27.07.2013

Verantwortung übernehmen für die Freiheit im Nahen Osten

Der Freiheitskampf der Menschen im Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika hat während der vergangenen Jahre die Welt bewegt. Ausgehend von Tunesien und Ägypten lehnte sich die Bevölkerung in vielen Ländern der Region gegen diktatorische Machthaber auf. Im „Arabischen Frühling“ setzten sich zahlreiche Menschen unter hohem persönlichem Risiko gegen Unterdrückung und Gewaltherrschaft ein. Sie trotzten den Machthabern, die auf die Forderung nach Freiheit und Mitbestimmung oft grausam reagierten. Die Jungen Liberalen unterstützen die Freiheitsbewegungen in der arabischen Welt weiterhin ausdrücklich.

In Europa wurden die Demokratisierungsbestrebungen im Nahen und Mittleren Osten voller Hoffnung für die Zukunft der Region begrüßt. Die Menschen in Europa und in Deutschland fühlen im Bewusstsein der eigenen Geschichte, in deren Lauf mutige Bürger absolutistischen Willkürherrschern Rechtstaatlichkeit und Bürgerrechte ebenfalls abringen mussten, mit den arabischen Bevölkerungen. Jedoch ist die Frage in Europa groß, was die geeigneten Mittel sind, um die arabischen Revolutionäre zu unterstützen. Die Jungen Liberalen sehen die Herausforderung darin, einerseits die ganz ohne Zweifel gewollte Hilfe für die Freiheitsbewegungen in Einklang zu bringen mit dem Gebot der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie der eigenen Leistungsfähigkeit. Die Erfahrung westlicher, besonders militärischer, Einsätze im arabischen Raum hat gelehrt, dass die Dynamik einer Konfliktsituation aus dem Westen heraus oft nicht richtig eingeschätzt werden kann. Gut gemeinte internationale Hilfe ist nicht immer zielführend gewesen, doch nicht zu helfen kommt häufig nicht in Frage.

Für dieses Dilemma haben weder Deutschland noch die Europäische Union eine Patentlösung parat. Die Jungen Liberalen sind jedoch der Ansicht, dass auch die enormen Herausforderungen, vor die uns ein Demokratisierungsprozess im Nahen und Mittleren Osten stellt, uns nicht vor der Übernahme von Verantwortung zurückschrecken lassen dürfen. Dafür ist zunächst zu akzeptieren, dass die Verwirklichung des demokratischen Leitgedankens vom europäischen Vorbild inspiriert aber nicht determiniert sein kann. Möglicherweise haben in Europa eng mit dem Rechtsstaatsgedanken verknüpfte Konzepte wie Säkularisierung nicht den gleichen Stellenwert im arabischen Raum und trotzdem ist die Freiheit den Einsatz wert.

Um die Frage zu beantworten, welchen Beitrag man aus Deutschland für den Freiheits- und Friedensprozess im Nahen und Mittleren Osten leisten kann, haben die Jungen Liberalen bereits im vergangenen Jahr Strategien entwickelt (vgl. dazu den Beschluss „Die Freiheitsbewegung der Arabischen Welt“  des erweiterten Bundesvorstands vom 27.08.2011). Die Jungen Liberalen fordern dabei insbesondere den Aufbau wirtschaftlicher Kooperation und intensiver Handelsbeziehungen. Die Motivation der Menschen, sich für die arabische Revolution einzusetzen, wurde nicht zuletzt durch wirtschaftliche Not befeuert. Freiheit ist nicht nur ein eigener Wert, sondern auch die Grundlage wirtschaftlicher Entfaltung und Prosperität. Die politische Unterdrückung in den arabischen Staaten hat auch die Entwicklung der Wirtschaftskraft unterdrückt. Langfristig ist das Kernelement der Friedenssicherung die Schaffung eines erhaltenswerten sozi-ökonomischen Umfelds – und dazu kann Deutschland ebenso wie die EU effektiv beitragen. Dazu fordern die Jungen Liberalen nachdrücklich auf. Gleichzeitig mahnen wir an, dass wirtschaftliche Unterstützung nur dann nachhaltig ist, wenn sie Hilfe zur Selbsthilfe leistet. Von den Grundsätzen der Marktwirtschaft überzeugt, gehen die Jungen Liberalen davon aus, dass der Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen zum arabischen Raum einhergehend mit dem Abbau von Handelshemmnissen langfristig auch Europa nützen wird. Unterstützend tätig werden kann Deutschland ebenfalles in den Kompetenzbereichen der Organisation demokratischer Institutionen und des Aufbaus einer Zivilgesellschaft.

