Oberster Leitsatz in der aktuellen Situation muss nach Auffassung der Jungen Liberalen die Aufrechterhaltung des nationalen und internationalen Geldflusses sein. Die Blockade der Kreditvergabe zwischen Kreditinstituten muss aufgebrochen und die existierende Vertrauenskrise überwunden werden, um negative Kettenreaktionen zu vermeiden. Nur so können solide wirtschaftende Privatpersonen und Unternehmen auch weiterhin mit Krediten versorgt und Arbeitsplätze geschützt werden.
Um Fehlanreize und falsche Signale durch dieses staatliche Handeln jedoch wenigstens zu minimieren, müssen sich erfolgte Fehlentscheidungen für die jeweils Verantwortlichen spürbar negativ bemerkbar machen. Deshalb halten die Jungen Liberalen es für marktwirtschaftlichen vernünftig und aus liberaler Perspektive für angemessen, wenn der Staat als Gegenleistung zur Bereitstellung zusätzlichen Eigenkapitals aus öffentlichen Mitteln im obigen Sinne in den betroffenen Unternehmen temporär Einfluss auf Fragen wie der Gehälter des Spitzenmanagements oder Boni nehmen kann. Zu strikte gesetzliche Ge- oder Verbote, wie feste, für alle Banken gleiche Einkommensvorschriften, halten die Jungen Liberalen jedoch für zu kurz greifend. Durch solch rigide Vorgaben bestünde die Gefahr, dass gute Manager nicht mehr bereit sind, bei von der Krise besonders gebeutelten Banken zu arbeiten, da sie bei anderen Instituten ein höheres Gehalt verdienen könnten. Stattdessen sollten die temporären staatlichen Kapitalgeber – gemeinsam mit den dauerhaften privaten Anteilseignern – im jeweiligen Aufsichtsrat der individuellen Situation und der individuellen Bilanz einer Bank angemessene Gehälter für das Management der betroffenen Banken festlegen. Weitere Einflüsse auf die Geschäftspolitik von Großbanken im Sinne staatlicher wirtschaftlicher Förderziele oder Ähnlichem müssen hingegen strikt unterbleiben, um nicht durch weitere politische Verzerrungen das Marktgleichgewicht noch mehr aus den Fugen zu bringen.
Für Liberale ist zudem klar, dass die Unterstützung von Banken ein temporäres Phänomen mit einer klaren zeitlichen Grenze bleiben muss. Die vom Rettungspaket betroffenen Banken müssen nach einer möglichst kurzen Phase der staatlichen Unterstützung wieder als private Wirtschaftsakteure aktiv sein und auf eigenen Füßen stehen. Hierbei ist zudem das klare Ziel zu verfolgen, dass die Steuerzahler durch das Rettungspaket keine dauerhaften Verluste erleiden, durch Rückveräußerungen der neuen Staatsbeteiligungen mit Gewinn und spätere Rückzahlungen weiterer staatlicher Finanzspritzen durch betroffene Unternehmen. Sollten Unternehmen jedoch erkennbar kein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell besitzen, darf der Staat diese jedoch nicht dauerhaft protegieren. In diesem Fall ist nach Überwindung der aktuellen Krise durchaus auch die Abwicklung in Betracht zu ziehen. Forderungen nach genereller Verstaatlichung von Banken erteilen wir eine eindeutige Absage. Im Gegenteil: die besonders katastrophale Bilanz zahlreicher staatlicher oder staatlich kontrollierter Banken in Deutschland, wie beispielsweise der IKB oder der Bayern- und Sachsen-LB, unterstreicht die Tatsache, dass private Banken ihren öffentlichen Pendants auf Dauer klar überlegen sind.
Gerade uns Liberalen ist bewusst, dass der Markt klare und faire Regeln und Rahmenbedingungen braucht, um zu funktionieren und seine ganze Schaffenskraft entfalten zu können. Daher fordern die Jungen Liberalen, als Lehre aus der Krise die folgenden Ansätze zur Vermeidung zukünftiger Probleme:
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Neustrukturierung der Bankenaufsicht
Die Doppelstruktur der Bankenaufsicht in Deutschland mit BaFin und Deutscher Bundesbank hat sich offenkundig nicht bewährt und muss unter einem Dach reorganisiert werden. Für die Zukunft steht insbesondere die Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht auf der Tagesordnung, da gegenwärtig innerhalb der Union ein echter Finanzbinnenmarkt im Entstehen begriffen ist.
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Da im weltweiten Finanzmarkt einzelne Staaten alleine nicht mehr in de Lage sind ,effektiv Kontrolle auszuüben, sind weltweite Mindeststandards und entsprechende Kontrollen des Finanzmarkts angezeigt, welche durch eine entsprechende Umstrukturierung des Internationalen Währungsfonds (IWF) erreicht werden könnten. Dies gilt angesichts der Entstehung der Krise insbesondere für die Regulierung von Kreditvergaben, die Festlegung von höheren Mindesteigenkapitalquoten für Banken und Bilanzierungsregeln die ein Verstecken von Risiken wie in dieser Krise ausschließen.
