Dafür erkennen wir an, dass eine barrierefreie Gesellschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht nur finanzielle Solidarität zwischen Bund, Ländern und Gemeinden erfordert, sondern auch einen Bewusstseinswandel in den Köpfen der Menschen. Wichtig ist ebenso, dass die Barrierefreiheit nicht über Zusatzkosten für die Betroffenen finanziert wird.
Politik für Menschen mit Behinderungen ist Bürgerrechtspolitik. Grundlegend ist für uns JuLis die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen, die das bisherige integrative Konzept durch die so genannte Inklusion ersetzen will und unser Wille die Situation von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Im Gegensatz zur Integration, bei der sich die Behinderten an die bestehende Gesellschaft anpassen sollen, fordert die Inklusion die Anpassung der Gesellschaft an alle ihre Mitglieder. Dabei gehen die „behinderte“ und die „nicht-behinderte“ Gesellschaft ineinander auf. Inklusion erkennt die Heterogenität der Gesellschaft als Normalität an, die von Anfang an gelebt und verstanden werden muss.
Die UN-Konvention bedarf in Deutschland noch einer konsequenten Umsetzung. Dafür ist zu allererst eine korrekte Übersetzung des englischen Ursprungstext anzufertigen, an dem sich die politischen Entscheidungsträger der Bundesrepublik orientieren können. Die Jungen Liberalen Hessen setzen sich dafür ein, dass Rechte und Nachteils-Ausgleiche für Menschen mit Behinderung sich mehr auf die Art der Behinderung und die entsprechende Benachteiligung richtet, statt allein vom Behinderungsgrad abzuleiten.
Wir sprechen und entschieden gegen jegliche Bestrebungen von Personen und Gruppierungen in der Öffentlichkeit aus, die Menschen mit Behinderungen die uneingeschränkten Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne Diskriminierungen absprechen wollen. Dazu gehören ebenso das Recht auf Leben wie das Recht auf Privatheit und eine selbstgewählte Familie.
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit ist die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen. Nur durch Barrierefreiheit ist eine uneingeschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben möglich. Diese Partizipation ist die oberste Bedingung zur freien Entfaltung jedes Individuums. Dazu gehört der Verkehr, ebenso wie Wohnungsraum und Kommunikation.
Die Jungen Liberalen fordern unbeschränkten Zugang zu Mobilität für Mitmenschen mit Behinderung. Dabei kommt gerade diese Schrankenfreieit auch älteren Mitmenschen, Schwangeren und Familien zu Gute.
Im Zuge von Renovierungsarbeiten in öffentlichen Gebäuden, im öffentlichen Personennahverkehr sowie bei Stadtsanierungen sind in Zukunft behindertenfreundliche Verordnungen umzusetzen. Bei der Umsetzung ist auf die jeweilige Haushaltslage zu achten. Die JuLis fordern ein gesundes Augenmaß zwischen Haushaltsdisziplin und Umsetzung der Verordnungen.
Aber nicht nur die öffentliche Hand steht hier in der Pflicht. Gerade Arztpraxen, Museen, Kinos und Supermärkte sind noch zu häufig nur eingeschränkt für Rollstühle, Kinderwägen oder Gehwagen zugänglich. Auch Inhaber von „semi-öffentlichen“ Einrichtungen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein.
Kommunikation mit der Umwelt ist ein maßgeblicher Faktor für ein menschenwürdiges Leben. Daher fordern die Jungen Liberalen bei öffentlichen Dokumenten eine kostenlose Bereitstellung in einer Datenform, die Vorlesungsprogramme verarbeiten können, ebenso wie eine einfachere Sprache, die jedem Bürger das Verständnis der Dokumente erleichtert. Der technische Fortschritt hat Mittel und Wege hervorgebracht, welche noch lange nicht ausgereizt werden, um Barrierefreiheit in der Kommunikation zu ermöglichen. Dazu zählen Vorleseprogramme ebenso wie Vergrößerungsmöglichkeiten. Mit diesen Mitteln sollen alle öffentlichen Homepages barrierefrei gestaltet werden. Ganz konkret unterstützen die JuLis die Forderung im Rundfunkstaatsvertrag eine gesetzliche Regelung festzuschreiben, die den deutlichen Ausbau an die untertitelten Sendungen beinhalten. Die JuLis fordern, dass innerhalb der nächsten 10 Jahre schrittweise erreicht wird, dass 100% aller Sendungen untertitelt angeboten werden. Die momentane Situation, in der in Deutschland nur 5-10% aller Sendungen untertitelt wird, ist für die rund 13 Millionen Hörgeschädigte eine Zumutung und eine klare Verletzung der Gleichstellungsgesetze von 2006, das behinderten Menschen die gleichberechtigte Teilnahme am öffentlichen Leben garantieren soll. Der Kauf von externen Produktionen zum Erreichen der aktuellen Quote ist kein adäquates Mittel zur Barrierefreiheit!
