13.04.2003

Vision 2020 – Für ein liberales Gesundheitssystem mit echter Patientenorientierung, mehr Qualität un

Vision 2020 Für ein liberales Gesundheitssystem mit echter Patientenorientierung, mehr Qualität und hoher Effizienz!

1.) Das deutsche Gesundheitswesen im Jahr 2003

Deutschland hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt ohne gleichzeitig in der Qualität der Versorgung der Bevölkerung führend zu sein. Somit ist das deutsche Gesundheitssystem von hohen Ineffizienzen gekennzeichnet. Eine wesentliche Schwäche des deutschen Systems ist die nach wie vor unzureichende Abstimmung zwischen ambulantem und stationärem Sektor, was einerseits die Qualität der Versorgung senkt und andererseits die Kosten des Systems erhöht.

Bei der Vergütung der Leistungserbringer sind Anreize zur Effizienzsteigerung noch immer von untergeordneter Bedeutung. Nur im stationären Bereich wurden zum Teil Fallpauschalen und Sonderentgelte eingeführt. Im ambulanten Sektor erfolgt die Vergütung nach wie vor ineffizient über Einzelleistungen. Gedeckelt werden die Kosten mithilfe der Budgetierung, die ein echtes Preissystem und eine patientenorientierte Behandlung verhindert.

In keinem anderen Land ist der Katalog der Grundleistungen so umfangreich und nirgends ist die Liste erstattungsfähiger Medikamente so lang wie in Deutschland. Das provoziert Verschwendung und treibt die Kosten, verstärkt dadurch, dass von Selbstbeteiligungen weitgehend abgesehen wird.

Einen weiteren entscheidenden Problemkreis stellt die Trennung zwischen sozialer und privater Krankenversicherung sowie das umlagefinanzierte und einkommensorientierte Versicherungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dar. Neben den USA ist Deutschland das einzige Land, in dem nicht die gesamte Bevölkerung in die obligatorische Gesundheitsvorsorge eingebunden ist, staatliche Gesundheitsvorsorge eingebunden sind, sondern Gutverdienende die Möglichkeit einer kapitalgedeckten privaten Gesundheitsvorsorge wählen können. Gegen das derzeitige System spricht aber nicht nur die Finanzierung, sondern auch die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt, in der Status und Einkommenspositionen oft nicht mehr ein Berufsleben fix sind. Vielmehr werden Wechsel zwischen Erwerbsphasen und Nichterwerbsphasen, zwischen Angestellten- und Selbstständigenstatus immer häufiger vorkommen. Das Konzept einer sozialen Grundsicherung, die an einen bestimmten Status gekoppelt ist, stellt daher ein überholtes Muster dar.

Eine Gesundheitsreform, die die Probleme langfristig lösen will, muss die weitere Finanzierbarkeit der Krankenversicherung angesichts des demographischen Wandels in Deutschland sicherstellen. Darüber hinaus muss dafür gesorgt werden, dass die in das Gesundheitswesen eingebrachten Mittel so effizient wie möglich und im Interesse der Gesundheit der Menschen und der Finanzierbarkeit des meist kostenintensiven medizinischen Fortschritts eingesetzt werden können.

Die Jungen Liberalen verstehen sich dabei als der Anwalt der Bürger Wir treten für die Interessen aller Patienten und Versicherten, nicht aber für die Wünsche einzelner Klientelgruppen ein.

2.) Der Patient und die Qualität der Behandlung stehen im Mittelpunkt Reform

des Leistungsmarktes

2.1.) Patientenorientierung

Im Mittelpunkt einer liberalen Gesundheitsreform muss der Patient stehen, denn er ist der Grund für die Existenz des Gesundheitswesens. Er ist daran interessiert, dass seine Behandlung mit möglichst hoher Qualität erfolgt.

