KUHLE-Gastbeitrag zur Sterbehilfe für den „Weser Kurier“

Anlässlich der heute im Deutschen Bundestag stattfindenden Debatte über die Suizidbeihilfe schrieb der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis), Konstantin KUHLE, den folgenden Gastbeitrag für die heutige Ausgabe des „Weser Kurier“:

 

Selbstbestimmung in allen Lebenslagen

Heute entscheidet der Bundestag über die Verschärfung des Sterbehilfeverbots. Mehr als 200 Abgeordnete aller Fraktionen wollen dem Gesetzentwurf von Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) zustimmen. Dieser richtet sich zwar nur gegen geschäftsmäßige Sterbehilfe. Tatsächlich wird er jedoch nach Auffassung vieler Kritiker jede ärztliche Suizidbeihilfe unter Strafe stellen. Todkranke Patienten mit dem Wunsch nach einem selbstbestimmten Tod würden dann kaum noch einen Arzt finden, der ihnen beim friedlichen Entschlafen hilft. Selbst die bislang erlaubte passive Sterbehilfe wäre damit faktisch verboten – und die Chancen, dass dieser Gesetzentwurf durchkommt, stehen nicht schlecht.

Fragt man die Bevölkerung, wie es etwa das Allensbach-Institut im Jahr 2014 getan hat, sprechen sich mehr als zwei Drittel der Deutschen für die Legalisierung von aktiver Sterbehilfe aus. Nur 13 Prozent sind dagegen. Und selbst unter regelmäßigen Kirchgängern findet sich eine Mehrheit dafür. Würdevolles Leben kann für viele Menschen auch heißen, selbst über den Zeitpunkt des eigenen Todes zu entscheiden. Im Bundestag bahnt sich trotzdem eine Kriminalisierung der passiven Sterbehilfe an. Doch der Wunsch nach mehr Selbstbestimmung wird in der Bevölkerung weiter zunehmen. Diese Realität darf der Gesetzgeber nicht ignorieren.

Dass sich die Politik mit der Zulassung von Sterbehilfe schwer tut ist ein gutes Zeichen. Der Staat sollte dem Schutz des Lebens eine besondere Bedeutung beimessen. Es ist richtig, über Alternativen wie Hospize und Palliativmedizin zu sprechen. Doch staatlicher Schutz darf nicht so weit gehen, dass er tödlich Erkrankten den letzten und wohlüberlegten Wunsch nach einem würdevollen Tod verweigert. Niemand entscheidet sich leichtfertig dafür zu sterben. Gerade deshalb sollte die Politik dem Verlangen vieler Menschen nach Selbstbestimmung bis zum Lebensende mehr Respekt entgegen bringen. Statt die passive Sterbehilfe zu verbieten, sollte sie endlich auch die aktive Sterbehilfe erlauben.

Dass der Bundestag darüber nicht einmal diskutiert, ist traurig. Selten fehlte die liberale Stimme im Parlament so schmerzlich wie heute. Bei diesem Thema bedarf es einer offenen Debatte, die den einzelnen Leidenden als Menschen ernst nimmt, statt ihm das eigene Wertekorsett qua Gesetz aufzuzwingen. Eine Debatte, die sich auch den Einzelschicksalen einiger weniger – etwa tödlich erkrankter sterbewilliger Minderjähriger – widmet und im Dialog mit ihnen nach würdevollen Lösungen sucht. Eine alternde Gesellschaft verlangt nach Selbstbestimmung in allen Lebenslagen.