Die Jungen Liberalen bestehen auf dem Prinzip des Wunsches und Wahlrechtes des Wohnortes und fordern die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die reguläre Wohngegend. So wird Ghettoisierung vermieden und im Alltag die Anerkennung von Behinderung als Normalität gefördert.
Ebenso ist beim Neubau von sozialen Mietwohnungen darauf zu achten, dass Zubehörräume und Erdgeschosswohnungen möglichst barrierefrei zugänglich sind. Ein Zuweisungsvorrang für Menschen mit Behinderung muss bestehen. Die JuLis werden ihre eigenen Veranstaltungen insbesondere Landeskongresse und Bundeskongresse in Zukunft behindertengerecht und barrierefrei gestalten. Die FDP sollte darüber hinaus mit gutem Beispiel voran gehen und auf Bundesparteitagen Gebärdendolmetscher bereitstellen.
Bildung
Nur mit dem Zugang zu Bildung ist eine volle Entfaltung und Entwicklung des Einzelnen, seiner Talente und seiner Kreativität möglich. Nur über Bildung ist Chancengerechtigkeit in der Gesellschaft erreichbar. Daher sind wir JuLis der Überzeugung, dass sich die Ausgestaltung des Bildungswesens für Menschen mit Behinderung noch wesentlich verbessern muss. Für die Jungen Liberalen gilt der Grundsatz: „Das Kindeswohl steht an erster Stelle.“ Grundsätzlich sollen deshalb die Eltern ein freies Wahlrecht über die Schulform ihres Kindes haben. Kann das Kind gegen den Willen der Eltern in einer anderen Schulform erheblich besser gefördert werden, liegt die Beweispflicht hierfür bei der zuständigen Behörde. Je früher Menschen mit Behinderung separiert werden, desto schlechter werden ihre Ergebnisse in der weiteren Schullaufbahn. Wir JuLis fordern daher eine Inklusion Menschen mit Behinderung in den Betrieb der Regelschulen. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Maßgabe die größtmögliche individuelle und erfolgreiche Förderung des Kindes ist. Daher muss man sich der Realität stellen, dass die komplette Aufhebung der Förderschulen nicht möglich sein wird. Dafür muss in Zukunft die universitäre sowie die praktische Ausbildung des Lehrerpersonals auf diese Anforderungen angepasst werden. In Zukunft sollen Förderschulen nicht mehr räumlich getrennt von Regelschulen sein. Über gemeinsame Pausenhöfe und Aktionen wie Klassenfahrten, Projektwochen oder Theaterbesuche können Schranken und Hürden im Umgang mit Behinderten abgebaut werden.
Für die Jungen Liberalen ist das gemeinsame Aufwachsen von Kindern mit und ohne Behinderung in KiTas, Schulen und Freizeiteinrichtungen der erste Schritt, um Behinderung von Beginn des Lebens an als Teil der Vielfältigkeit zu empfinden.
Wir setzen uns für eine weitestgehende Integration in den regulären Arbeitsmarkt ein. Behindertenwerkstätten empfinden wir als grundsätzlich sinnvoll, lehnen es allerdings ab wenn dort das Element des Förderns hinter wirtschaftlichen Effizienzgedanken zurücksteht oder sogar durch Werkstätten in reguläres Wettbewerbsgeschehen eingegriffen wird.
Für uns JuLis gilt es, die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher zu optimieren. Denn die erfolgreichste Maßnahme ist es, drohende Behinderungen zu vermeiden oder durch geeignete pädagogische und therapeutische Maßnahmen Behinderungen zu bekämpfen und so die Einschränkungen zu minimieren. Hierfür müssen im Bereich von Elternvorbereitungskurse und Kindertagesstätten auch vermehrt Kompetenzen an Eltern vermittelt werden.