Patientenorientierung bezeichnet die Ausrichtung von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen des Systems der gesundheitlichen Versorgung auf die Interessen, Bedürfnisse und Wünsche des individuellen Patienten, sodass er die Leistungen erhält, die nutzbringend und von ihm erwünscht sind. Darüber hinaus verfügt er über verbriefte Rechte verfügt.

Das zentrale Hindernis für ein konsequent patientenorientiertes Gesundheitswesen stellt dabei die asymmetrische Beziehung zwischen Leistungserbringern (Anbieter) und Leistungsempfängern (Kunden) dar, die im Wesentlichen im Wissensvorsprung der Leistungserbringer begründet liegt.

Hieraus resultiert, dass ein einfaches der Markt regelt es im Sinne der Patientenorientierung nicht zielführend ist, vielmehr bedarf es einer umfangreichen ordnungspolitischen Rahmensetzung durch den Staat, sodass Freiheit und Wettbewerb wirklich zugunsten der Patienten wirken können.

Der Schlüssel liegt dabei darin, ein standardisiertes Grundpaket staatlicherseits zu definieren, das eine qualitativ hochwertige Behandlung für all jene Patienten gewährleistet, die über Wissensrückstände gegenüber den Leistungsgerbringern verfügen, und dieses Grundpaket durch individualisierte Ab- und Zuwahlmöglichkeiten zu ergänzen.

2.2.) Das standardisierte Grundpaket

2.2.1.) Patientenrechte und Patientenberatung

Die Grundlage einer patientenorientierten Versorgung sind verbriefte Patientenrechte.

Hierzu gehören im Besonderen das Recht auf umfassende und verständliche Information über Behandlungsverläufe, -alternativen und risiken sowie das Recht auf Einsichtnahme in die Krankenakte.

Bei Schadensregulierungsfällen haben Krankenhäuser, Pflegeheime etc. gesamtschuldnerisch zu haften, um das Verfahren für Patienten zu vereinfachen. Die Beweislast liegt hierbei zwar wie bisher beim Patienten, sie dreht sich aber um, sollte die Gesundheitseinrichtung bei der Beweisführung nicht kooperieren.

Die Leistungserbringer werden verpflichtet jährlich zu berichten wie sie auf eingegangene Beschwerden reagiert haben. Die Berichte sind zu veröffentlichen und insbesondere den unabhängigen Patientenberatungen (vgl. unten) zugänglich zu machen.

Alle Patientenrechte sind in einer Patientencharta zusammenzufassen.

Im patientenorientierten Gesundheitswesen der Zukunft ist den von den Leistungserbringern unabhängigen Patientenberatungen und organisationen ein wesentlich höherer Stellenwert beizumessen. Sie sind mit Steuermitteln zu fördern, sodass ein Verbot jeglicher finanzieller Abhängigkeiten mit dem restlichen Gesundheitssystem durchsetzbar wird.

Patientenberatungen und organisationen können im wesentlichen eine unabhängige Möglichkeit zur Information und Unterstützung bei Klagen leisten. Darüber hinaus sind sie

in die Qualitätssicherung einzubinden, indem sie bei der Leitlinienentwicklung (vgl. 2.2.5.) mitwirken.

Werbung kann informieren. Deshalb ist das Werbeverbot für Leistungserbringer aufzuheben. Insbesondere Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser müssen beispielsweise über ihre Qualifikation, Qualitätssicherungsmaßnahmen oder Leitlinienanwendung informieren können.

2.2.2.) Der Vertrauensarzt

Die JuLis lehnen sogenannte Lotsen-Modelle, d.h. die verpflichtende Wahl eines Vertrauensarztes als Gatekeeper, als Regel für die Versicherung ab.

Die JuLis setzen sich für den Wettbewerb unterschiedlicher Versicherungsmodelle bei einheitlichem Grundleistungskatalog ein. Das Lotsenmodell kann dann neben anderem auf dem Versicherungsmarkt angeboten werden. Die Versicherten entscheiden selbst über die Form der Versicherung.