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Erhöhung der Transparenz
Angesicht des positiven Einflusses solider Rating-Agenturen, muss auf eine Verbesserung des internationalen Ratings hingewirkt werden. Der Ausschluss von bestehenden Interessenskonflikten durch gleichzeitige Beratung und Bewertung muss für die Zukunft offenkundig zwingendes Ziel sein. Auch darf es keinen faktischen Zwang zum Rating geben. Darüber hinaus muss das Aufbrechen des Monopols zweier amerikanischer Agenturen und eine Ergänzung dieses Marktes, zum Beispiel durch eine europäische Agentur, erreicht werden.
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Herausforderungen an Unternehmen
Zukünftig muss eine effektive Kontrolle der Unternehmensvorstände durch die Aufsichtsräte durch eine fünfjährige Karenzfrist bei der Übernahme eines Aufsichtsratspostens durch eine ehemaliges Vorstandsmitglied gesetzlich vorgeschrieben werden. Selbiges gilt für eine Begrenzung der maximalen Aufsichtsposten pro Person auf fünf. Im Rahmen der Ursachenevaluation der Krise ist zudem der Finanzsektor aufgefordert, die bestehenden Gehaltsstrukturen auf Fehlanreize zu überprüfen, um z. B. langfristig zu riskantes Handeln nicht durch kurzfristige Bonuszahlungen indirekt zu fördern. Auch sollten im Falle von Missmanagement und offenkundigem Fehlverhalten die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten der Managerhaftung von den Unternehmen konsequent in Anspruch genommen und durchgesetzt werden.
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Erweiterung des Euro-Raums
Die Finanzkrise hat bewiesen, daß das gemeinsame Auftreten der Eurozone diese teilweise vor den Folgen der Finanzkrise bewahrt, bzw. selbige abgefedert hat. So wäre ohne Mitgliedschaft im Euro-Raum etwa das Schicksal Irlands dem Islands nicht unähnlich gewesen. Die Jungen Liberalen sprechen sich daher für eine konsequente Erweiterung des Euro-Raums unter strikter Beachtung der Maastricht-Kriterien auf alle Mitglieder der Europäischen Union aus. Island, Norwegen und der Schweiz gegenüber Erneuern wir das Angebot einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union insbesondere angesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen Verwerfungen.
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Ausrichtung der Notenbanken
Nach Ansicht der Jungen Liberalen sind Notenbanken ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet. Das Modell der EZB hat sich diesbezüglich bewährt und sollte auch von anderen Notenbanken übernommen werden.
Die Jungen Liberalen wissen jedoch: Zur Freiheit gehören auch die Krisen der Freiheit. Wir wissen jedoch auch, dass freie Marktwirtschaft, Wettbewerb und Freihandel seit Jahrhunderten enorme Errungenschaften für die Menschheit erbracht haben und immer und überall sämtlichen denkbaren Alternativen überlegen waren. Aus Krisen wie der aktuellen müssen diejenigen Schlüsse und Regeln abgeleitet werden, die die Marktwirtschaft im Interesse der Menschen noch besser zum Funktionieren bringen. Darüber hinaus gehenden, von einer grundlegenden Skepsis gegenüber unserem Wirtschaftssystem geprägten Bestrebungen werden die Jungen Liberalen entschieden entgegen treten. Insbesondere lehnen wir die politische Vorgabe von Gehaltsobergrenzen in Privatunternehmen, die langfristigen Staatsbeteiligungen an Unternehmen, die Verstaatlichung ganzer Industriesektoren, die weitere Fortsetzung der Verschuldungspolitik durch unnötige Konjunkturprogramme oder staatlicher Einflussnahme auf die Geldpolitik eindeutig ab.
Die Jungen Liberalen erkennen den politischen Handlungsbedarf aufgrund der aktuellen weltweiten Finanzmarktkrise historischen Ausmaßes ausdrücklich an und begrüßen die grundsätzliche Linie des im Deutschen Bundestag beschlossenen Hilfspakets für angeschlagene Finanzinstitute. Obgleich es nach liberaler Linie eigentlich nicht hinnehmbar ist, dass der Staat aufgrund von Fehlentscheidungen in Schieflage geratene Unternehmen subventionieren soll, wiegt der drohende Kollaps des weltweiten Finanzmarktes mit seinen möglicherweise katastrophalen Auswirkungen für die Menschen auch hierzulande erheblich schwerer. Um die Stabilität der globalen Finanzmärkte zu sichern, erscheint auch aus liberaler Sicht ein solch massiver Eingriff in den Finanzmarkt, wie er aktuell geplant ist, gerechtfertigt. Die Notwendigkeit schnellen Handelns rechtfertigt jedoch nicht die Ausschaltung von demokratischen Verfassungsgrundsätzen, wie insbesondere das Budgetrecht des Parlaments. Daher ist es auch weiterhin eine effektive Kontrolle der Bundesregierung und ihrer Maßnahmen durch das Parlament sicherzustellen. Gleichzeitig zeigen die aktuellen Reaktionen zum Beispiel aus Island allerdings auch die Stärke der Europäischen Union, die in der Krise trotz unterschiedlicher nationaler Gegebenheiten ihre gemeinsame Handlungsfähigkeit bewiesen hat.