02.04.2016

Wissenschaftsstandort Deutschland stärken – Situation des Akademischen Mittelbaus verbessern

Wissenschaft und Bildung sollen in Deutschland die Grundlagen für zukünftiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand schaffen. Doch trotz aller Beteuerungen und politischen Schönwetterreden von Bildungsrepublik und dem Wissenschaftsstandort Deutschland finden Nachwuchswissenschaftler an deutschen Universitäten und staatlichen Forschungseinrichtungen schlechte und im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähige Verhältnisse vor. Zu einer miserablen Bezahlung kommt eine stetige Unsicherheit durch häufig sehr kurz befristete Verträge, die – anders als in der freien Wirtschaft – nicht einmal einer Begründung bedürfen. Hinzu kommen eine steigende Belastung von jungen Wissenschaftlern mit administrativen Tätigkeiten und zu viele Lehraufgaben.

Doch nicht nur die Beschäftigungsbedingungen verhindern wissenschaftlichen Fortschritt und ein positives Umfeld für Innovationen. In der Vergangenheit wurde die Freiheit von Forschung und Wissenschaft immer wieder durch starre, gesetzliche Regularien eingeschränkt. Nicht selten haben sich dabei konservative bis reaktionäre Kräfte durchgesetzt, um ihre persönlichen Moralvorstellungen der gesamten Gesellschaft auf zu diktieren. Die Freiheit der Wissenschaft ist allerdings ein hohes, verfassungsrechtlich garantiertes Gut, welches nicht durch die Befindlichkeiten von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen eingeschränkt werden sollte. Als Junge Liberale bekennen wir uns zur Freiheit von Forschung und Wissenschaft und stellen uns Einschränkungen dieser, die auf einer Weltanschauung beruhen entschieden entgegen. Dabei spielen sowohl Gesetze, die direkt die Forschung unterbinden, als auch Gesetze die Anwendungen von Forschungsergebnissen unterbinden eine Rolle. Forschungsverbote sind unserer Auffassung nach Denkverbote, welche wir vehement ablehnen.

Die Jungen Liberalen fordern diese Missstände kurz- und mittelfristig zu beheben. Im Einzelnen fordern wir:


1.) Beschäftigungsbedingungen verbessern

Die Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an Universitäten soll dahin entwickelt werden, dass sie eine attraktive Alternative zur Tätigkeit in der freien Wirtschaft und der Wissenschaft im Ausland darstellt. Deswegen:

  • Befristungen von Arbeitsverträgen sollen auch im Wissenschafts- und Hochschulbereich entsprechend den Regelungen des TzBfG grundsätzlich begründungsbedürftig sein. Wenn der Befristungsgrund eine Qualifizierungsmaßnahme (z. B. eine Promotion) ist, soll die Befristung nicht unter der üblichen Länge der Maßnahme und nicht unter drei Jahren liegen. Die in der aktuellen Änderung des WissZeitVG angestrebte Formulierung, eine Befristung solle „der angestrebten Qualifizierung angemessen“ sein, wird diesen Anforderungen nicht gerecht und lässt weiterhin zu viel Spielraum für Kurz- und Kettenbefristungen.
  • Der Stellenumfang für Qualifikationsstellen soll für Promovierende grundsätzlich mindestens 65% betragen. Die Ausstattung der Lehrstühle bzgl. der zugewiesenen Stellenanteile ist dementsprechend durch universitätsinterne Umschichtungen anzupassen.
  • Auch für Wissenschaftler, die den Professorenstatus noch nicht erreicht haben, soll die Möglichkeit geschaffen werden, leitungsbezogene Zulagen zum Grundgehalt zu erhalten.
  • Im bestehenden System sollen alle promovierenden wissenschaftlichen Mitarbeiter – egal ob mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss – mit mindestens Entgeltgruppe 13 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst eingruppiert werden. Dabei sollen Beschäftigungszeiten als Studentische Hilfskraft und wissenschaftliche Hilfskraft bei der Einordnung in Entgeltstufen berücksichtigt werden und Leistungszuschläge auch auf dieser Ebene gewährt werden.
  • Darüber hinaus wird die 12-Jahres-Regelung abgeschafft und der Weg zur Professur durch Juniorprofessuren, NFGs und Habilitationen verbreitert. Für ehemalige Wissenschaftler, die verstärkt in der Wirtschaft tätig waren, soll der Wiedereinstieg in die Wissenschaft stärker gefördert und die Kriterien dafür individuell von den Hochschulen festgelegt werden. Im Rahmen eines Austauschs zwischen internem und externem Wissen sind diese so flexibel wie möglich zu gestalten