2.2.3.) Fachärzte

Die Budgetierung muss beendet werden. Statt Punktwertsystemen bedarf es fester Preise für die Fachärzte, weshalb sie mit diagnosebezogenen Fallpauschalen zu entlohnen sind, unabhängig davon, ob sie in Krankenhäusern oder in eigenen Praxen tätig sind.

Die Bemessung der Fallpauschalen orientiert sich an Zahl und Art der Diagnosen. Liegen mehrere Diagnosen vor, wird eine Kategorie mit höheren standardisierten Ausgaben gewählt.

Durch die Fallpauschalen wird auch bei den Fachärzten der Anreiz zur Mengenausweitung, die die Kosten treibt und die Qualität der Versorgung nicht verbessert, beendet.

Auch bei Fachärzten muss die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sein, Zulassungsbeschränkungen müssen aufgehoben werden.

2.2.4.) Stationärer Sektor

Der stationäre Sektor ist zu privatisieren, seine Subventionierung durch den Staat einzustellen.

Die ordnungspolitisch verfehlte Finanzierung der Krankenhäuser durch die Länder auf der einen und die Krankenkassen auf der anderen Seite ist durch eine monistische Finanzierung durch die Krankenkassen zu ersetzen. Die Behandlungskomponente wird über diagnosebezogene Fallpauschalen finanziert (vgl 2.2.3.).

2.2.5.) Qualitätssicherung

Um einer Qualitätssicherung nachzukommen bedarf es einer verstärkt wissenschaftlich begründeten und ökonomisch angemessenen ärztlichen Vorgehensweise unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Patienten. Dies wird in anderen Ländern durch Orientierung an Leitlinien, d.h. durch praxisorientierte Handlungsempfehlungen, fußend auf evidenz-basierter Medizin, erreicht. Hier bestehen im internationalen Vergleich Defizite in Deutschland. Deshalb ist die evidenz-basierte Medizin, d.h. die medizinische Orientierung an wissenschaftlich belegbar wirksamen Präventionen und Therapien, auszubauen. Hierbei müssen künftig die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse systematischer an den praktizierenden Arzt herangetragen werden. Nachholbedarf besteht insbesondere bei Koordinierung und Strukturierung der Aufbereitung der Evidenz und der anschließenden Erstellung evidenz-basierter Leitlinien. Die Ausarbeitung darf nicht unabgestimmt erfolgen. Vielmehr müssen alle betroffenen Allgemein- und Fachärzte sowie Vertreter der Krankenkassen im Konsens abgestimmte Leitlinien erarbeiten, die von den Allgemeinärzten aus gedacht werden müssen. Sie sind es letztlich sind, die den Patienten anhand der Leitlinie durch das Gesundheitswesen zu leiten haben (Lotsenfunktion des Vertrauensarztes).

Hierzu ist ein standardisiertes Erarbeitungsverfahren für Leitlinien zu entwickeln, um eine gleich bleibende Qualität derselben zu gewährleisten. Ansätze der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gehen hier in die richtige Richtung. In ein solches Verfahren müssen Allgemeinärzte und Fachärzte genauso eingebunden werden wie Wissenschaftler und die unabhängigen Patientenorganisationen. Die erarbeiteten Leitlinien sind in Fachzeitschriften zu veröffentlichen, aber auch in eine für Laien verständliche Sprache zu übersetzen, um auch dem Patienten selbst eine unabhängige Informationsmöglichkeit zu ermöglichen. Außerdem ist eine Weitergabe an Multiplikatoren der Aus- und Weiterbildung sowie der Qualitätssicherung notwendig.

Hier wird deutlich, wo Deutschlands Defizite liegen. Leitlinien müssen nicht nur erarbeitet werden, mindestens ebenso wichtig ist ihre erfolgreiche Implementierung.

