NÜRNBERG. Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis), Konstantin KUHLE, gab den „Nürnberger Nachrichten“ für deren gestrige Ausgabe das folgende Interview. Die Fragen stellte Martin Damerow:
Herr Kuhle, Sie sagen, die FDP zieht 2017 wieder in den Bundestag ein. Nennen Sie doch mal drei Gründe, warum jemand die FDP und nicht die AfD wählen sollte.
Konstantin KUHLE: Die FDP ist die einzige Partei, die mit Optimismus an die Lösung von ganz vielen Problemen herangeht. Die AfD macht genau das Gegenteil. Sie geht mit Pessimismus und einem Menschenbild an die Dinge heran, das dem Bürger überhaupt nichts zutraut. Ob das nun Wirtschaftspolitik ist oder die Frage, wie wir mit Einwanderung und Flüchtlingen umgehen, überall stellt die AfD heraus: „Es geht bergab“ oder „Deutschland hat ganz schlechte Zeiten vor sich“. Eine Partei, die mit der Aussage in den Bundestagswahlkampf geht „Vielleicht hat Deutschland die besten Zeiten noch vor sich, wenn man jetzt die richtige Weichenstellungen trifft“, die fehlt irgendwie. Das ist aus meiner Sicht die FDP.
Und die anderen beiden Gründe?
KUHLE: Ich kann bei der AfD keine wirtschaftspolitische Linie erkennen. Auf der einen Seite haben sie (Parteigründer Bernd) Lucke rausgeekelt, weil der für Freihandel eingetreten ist. Auf der anderen Seite sagt die Partei, sie sei wirtschaftsliberal. Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Konzepte der AfD führen eher zu Instabilität und zu neuen Grenzen. Der dritte Grund ist, dass die AfD bewusst Hass und Intoleranz in der Gesellschaft schürt, gleichzeitig aber an einer Lösung gesellschaftspolitischer Probleme nicht interessiert ist.
Aber dieses Konzept geht scheinbar auf. Liegt die AfD in Umfragen nicht gleichauf mit den Grünen?
KUHLE: Das mag sein. Aber ich habe als Mitglied der FDP gelernt, mich von Umfragen nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. (lacht)
Der Kurs der Regierung in der Flüchtlingspolitik kommt nicht sehr gut an. Muss sich das Angela Merkel mit ihrem „Wir schaffen das“ anlasten, oder ist diese Skepsis ein gesamtgesellschaftliches Problem?
KUHLE: Erst mal ist mir die Aussage „Wir schaffen das“ sehr sympathisch, weil sie von Optimismus und Tatkraft zeugt. Ich glaube, dass man keine Politik machen kann, wenn man die Flüchtlingsfrage angeht wie die AfD. Das ist ignorant gegenüber all den Freiwilligen, die sich einsetzen, und es ist ignorant gegenüber Kommunalpolitikern, die für Unterbringungskapazitäten gesorgt haben. Man muss aber sagen, dass die Bundesregierung von dem Zeitpunkt an, als die Flüchtlinge über Ungarn ankamen und angesichts der zuletzt getroffenen Vereinbarungen, unter anderem mit der Türkei, viel Zeit verschenkt hat, in der sie nicht kommuniziert hat, was sie unternimmt. Wäre das anders gelaufen, wären die Umfragewerte der Großen Koalition nicht so eingebrochen.
Sie wollen die Bundesrepublik „enkelgerecht“ machen. Was muss man sich darunter vorstellen?
KUHLE: Ich mache auf der Straße, wenn ich über Rentenpolitik oder die sozialen Sicherungssysteme spreche, oft die Erfahrung, dass es gerade die Älteren sind, die sagen „Wenn ich in deinem Alter wäre, dann würde ich mir das nicht gefallen lassen, was die Große Koalition da beschließt“. Der Begriff „enkelgerecht“ ist der Versuch deutlich zu machen, dass es viele Menschen in diesem Land, gibt, die ein großes Interesse daran haben, dass es ihren eigenen Kindern und Enkelkindern gutgeht und dass diese eine Absicherung im Alter haben. Soll hei- ßen: Es gibt viele Senioren, die sich eine Rentenreform wünschen. Das drückt dieser Begriff aus.
Da sind wir wieder an dem Punkt, dass man als guter Politiker nicht in Legislaturperioden, sondern in Dekaden rechnen sollte, stimmt’s?
KUHLE: Ja, oder sogar in Generationen. Solch einen Rentenwahlkampf wie 2013, als die SPD die Rente mit 63 durchdrückte und die Union die Mütterrente, will ich nicht noch mal erleben. Dass der größte Einzelposten-Zuschuss des Haushalts, fast 100 Milliarden Euro im Jahr, aus dem Steuersäckel in die Rentenversicherung wandert, können wir uns eigentlich nicht leisten. Angesichts solcher Zahlen der jungen Generation zu sagen, die Rentenkasse sei prall gefüllt, ist blanker Hohn. Es ist einfach nicht wahr.
Letztes Stichwort: Freihandelsabkommen, so etwas muss jeden FDP-Politiker elektrisieren. Die Geheimniskrämerei um TTIP und Ceta hat die Bundesbürger extrem misstrauisch gemacht. Sind diese Abkommen so schlecht wie ihr Ruf?
KUHLE: Ich finde es hochgradig dekadent von den Europäern, in der erfolgreichsten Freihandelszone aller Zeiten zu leben und derart gegen ein Freihandelsabkommen mit einem verlässlichen Partner wie den USA zu polemisieren. Das ist für mich auch nicht immer von sachlichen Argumenten getragen. Wir wollen das Abkommen, und wir wollen es möglichst schnell — nämlich solange kein protektionistischer Präsident in den USA eventuell das Weiße Haus übernimmt.
Also reichen die bestehenden Werke wie beispielsweise GATT für das 21. Jahrhundert nicht mehr aus?
KUHLE: Ja. Wir brauchen TTIP, und wir wollen es auf jeden Fall. Aber: Über die Einzelheiten muss man offen reden und den Menschen erklären, dass solch ein Abkommen dem Verbraucher mehr nutzt als schadet.
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