Die Jungen Liberalen begrüßen wirtschaftliche Sanktionen und diplomatische Interventionen gegen Unrechtsregime und heißen insoweit auch das Engagement der Bundesregierung gut. Allerdings sehen die Jungen Liberalen die Notwendigkeit, Stellung zu beziehen zu der Frage, welche Mittel über wirtschaftliche und diplomatische hinaus zur Verteidigung der Freiheit im Nahen Osten eingesetzt werden sollen und von wem. Insbesondere die schrecklichen Ereignisse in Libyen und Syrien machten und machen eine Positionierung in dieser Frage erforderlich. Schwere Entscheidungen bergen immer das Risiko, einen Fehler zu begehen. Doch die Jungen Liberalen sind überzeugt davon, dass grade im Zweifel das Einstehen für die Freiheit umso bitterer nötig ist. Die Jungen Liberalen treten ein für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Verantwortung übernehmen für die Freiheit im Nahen Osten

Menschenrechte. Sie stellen die Würde des Menschen und das Anrecht eines jeden Einzelnen auf Verwirklichung dieser Werte absolut und halten sie für unabdingbar über nationalstaatliche Grenzen hinweg.

Die Jungen Liberalen teilen die Überzeugung des obersten Hüters unserer Verfassung, des Bundesverfassungsgerichts, und anderer deutsche Gerichte, dass es Verstöße gibt, die der Gerechtigkeit so unerträglich widersprechen, dass ein Gesetz als unrichtiges Recht der Gerechtigkeit zu weichen hat (Radbruch SJZ 1946, 105, 107; vgl. auch BVerfGE 3, 225, 232; 6, 132, 198 f.). Der Verstoß muss so schwer wiegen, dass er die allen Völkern gemeinsamen, auf Wert und Würde des Menschen bezogenen Rechtsüberzeugungen verletzt (BGHSt 39, 1). Es stellt sich die Frage, ob staatlicher Terror die äußerste Grenze überschritten hat, die ihm nach allgemeiner Überzeugung in jedem Land gesetzt ist. Ausschlaggebend zur Beantwortung dieser Frage sind die internationalen Menschenrechtspakte wie der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966“. Wenn eine solche Situation vorliegt, kann über wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen hinaus auch ein militärisches Einschreiten erforderlich sein. Hierzu bedarf es eines Beschlusses durch die Vereinten Nationen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzung schließen wir eine militärische Intervention zum Schutz der Zivilbevölkerung im Rahmen der Respondsibility to protect nicht grundsätzlich aus.

In Syrien sind zahllose Menschen auf grausamste Weise vom Assad-Regime niedergemetzelt worden, ohne, dass Gegenmaßnahmen der internationalen Gemeinschaft erfolgreich gewesen wären. Dennoch haben die Vereinten Nationen ein Einschreiten nicht legitimiert, weil die ebenfalls die Menschenrechte mit Füßen tretenden Staaten Russland und China dies mit ihrem Veto im Sicherheitsrat verhindert haben. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat die Gewalt in Syrien jedoch verurteilt. Die Jungen Liberalen zeigen sich schockiert angesichts der Haltung Russlands uns Chinas, die damit eine ungeahnte Qualität der Unrechtsherrschaft erreichen. Darüber hinaus stellen die Jungen Liberalen fest, dass die anachronistischen Strukturen der Vereinten Nationen ungeeignet sind, um den Herausforderungen unserer Zeit angemessen zu begegnen. Sie stehen für Machtverhältnisse, die seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr existieren. Des Weiteren ist das System der Vereinten Nationen auf die Lösung zwischenstaatlicher Konflikte ausgelegt und damit völlig unzeit- und sachgemäß, da wir uns heute ganz überwiegend asymmetrischer Kriegsführung unter Beteiligung nichtstaatlicher Akteure gegenüber sehen. Die Vereinten Nationen bedürfen dringen einer Reform, wobei eben die reformbedürftigen Strukturen ihrer eigenen Verbesserung aller Voraussicht nach im Wege stehen werden. Soweit eine Lösung auf niedrigerer Ebene, beispielsweise im Kontext der arabischen Liga, gefunden werden kann, ist dies unter Beachtung des Nichteinmischungsgebots vorzugswürdig.

Die Jungen Liberalen fordern die Bundesregierung auf, sich im Rahmen der Europäischen Union in den Lösungsprozess der Syrienkrise entschieden und ergebnisoffen einzubringen. Deutschland muss nach seinen Kräften Verantwortung für die Verwirklichung der Freiheit über nationalstaatliche Grenzen hinweg tragen. Ein Ausruhen des Westens auf dem Veto Russlands und Chinas kommt für die Jungen Liberalen vor allem vor dem Hintergrund der Parallelen zu Libyen nicht in Frage.

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