Hierzu sind auf lokaler Ebene regelmäßig Qualitätszirkel, in denen sich Allgemein- und Fachärzte treffen, um Erfahrungen auszutauschen, Behandlungsprobleme leitlinienorientiert zu diskutieren und neue Leitlinien zu kommunizieren, unter professioneller Leitung zu veranstalten.

Es ist unbestritten, dass ärztliche Aus- und Fortbildung von besonders großer Bedeutung für die Qualitätssicherung ist. Gerade der rasche medizinische Fortschritt macht Weiterbildung zwingend erforderlich. Deshalb soll die regelmäßige Teilnahme an der Aus- und Fortbildung nachgewiesen werden und diese ist in geeigneter Form zu veröffentlichen. So sind die Patienten in der Lage, den geeigneten Arzt zu wählen.

Die Grundlage von Wettbewerb und Patientenorientierung ist Transparenz. Deshalb müssen die Leistungserbringer ihre Qualitätssicherungsmaßnahmen offen legen und insbesondere den Patientenorganisationen zugänglich zu machen. Die in den USA praktizierte Veröffentlichung von Leistungsdaten (Sterblichkeitsraten bei bestimmten Behandlungen, generelles Ranking von Krankenhäusern, Zertifizierung von Praxen etc.) ist hier vorbildhaft.

2.2.6.) Apotheken

Neben den eigentlichen Leistungsgerbringern im Gesundheitswesen sind auch die Apotheken als Dienstleister für Patienten und Ärzte von Bedeutung. Entscheidender Ansatzpunkt müssen hier die hohen Kosten für Medikamente in Deutschland sein.

Um die wirkstoffgleiche, aber oft billigere Vergabe von Generika oder (Re-)importen auszubauen, hat der Arzt nur noch den Wirkstoff zu verschreiben und der Apotheker dann die Pflicht zur Vergabe des günstigsten Medikaments, es sei denn der Arzt vermerkt auf dem Rezept gegenteiliges. Der Arzt hat weiterhin das Recht das Medikament, das er für das wirksamste hält zu verschreiben. Hierbei gelten auch Aspekte der Galenik und Biokompatibilität. Um hier auch einen finanziellen Anreiz zu setzen ist der Apotheker nicht mehr durch einen prozentualen Aufschlag auf dem Preis, sondern mittels einer pauschalen Abgabe pro Packung zu entlohnen. Somit wird er für seine Dienstleistung und nicht mehr für die Vergabe des teuersten Medikaments belohnt.

Die Selbstbeteiligungen der Patienten sind zu erhöhen. Hierdurch werden auch bei dem Patienten Anreize gesetzt auf eine Verschreibung wirkstoffgleicher Medikamente statt teuerer Originalpräparate hinzuwirken sowie effizienter mit dem eigenen Medikamentenhaushalt umzugehen.

Es ist eine Negativliste mit Medikamenten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht evident ist, einzuführen. Wissenschaftlich nicht erwiesene aber in der klinischen Praxis erfahrene Wirksamkeit ist zu berücksichtigen. Die Negativliste ist ebenso wenig erstattungsfähig wie verschreibungsfreie Medikamente.

Wettbewerb schafft Kosteneffizienz. Deshalb sind die teilweise monopolartigen Positionen der Apotheken dem Wettbewerb durch den klassischen und den Internet-Versandhandel von Medikamenten auszusetzen. Bei der Legalisierung des Versandhandels müssen folgende Normen beachtet werden:

  • Grundsätzlich sind alle Kommunikationswege (Post, Telefon, Telefax und Internet) für die pharmazeutische Arbeit nutzbar zu machen. Welche Kommunikationswege letztendlich von einer Versandhandelapotheke genutzt werden obliegt dem jeweiligen Betreiber.

  • Der ordnungsgemäße und sichere Betrieb einer Apotheke muss durch fachlich ausgebildetes Personal gewährleistet sein.

