesetzt zu sein. Daher
fordern wir die Abschaffung des bisherigen Mindestbeitrittsalters von 14 Jahren
bei den Jungen Liberalen. Um die Arbeitsfähigkeit der gewählten Vorstandsebenen
zu gewährleisten, muss für Ämter jedoch die Eingrenzung eines Mindestalters
erfolgen, sofern ein solches zur Sicherstellung einer rechtskonformen
Geschäftsfähigkeit notwendig ist. - Inklusive Verbandskultur (“Liberale Verbandskultur 2030”): Das Einfordern einer
Partei der inhaltlichen und personellen Vielfalt beginnt unten an der Basis.
Insbesondere unsere strukturelle Schwäche bei weiblichen Mitgliedern stellt ein
ernsthaftes Problem dar. Vor diesem Hintergrund muss die Verbandskultur
wesentlich inklusiver werden. Dies beinhaltet u.a. ein Reflexionsprozess über
die Art und Weise von Veranstaltungsformaten. Wir wollen alle Kreisverbände
ermutigen, sich in einem geeigneten Forum zusammenzuschließen und über best-
practice Beispiele auszutauschen (“Liberale Verbandskultur 2030”). Wo möglich
soll diesen Foren eine vorgelagerte Einbindung aller Basismitglieder auf
Kreisebene vorangehen. - Niedrigschwellige programmatische Mitarbeit: Spiegelbildlich wollen wir die
Hürden für eine programmatische Mitarbeit senken, z.B. indem wir ein Starter-
Paket für Neumitglieder erstellen, welches u.a. ein “How-to-Mitarbeit” und eine
“JuLi-Vokabelliste” enthält. - Junge Netzwerke stärken: Um politisch interessierte Jugendliche frühzeitig
anzusprechen, wollen wir die Vernetzung mit liberalen Schüler- und
Studierendengruppen intensivieren. Ein engerer Austausch mit diesen Gruppen
ermöglicht nicht nur einen frühen Einstieg in die JuLi-Arbeit, sondern verankert
uns auch stärker in jungen und aufstrebenden liberalen Netzwerken. - Liberales Vorfeld nutzen: Die Jungen Liberalen müssen dort sichtbar sein, wo
Zukunft gestaltet wird – auf Konferenzen, Messen, in zivilgesellschaftlichen
Netzwerken und sozialen Bewegungen. Wer Einfluss nehmen will, muss Präsenz
zeigen. Wir suchen daher strategische Partnerschaften mit liberalen Stiftungen,
Initiativen, Verbänden und Think-Tanks. Durch aktive Teilnahme und Kooperation
können wir unsere Ideen in gesellschaftliche Debatten einbringen, neue Impulse
aufnehmen und die Relevanz liberaler Politik jenseits der klassischen
Parteiarbeit steigern.