05.06.2022

Freiheit hat Verbündete: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen!

Wir Junge Liberale bekräftigen unsere uneingeschränkte Solidarität mit den Ukrainerinnen und Ukrainern. Mit ihrem Mut, ihrer Tapferkeit und ihrer Aufopferungsbereitschaft verteidigen sie nicht nur die Freiheit und Souveränität der Ukraine, sondern die Freiheit ganz Europas und das Gewaltverbot als Grundlage des friedlichen Zusammenlebens der Völker. Dem zollen wir höchsten Respekt. Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen, Russland muss ihn verlieren. Deshalb werden sich die Jungen Liberalen weiterhin auf allen Ebenen für eine beispiellose Unterstützung der Ukraine einsetzen. Den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands verurteilen wir aufs Schärfste. Wir werden gemeinsam mit unseren Verbündeten alle Hebel in Bewegung setzen, um das russische Regime nachhaltig zu schwächen, ohne aktiv in Kampfhandlungen einzugreifen. Von Russland darf nie wieder ein Krieg ausgehen. Deshalb fordern wir:

1. Waffen für die Ukraine: Deutschland muss alle Möglichkeiten ausschöpfen setzen, damit die Ukraine so schnell wie möglich alle Waffen, insbesondere auch schwere Waffen wie Artillerie, Panzer und Kampfjets sowie sonstige Rüstungsgüter (z.B. Schutzausrüstung, Medizin und Treibstoff) erhält, um den russischen Angriff abzuwehren und ihr gesamtes international anerkanntes Staatsgebiet zu befreien. Hierzu muss Deutschland der Ukraine alle Rüstungsgüter aus Bundeswehrbeständen liefern, auf die wir vorübergehend verzichten können und alle Rüstungsexporte der deutschen Industrie im Eilverfahren genehmigen. Dies gilt insbesondere für die bereits angefragten Altbestände von Marder- und Leopard 1-Panzern, aber auch für neu hergestellte Rüstungsgüter. Um die Lieferung von Waffen deutlich zu beschleunigen, fordern wir eine Sonderkoordinatorin bzw. einen Sonderkoordinator der Bundesregierung für Waffenlieferungen an die Ukraine. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung der Ukraine zwei Milliarden Euro für Rüstungskäufe im Rahmen der Ertüchtigungshilfe zur Verfügung stellt. Bei weiterem Bedarf der Ukraine sind diese Mittel zügig zu erhöhen. Auch begrüßen wir, dass Deutschland sich bereit erklärt hat, Bestände von NATO-Partnern wieder aufzufüllen, die ihrerseits der Ukraine Waffen liefern (Ringtausch) und die Ukrainischen Streitkräfte an eigenen Waffensystemen auszubilden. Dies wollen wir intensivieren und beschleunigen. Ergänzend muss Deutschland der Ukraine nachrichtendienstliche Information bereitstellen. Schließlich fordern wir die Bundesregierung dazu auf, Art und Anzahl der Rüstungsgüter, die der Ukraine geliefert werden, mit strategischer zeitlicher Differenz transparent offenzulegen, wie dies auch andere Staaten bereits tun. Denn wir sind der Überzeugung, dass eine Demokratie von mündigen, informierten Bürgerinnen und Bürgern lebt. Die Öffentlichkeit soll sich ein eigenes Bild davon machen können, wie Deutschland die Ukraine unterstützt.

2. Marshall-Plan für die Ukraine: Deutschland muss der Ukraine gemeinsam mit seinen Partnern umfassende humanitäre und wirtschaftliche Unterstützung gewähren. Wir begrüßen deshalb, dass die EU die Zölle auf ukrainische Importe aufgehoben hat. Bereits jetzt muss auf europäischer Ebene gemeinsam mit internationalen Partnern ein Marshall-Plan für den Wiederaufbau der Ukraine vorbereitet werden. Hierzu fordern wir, die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, um den Marshallplan unter anderem durch die eingefrorenen Reserven der Russischen Zentralbank und die konfiszierten Vermögenswerte russischer Oligarchen zu finanzieren. Weiterhin braucht es eine verstetigte finanzielle Direktunterstützung des ukrainischen Haushalts, um die Ukraine zu befähigen sich weiterhin verteidigen zu können. Wir fordern die Bundesregierung auf in Koordination mit unseren Verbündeten fiskalische Direkttransfers an die Ukraine schnellstmöglich auf den Weg zu bringen, um die Liquidität der Ukraine zu garantieren, solange der russische Angriffskrieg andauert.