  • Unter Berücksichtigung der jeweils gültigen Rezeptpflichten muss ein gültiges Rezept im Original vorgelegt werden. Die Bestellung darf erst nach erfolgreicher Prüfung des Rezepts ausgeführt werden.

  • Die Versandhandelapotheke darf keine Patientenwünsche (etwa in Bezug auf das Medikament oder die Menge) erfüllen, die für den Patienten höhere Risiken mit sich bringen würden als in einer lokalen Apotheke.

  • Versandhandelapotheke dürfen keine medizinischen Diagnosen stellen und sind den Grundsätzen der apothekerischen Sorgfalt und pharmazeutischen Ethik bei der Beratung ihrer Klienten verpflichtet.

  • Ohne ausdrückliche Erlaubnis dürfen keine persönlichen Patientendaten gespeichert und verwendet werden. Es gelten die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen.

  • Das Angebot der Versandhandelsapotheke muss das gesamte Medikamentenangebot umfassen, wie es auch in den niedergelassenen Apotheken der Fall ist.

Die Rezeptgebühr muss bei einer Legalisierung von Versandhandelapotheken abgeschafft werden und zwar sowohl für Versandhandelapotheken wie auch für die Apotheken vor Ort. Nur so kann ein fairer und gleichberechtigter Wettbewerb zum einen zwischen lokalen Apotheken und Versandhandelapotheken innerhalb Deutschlands und zum anderen zwischen Deutschland und den anderen EU-Staaten, in denen es keine Rezeptgebühren gibt, gesichert werden.

Das Sozialministerium ist aufgefordert, die aufsichtsrechtlichen Verfahren gegen Versandhandelapotheken-Betreiber sofort einzustellen und die Koexistenz von lokaler Apotheke und Versandhandelapotheke zu forcieren bzw. die Möglichkeit gewährleisten, dass Apotheken sowohl lokal wie auch in Form des Versandhandels fungieren und existieren können. Außerdem ist das Mehrbesitz- und das Fremdbesitzverbot von Apotheken aufzuheben.

2.3.) Individualisierte Zusatzpakete

Das standardisierte und unter 2.2.) beschriebene Grundpaket basiert auf der Annahme, dass asymmetrische Beziehungen zwischen Patient und Leistungserbringer vorliegen und ist deshalb so ausgestaltet, dass es dieser Patientengruppe eine höchstmögliche Qualität zu einem so günstigen Preis wie möglich gewährleistet. Jede Krankenkasse muss dieses standardisierte Grundpaket anbieten. Darüber hinaus sind zahlreiche Individualisierungen möglich, die sich insbesondere an den aufgeklärten Patienten richten. Welche Zusatzpakete genau angeboten werden, werden der Wettbewerb der Krankenkassen und die Bedürfnisse der Deutschen zeigen.

Denkbar sind Modelle, die einen fallweise individuellen Ausstieg aus dem Gatekeeping (Point-of-Service-Plans) oder auch eine vollkommen freie Arztwahl (auch aller Fachärzte) ermöglichen. Somit ließen sich die Vorteile eines integrierten Gesundheitssystems mit der freien Arztwahl verbinden.

2.4.) Fazit der Reform des Leistungsmarktes

Erfolgreiche Länder, die eine gute Gesundheitsversorgung, d.h. hohe Qualität zu günstigen Kosten, erreicht haben, zeichnen sich durch die Verwirklichung der folgenden Punkte aus:

  • Honorierungssysteme, die den Anreiz zur Mengenausweitung vermeiden oder zumindest verkleinern

  • Steuerungssysteme, die es ermöglicht haben, den Bettenabbau in den Krankenhäusern voranzutreiben und die Verweildauer zu verkürzen

  • eine leitlinienorientierte und evidenz-basierte Qualitätssicherung

In allen vier aufgeführten Bereichen hat Deutschland Defizite. Nur die oben beschrieben Reform des Leistungsmarktes kann sie beheben.