2.) Eigene Forschungsarbeit tatsächlich ermöglichen

Wissenschaftliche Angestellte der Universitäten müssen sich schwerpunktmäßig auf ihre Forschung konzentrieren müssen. Die Überbelastung mit Aufgaben jenseits der Forschung muss zurückgefahren werden.

  • Zu Beginn der Promotion schließt der oder die Promovierende mit den Betreuern eine Vereinbarung über die Rechte und Pflichten aller Partner des Betreuungsverhältnisses ab. Diese ist durch den Promotionsausschuss zu legitimieren. Eine externe Instanz zur Lösung aufkommender Konflikte ist einzuführen, um die erfolgreiche Fortführung der Promotion bei Verlust eines Doktorelternteils zu gewährleisten. Der maximale Begutachtungszeitraum nach Abgabe der Arbeit beträgt vier Monate.
  • Wissenschaftler, die projektbasiert durch Drittmittel finanziert werden, sollen keine allgemeinen Verwaltungsaufgaben und Lehrstuhltätigkeiten übertragen werden dürfen.
  • Die leistungsbezogene Vergütung von Professoren soll sich zukünftig nicht mehr an der reinen Zahl von „durchgebrachten“ Promotionen orientieren dürfen. Vielmehr sind auch die abgebrochenen Promotionen und der Publikationserfolg der Doktoranden in die Kriterien mit aufzunehmen.


3.) Den Weg in die Wissenschaft ebnen

Der Großteil der Nachwuchswissenschaftler hat in Deutschland keine Möglichkeit dauerhaft in der Wissenschaft zu verbleiben. Dass dies auch nicht wünschenswert – geschweige denn möglich – ist, erkennen wir an. Jedoch ist die Diskrepanz zwischen der Anzahl der Nachwuchswissenschaftler und den Stellen für eine dauerhafte wissenschaftliche Tätigkeit in Deutschland überdurchschnittlich hoch.
Zu berücksichtigen ist, dass die Situation in den verschiedenen Fachbereichen unterschiedlich ist, sodass ein allgemeiner Abbau an Doktorandenstellen dem Bedarf an promovierten Wissenschaftlern in Wissenschaft und Wirtschaft nicht gerecht wird. Wir fordern daher:

  • Eine bessere beidseitige  Durchlässigkeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.
  • Honorarprofessuren bieten die Chance, unabhängig von tagesaktueller Forschung auch praktisches Fachwissen in die universitäre Bildung einfließen zu lassen. Hierbei sind der Qualität und Relevanz der Lehre besondere Bedeutungen zu zumessen.
  • An den Universitäten sollen zusätzlich zu den bisher existierenden Stellen, neue Stellen die nur für die Lehre gedacht sind geschaffen werden. Die Finanzierung soll dabei aus nachgelagerten Studiengebühren erfolgen. Eine Beschränkung von Promotions- oder PostDoc Stellen lehnen wir, mit Verweis auf den stetig steigenden Innovationsbedarf ab. Auch wenn nicht alle promovierten einen Platz in der Wissenschaft finden, so ist eine Promotion dennoch ein Qualifizierungsmerkmal, welches wir erhalten möchten.
  • Die Aufstiegsmöglichkeiten in der Wissenschaft müssen transparenter gestaltet werden. Dafür soll die Besetzung von Stellen an staatlichen Universitäten, insbesondere von Post-Doc Stellen anhand von nachvollziehbaren Standards im Bereich Forschung und Lehre erfolgen. Zudem sollen mehr entfristete Stellenprofile geschaffen werden, die eigenständige Forschung oder Lehre unterhalb der Professur ermöglichen. Ein Aufbau und Ausbau von Tenure-Track Stellen nach anglo-amerikanischem Vorbild ist dringend notwendig.

Unsere Forderungen zum Arbeitsplatz Wissenschaft adressieren nicht nur öffentliche Universitäten, sondern auch staatliche Fachhochschulen.

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