3. Aufnahme und Integration von Vertriebenen: Jeder Ukrainer und jede Ukrainerin, der oder die ihr Land verlassen musste, um sich vor dem russischen Angriffskrieg in Sicherheit zu bringen, verdient unsere Hilfe und unseren Schutz. Ukrainische Staatsangehörige mit biometrischem Pass können ohne Visum einreisen. Für die Vertriebenen aus der Ukraine steht darüber hinaus eine unbürokratische Lösung zur Erlangung eines Aufenthaltstitels zur Verfügung, der auch Zugang zum Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem gewährt. Vorübergehend muss der Besitz eines Ukrainischen Passes als Ersatz für einen Aufenthaltstitel anerkannt werden. Wir müssen den Menschen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat zu uns geflohen sind, nicht nur Obdach und Schutz bieten, sondern darüber hinaus eine schnelle Integration ukrainischer Kinder und Jugendlicher in die deutsche Bildungslandschaft sicherstellen. Dazu gehört die Bereitstellung digitalen Unterrichtsformen, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, dem ukrainischen Curriculum zu folgen, die Schaffung bilingualer Schulen sowie die möglichst unbürokratische Absolvierung einer Berufsausbildung oder eines Studiums. Bisherige Studienleistungen sollen anerkannt werden.

Wir erkennen die Notwendigkeit einer medizinischen Grund- und Weiterversorgung der ukrainischen Flüchtlinge an. Insbesondere die Bereitstellung psychischer Unterstützung zur Behandlung möglicher Traumata, sowie Impfmöglichkeiten zur Erlangung eines Grundschutzes, als auch schnelle Weiterbehandlungen bereits bestehender Grunderkrankungen sind essentiell. Dies wollen wir durch Entbürokratisierungen, mehrsprachige Angebote und freiwillige Helfer:innen erlangen. Wir begrüßen hierzu den Einsatz von bilingualen Initiativen im Gesundheitswesen.

Mit dem Angriff Russlands hat sich auch die Situation für Leihmütter drastisch verändert. Die deutschen Wunschkinder können nicht direkt abgeholt werden, da sie einen deutschen Reisepass benötigen. Für die Kriegsdauer sollen diese in einem Eilverfahren ausgestellt wird, damit sich die Eltern nicht länger als notwendig in der Ukraine aufhalten. Viele Ukrainerinnen wurden vergewaltigt und vermuten eine Schwangerschaft. Deutsche Hilfsorganisationen sollen deshalb Abtreibungsmedikamente an Ukrainische Krankenhäuser liefern. Zudem sollen diese Frauen dabei unterstützt werden, direkt nach Deutschland fliehen zu können, statt nach Polen, wo sie aufgrund des dort geltenden Abtreibungsgesetzes nicht medizinisch versorgt werden.

4. EU-Mitgliedschaft für die Ukraine: Die Ukraine, aber auch Georgien und Moldau haben sich klar für einen europäischen Weg ausgesprochen. Deshalb wollen wir allen drei Staaten unverzüglich den EU-Kandidatenstatus verleihen. Die EU muss umfassende Unterstützung für eine schnelle Erfüllung der Beitrittsvoraussetzungen leisten, damit ein zügiger EU-Beitritt unter Wahrung der Kopenhagener Kriterien ermöglicht wird. Zwischenschritte können eine Mitgliedschaft in der Europäischen Zollunion sowie im Europäischen Wirtschaftsraum sein.