3.) Vision 2020 Reform des Versicherungsmarktes

3.1.) Systemmängel

Während im Leistungsmarkt der Patient im Mittelpunkt der Betrachtung steht, ist es im Versicherungsmarkt der Versicherte. Als Versicherte sind wir daran interessiert die von uns als Patient gewünschte qualitativ hochwertige Versorgung mittels eines möglichst günstigen Versicherungsschutzes zu erlangen. In Deutschland wird ebendies z.Zt. wegen der folgenden drei Systemmängel verhindert.

  • mangelnder Wettbewerb

  • Umlagefinanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung

  • Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung.

Überwindbar sind diese Mängel nur indem privatwirtschaftlich organisierte, frei konkurrierende Kassen der gesamten Bevölkerung einen kapitalgedeckten Versicherungsschutz anbieten

3.2.) Ein neues Versicherungsmodell demographieresistent und effizient

Alle Bürger sind verpflichtet eine Grundabsicherung abzuschließen, auch Beamte und Selbstständige werden in das Modell einbezogen. Die JuLis setzen sich für eine klare Trennung von beitragsfinanzierten Versicherungsleistungen und steuerfinanzierten politisch gewollten Leistungen ein. Daher entfällt die beitragsfreie Familienversicherung. Die Beiträge für einen erziehenden, nicht erwerbstätigen Elternteil und Kinder fließen in das System negativer Einkommensteuer ein (Bürgergeld). Lebensjahr beitragspflichtig, es sei denn sie verfügen vorher über ein Einkommen. Der genannte Leistungsumfang der Grundabsicherung ist auf der Basis des bestehenden GKV-Versicherungsschutzes von einem unabhängigen Gremium zu entwickeln und stetig an den medizinischen Fortschritt anzupassen. Alle übrigen Leistungen fallen nicht unter die Versicherungspflicht und können auf freiwilliger Basis versichert werden.

Das Kriterium für die Trennung in Grund- und Wahlleistungen ist die medizinische Notwendigkeit.

Die Grundabsicherung enthält vor allem solche diagnostische und therapeutische Verfahren, die medizinisch dringlich sind und für die eine medizinische Evidenz nachgewiesen ist.

Leistungen jedoch, die dem alltäglichen Lebensbedarf zuzuordnen sind gehören ebenso zu den Wahlleistungen wie Leistungen ohne nachgewiesene medizinische Wirksamkeit, vermeidbare Freizeitrisiken sowie die zahnärztliche Versorgung.

Für die verpflichtende Grundabsicherung besteht Kontrahierungszwang. Die Krankenversicherungsunternehmen werden verpflichtet jeden Kunden unabhängig von seinem Gesundheitszustand und Alter anzunehmen. Antragsablehnungen und Risikozuschläge aufgrund von Vorerkrankungen sind ausgeschlossen. Somit wird für alle Versicherten eine konstante und geschlechtsunabhängige Prämie erhoben. Erst dadurch wird ein echter Wettbewerb zwischen den Kassen möglich, der heute so in der privaten Krankenversicherung nicht gegeben ist, denn erst durch den Kontrahierungszwang haben Kunden barrierefrei Möglichkeiten zum Wechsel des Versicherers.

Deshalb ist auch die Bildung von Altersrückstellungen nötig, die anders als es im heutigen System möglich ist bei einem Versicherungswechsel angerechnet werden. Hierfür ist aber ein Risikoausgleich zwischen den Versicherungen notwendig. Damit einzelne Unternehmen nicht durch überproportional hohe Kosten belastet werden, zum Beispiel weil sie besonders viele kranke Menschen versichern, ist ein unternehmensübergreifender Risikoausgleich nötig, der allerdings nichts mit dem derzeitigen Risikostrukturausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gemein hat. Während der Risikostrukturausgleich bei den Kassen vor allem Einkommens- und Altersstrukturen ihrer Mitglieder ausgleicht, sind die Ausgleichskriterien hier strikt morbiditätsorientiert. Für jede Versichertengruppe werden anhand von Morbiditätsparametern standardisierte Ausgaben ermittelt und mit den unternehmensübergreifenden Durchschnittsausgaben nach Alter und Geschlecht verglichen. Übersteigen etwa die morbiditätsorientierten standardisierten Ausgaben für eine Gruppe die standardisierten Durchschnittsausgaben, erhält der Versicherer einen Ausgleich.

