KUHLE-Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“

MÜNCHEN. Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis), Konstantin KUHLE, gab der Süddeutschen Zeitung für deren heutige Ausgabe anlässlich der aktuellen Flüchtlingssituation das folgende Interview. Die Fragen stellte Charlotte Haunhorst:

 

2016 sollen drei Millionen Flüchtlinge in die EU kommen, allein in Deutschland waren es 2015 geschätzt eine Million Menschen. Können wir „das schaffen”? Wenn nein, warum nicht? Und wenn doch, wie?
KUHLE: Wir sind dank vieler ehrenamtlicher Helfer in der Lage, mit dem Zuzug von Flüchtlingen umzugehen. Eine klare Strategie muss aber über ein „Wir schaffen das.“ hinausgehen. Deutschland hätte seine Flüchtlingspolitik früher mit den europäischen Partnern abstimmen müssen. Im Alleingang werden wir diese Krise nicht lösen. Nun müssen wir unsere Verfahren beschleunigen, Integrationshürden abbauen und Fluchtursachen bekämpfen. Ein bisschen Luftaufklärung in Syrien reicht dafür aber gewiss nicht aus.

Ist Afghanistan ein “sicheres Herkunftsland”?
KUHLE: Nein

Was bedeutet für euch der Begriff “Wirtschaftsflüchtling”?
KUHLE: Kein Mensch kann etwas dafür, wo er geboren wird. Es ist gut, dass jemand für sich und seine Familie die besten wirtschaftlichen Chancen will. Die Kategorien Flucht und Asyl passen hier nicht. Wir brauchen klarere Einwanderungsregeln, damit wir keine Hoffnungen wecken, die wir nicht erfüllen können.

Gehört “der Islam” zu Deutschland?
KUHLE: Ja, denn die Religionsfreiheit des Grundgesetzes gilt für jeden. Muslime gehören zur gesellschaftlichen Realität in Deutschland. Sie sind Nachbarn, Kollegen und Freunde. Nur wenn wir diesen Menschen das Gefühl geben, dazu zu gehören, können wir Integration einfordern.

Wenn ihr nur eine einzige Maßnahme in der Flüchtlingspolitik umsetzen könntet – welche wäre das? (z.B. regionale Aufnahmezentren im Heimatland, Zäune, Flucht via Flugzeug…)
KUHLE: Mit einem humanitären Visum könnte Flüchtlingen eine legale Einreise ermöglicht werden. Das schwächt die Schlepper und schafft mehr Rechtssicherheit als das Hin und Her der Bundesregierung.

Immer mehr Menschen fordern Zäune, um Flüchtlinge an der unkontrollierten Einreise nach Europa und Deutschland zu hindern. Seid ihr für einen Zaun? Wenn ja, wo soll er stehen? Wenn nicht, warum?
KUHLE: Sichere Außengrenzen sind die Bedingung für offene Binnengrenzen in Europa. Statt Abschottung brauchen wir zusätzlich klarere Einwanderungsregeln und legale Fluchtmöglichkeiten.

Welche Aussage zur Flüchtlingsfrage wünscht ihr euch von eurer Mutterpartei?
KUHLE: Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wird nicht durch Flüchtlinge gefährdet, sondern durch diejenigen, die Flüchtlingsheime anzünden.

Warst du persönlich als Vorsitzender/ Vorsitzende schon einmal in einem Flüchtlingslager?
KULE: Nein

Warum nicht?
KUHLE: Als ich neulich in einer Erstaufnahmeeinrichtung gefragt habe, lies sich ein Besuch leider nicht organisieren. Das konnte ich gut verstehen, denn dort hat man definitiv wichtigeres zu tun. Auf unserem Bundeskongress haben wir mit einem syrischen Flüchtling diskutiert, der von seiner gefährlichen Flucht über das Mittelmeer berichtet hat. Das war eine ergreifende Geschichte, die vielen Jungen Liberalen veranschaulicht hat, dass Europa seinen moralischen Pflichten nachkommen muss.