Dann kann ich nur sagen: Gute Reise!

Liebe JuLis,

einige Mitglieder unserer Partei haben sich entschieden, eine Mitgliederbefragung über den Verbleib der Freien Demokraten in der Bundesregierung durchzusetzen. Weil ich die Mitgliederbefragung ernstnehme, möchte ich euch darlegen, warum ich sie für falsch halte.

Es gibt so viel zu tun.

Die Zeit, in der wir regieren, ist eine Zeit der Unsicherheit. Gerade die wirtschaftliche Situation des Landes liegt im Argen. Wenn die Freien Demokraten nicht bereits Teil der Bundesregierung wären –würden wir dann nicht gerade alles dafür tun, sie dazu zu machen? Wird liberaler Sachverstand nicht gerade jetzt gebraucht? 2021 haben wir unseren Wahlkampf unter dem Slogan “Nie gab es mehr zu tun” bestritten – wir können jetzt nicht leichtfertig das Handtuch werfen.

Gerade hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die Bundesregierung die Schuldenbremse nicht ausreichend geachtet hat. Dieses Urteil hat mich sehr getrof-
fen. Politiker von SPD und Grünen fordern jetzt das Aus der Schuldenbremse. Auch Politiker der Union haben diese Forderung in den letzten Monaten aufgestellt. Ich erwarte von der FDP in dieser Situation ein konsequentes Eintreten für die Schuldenbremse – und keine Flucht in die Opposition, in der wir keinen Einfluss hätten!

Die Freien Demokraten müssen beweisen, dass sie regieren können!

Ich kann jedes Mitglied verstehen, das mit einem gewissen Frust auf die Ampel schaut. Aktuelle Umfragen zeigen aber: Regieren wird auf absehbare Zeit weder einfacher, noch weniger Koalitionspartner mit sich bringen. In dieser Lage wird man zu einer erfolgreichen Regierungspartei, indem man mit eigenen Vorstößen lautstark deutlich macht, dass Freie Demokraten in einer Bundesregierung immer besser sind als jede Bundesregierung ohne Freie Demokraten. Stromsteuersenkung statt staatlicher Industriestrompreis – das ist gut, davon will ich mehr sehen! Man wird zu einer gescheiterten Regierungspartei, indem man die Regierung verlässt und so zeigt: “Wir können es nicht!”.

Wer mir das nicht glaubt, der glaubt vielleicht Wolfgang Kubicki im Streitgespräch mit zwei Ampel-Aus-Befürwortern in der ZEIT: “Und falls eine Mehrheit will, dass wir als gescheiterte Regierungspartei in den
nächsten Bundestagswahlkampf ziehen, dann kann ich nur sagen: Gute Reise!”.

Es geht nicht um uns.

Die Initiatoren der Mitgliederbefragung beschreiben schlechte Zustimmungswerte der Freien Demokraten als ihre Motivation. Ich bin mir sicher: Aus parteitaktischen Gründen eine Bundesregierung zu verlassen, wäre ein Rezept für Jahrzehnte noch schlechterer Werte.
Es ist nicht lange her, dass Christian Lindner die FDP NRW mit dem Slogan “Es geht um unser Land” in Regierungsverantwortung führte. “Es geht um unsere Partei” hätte stattdessen sicher in die politische Bedeutungslosigkeit geführt. Lasst uns deshalb statt über die Ampel über die wirtschafts-, digital-, bildungspolitische Lage dieses Landes streiten – und darüber, welche Erwartungen wir in dieser Lage an Freie Demokraten in der Regierung haben.

Da gibt es viel zu tun.

Eure Franzsika

Autor

Franziska Brandmann

ist seit 2021 Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen. Sie hat in Bonn und Oxford Politikwissenschaften studiert. Für Anregungen oder Fragen erreichst Du sie unter brandmann@julis.de

Artikel teilen