Dieser Morbiditätsausgleich orientiert sich dabei an den in den USA praktizierten Adjusted Clinical Groups . Hier entscheiden Zahl und Art der Diagnosen, in welche Morbiditätskategorie der Kunde eingeordnet wird. Liegen mehrere Diagnosen vor, wird eine Kategorie mit höheren Ausgaben gewählt.

Wissenschaftlichen Berechnungen zur Folge betrüge die monatliche demographieresistente Versicherungsprämie eines Erwachsenen für die Grundsicherung rund 200 Euro. Für Personen, die erst in höherem Alter in das System eintreten (Übergangsphase, Migration) ergeben sich altersspezifische Beiträge wie sie in der privaten Krankenversicherung kalkuliert werden.

Um Menschen mit geringeren Einkommen nicht über Gebühr zu belasten wird diese Versichertengruppe aus Steuermitteln unterstützt. Sollte die Versicherungsprämie 15% des Bruttoeinkommens überschreiten wird die Differenz vom Staat getragen. Dieser Stützungsbedarf würde in der eingeschwungenen Phase 25 Milliarden Euro jährlich betragen, was sich relativiert, wenn man bedenkt, dass in der heutigen nicht demographieresistenten gesetzlichen Krankenversicherung bereits eine Einkommensumverteilung von mindestens 40 Milliarden Euro stattfindet.

Die demographischen Probleme der nächsten Jahrzehnte sind durch ein kapitalgedecktes System allein nicht zu bewältigen. Die oben genannten Transfervolumina werden nur auf dem genannten Niveau gehalten werden können, wenn für alle Bürger die genannte Versicherungspflicht gilt und wenn die Einkommensbemessungsgrundlage ausgeweitet wird.

Deshalb ist die Trennung von GKV und PKV aufzuheben. Sowohl gesetzlich als auch privat Versicherte aber auch heute gar nicht Versicherte werden in das neue prämienorientierte und kapitalgedeckte System integriert. Bei der Bemessung des staatlichen Zuschusses zum Krankenversicherungsbeitrag für Bedürftige werden folgende steuerpflichtige Bruttoeinkommenskomponenten berücksichtigt:

  • Einkommen aus abhängiger Beschäftigung

  • Einkommen aus Nebentätigkeit

  • Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit

  • Einkommen aus Kapitalerträgen

  • Einkommen aus Vermietung und Verpachtung

  • Einkommen aus Renten (gesetzliche, berufsständische und privater Renten)

  • Leistungen des Arbeitsamtes (Arbeitslosengeld, -hilfe, Unterhaltsgeld vom Arbeitsamt, Altersübergang und des Sozialamtes)

3.3.) 2002-2018: Der Systemübergang

Da sich heute ein Großteil der Bevölkerung in der umlagefinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung befindet ist eine weitgehende Systemumstellung notwendig. Da eine sofortige Umstellung vom Umlageverfahren zum Kapitaldeckungsverfahren nicht nur politisch höchst unwahrscheinlich ist, sondern auch finanziell schwer zu meistern wäre, wird ein mehrere Jahre dauernden kontinuierlicher Systemübergang unumgänglich. Wissenschaftlich durchgerechnet wurde ein Systemübergang von 16 Jahren.

Alle Personen, die zum Beginn der Umstellungsphase über 60 Jahre sind, verbleiben im Umlagebestand. Durch schrittweises Absenken der Beitragsbemessungsgrenze werden alle anderen Personen innerhalb des Übergangszeitraums in das kapitalgedeckte Modell überführt bis zum 16. Jahr die Beitragsbemessungsgrenze bei Null liegt. Bei diesem Verfahren liegt der Transferbedarf im 16. Jahr der Umstellungsphase bei rund 65 Milliarden Euro. Der endgültige Systemübergang wird in ca. 30 Jahren vollendet sein, wenn die zu Beginn der Umstellungsphase über 60 jährigen verstorben sind.

3.4.) Selbstbeteiligung und Kostenerstattungsprinzip

Zu einem funktionierenden Markt gehört es, dass die Konsumenten die Knappheit ihrer Ressourcen vermittelt bekommen. In einem Gesundheitswesen in dem aber die Versicherungsbeiträge nicht an die konsumierten medizinischen Leistungen gekoppelt sind, ist dies nicht gegeben und die unnötige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen wird provoziert.

Im Rahmen des Wettbewerbs der Versicherungen um die Versicherten werden sich individuelle Selbstbeteiligungs-, Selbstbehalt- und Bonussysteme entwickeln, wie sie heute schon in der privaten Krankenversicherung existieren.

Sozial Schwache werden nach einer Bedürftigkeitsprüfung von der Sozialhilfe (später dem Bürgergeld) unterstützt. Für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel ist eine durchgängige prozentuale Selbstbeteiligung zu implementieren. Die soziale Belastbarkeit der Versicherten sorgt für eine Obergrenze der Selbstbeteiligung, die absolut bei 1000 Euro pro Jahr und relativ bei 1% des steuerpflichtigen Jahreseinkommens liegt.

Um ein kosteneffizientes Verhalten, geleitet durch Selbstbeteiligungen, praktizieren zu können, muss der Patient und Versicherte den Preis seiner Behandlung kennen. Marktwirtschaftliches Verhalten setzt Preistransparenz voraus. Diese ist mit dem derzeitigen Sachleistungsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gegeben, weshalb im neuen kapitalgedeckten Modell das Kostenerstattungsprinzip obligatorisch wird.

3.5.) Arbeitgeberanteil als Lohnbestandteil

Ein prämienorientiertes, d.h. vom Einkommen entkoppeltes, Versicherungssystem verbunden mit der klassischen paritätischen Finanzierung ist ordnungspolitisch inkonsequent, weshalb der Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung dem Lohn einkommenssteuerneutral zuzuschlagen ist. Darüber hinaus erfährt der einzelne was sein Krankenversicherungsschutz wirklich kostet. Dies erhöht den Anreiz auf das Preis-Leistungs-Verhältnis der Krankenkassen zu achten und damit den Wettbewerb um versichertengerechte Lösungen verschärft.

3.6.) Fazit der Reform des Versicherungsmarktes

Als Kernelemente eines marktwirtschaftlichen und damit effizienteren und demographieresistenten Gesundheitssystems können gelten:

  • die Versicherten können zwischen den Krankenkassen und verschiedenen Versicherungsoptionen wählen

  • die Krankenkassen verhandeln mit den Leistungserbringern den Preis und die Angebotsorganisation

  • der Staat setzt Rahmenbedingungen die im wesentlichen folgendes beinhalten:

  • ein kaptitalgedecktes Versicherungsverfahren

  • ein obligatorisches Grundversorgungspaket

  • die Gewährleistung der Wahlfreiheit für die Bürger durch Verpflichtung der Krankenkassen, jeden aufzunehmen (Kontrahierungszwang)

  • Verhinderung von Risikoselektion

  • Verpflichtung zur Einhaltung von Mindeststandards des Angebots ( Menge und Qualität)

Die Vision 2020 orientiert sich an diesen Leitlinien und ist damit in der Lage die Demographie- und Effizienzprobleme des deutschen Krankenversicherungswesens zu beheben.

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