5. Maximale Sanktionen gegen Russland: Wir fordern sofortige, maximale Sanktionen und die vollständige politische und wirtschaftliche Isolation von Russland. Hierzu muss die EU ein sofortiges Handelsembargo, insbesondere für Energie- und Rohstoffimporte, gegen Russland verhängen und es vollständig aus SWIFT ausschließen. Die Sperrung des EU-Luftraums für russische Flugzeuge sowie das Anlegeverbot an EU-Häfen für Schiffe unter russischer Flagge begrüßen wir. Unternehmen, die im Europäischen Binnenmarkt tätig sind, muss jegliche wirtschaftliche Aktivität in Russland untersagt werden. Russische Staatsunternehmen sowie russische Unternehmen im Bereich der kritischen Infrastruktur (z.B. Raffinerie in Schwedt, Gasnetze und -speicher) einschließlich ihrer deutschen Tochterunternehmen sind zu enteignen. Dabei ist auf eine schnellstmögliche (Re-)Privatisierung und die Sicherung möglichst vieler Arbeitsplätze zu achten. Die personenbezogenen Sanktionen gegen das russische Regime sind weiter zu verschärfen und auszuweiten. Im Zuge dessen muss die EU-Kommission prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Sanktionierung der Unterstützer des russischen Regimes gemäß der Liste des “Fonds zur Bekämpfung der Korruption” von Alexei Navalny erfüllt sind und, soweit dies der Fall ist, Sanktionen verhängen. Russland ist aus allen internationalen Foren und Organisationen wie etwa dem G20-Format auszuschließen. Deutschland und die EU müssen sich auch dafür einsetzen, dass sich weitere Staaten den Sanktionen gegen Russland anschließen, insbesondere Brasilien, Indien, Indonesien, Mexiko und die Vereinigten Arabischen Emirate. Wenn die sogenannte Volksrepublik China (VR China) oder andere Staaten Russland durch Rüstungslieferungen oder die Umgehung von Sanktionen unterstützen sollten, müssen auch gegen diese Staaten scharfe Sanktionen verhängt werden.

Auch Belarus ist Kriegspartei im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Denn obwohl belarusische Streitkräfte selbst nicht aktiv in Kampfhandlungen eingreifen und der Widerstand der Zivilgesellschaft gegen die Kriegsbeteiligung enorm ist, ließ Belarus zu, dass russische Streitkräfte von Belarus aus in die Ukraine einmarschierten und gestattet weiterhin, dass von belarusischem Staatsgebiet aus Luft- und Raketenangriffe auf ukrainische Städte verübt werden. Zudem stellt die fortwährende Präsenz russischer Streitkräfte in Belarus eine Drohkulisse für die Ukraine dar und bindet Teile der Ukrainischen Streitkräfte. Deshalb wollen wir die bestehenden Sanktionen gegen Belarus, insbesondere gegen das illegitime Regime von Lukaschenka, weiter verschärfen. Hierzu gehört ein vollständiges Handelsembargo sowie ein vollständiger Ausschluss belarusischer Banken aus SWIFT. Den Aufbau einer Belarusischen Exilregierung unter Führung von Swjatlana Zichanouskaja unterstützen wir. Wir halten Belarus die Tür offen, sich gegen die Aggression des Kremls zu wehren und das eigene Landeswohl über die Machtinteressen Putins zu stellen. Eine vollständige Aufhebung der Sanktionen – unbeschadet der separat zur behandelnden Sanktionen als Reaktion auf Menschenrechtsverletzungen in Belarus – kommt aber erst in Betracht, wenn Belarus frei von russischen Soldaten ist.

Schnellstmöglich muss der Bau von LNG-Terminals in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven, die Anschaffung schwimmender LNG-Terminals und der Ausbau erneuerbarer Energien erfolgen. Hierfür kommt auch die Legalplanung oder Erteilung von Teilgenehmigungen bzw. Vorbescheiden verbunden mit einer Haftungsübernahme der Risiken für die Vorhabenträger durch die öffentliche Hand in Betracht. Den von der Bundesregierung im Rahmen des Baus der LNG-Terminals beabsichtigten Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung begrüßen wir. Der Bau der Gaspipeline zwischen Spanien und Frankreich muss auf EU-Ebene vorangetrieben werden, um eine Versorgung mit LNG aus Terminals auf der iberischen Halbinsel zu ermöglichen. Parallel muss vorhandenes Einsparpotenzial in Privathaushalten sowie der Wirtschaft genutzt werden. Hierzu setzen wir auf die Mechanismen des Marktes, Innovation und zielgerichtete Ordnungspolitik. Die Erdgasförderung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone befürworten wir. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs sind, soweit erforderlich, durch das Kurzarbeitergeld sowie Entlastungs- und Konjunkturprogramme abzufedern. Hierzu kommt auch eine Kreditaufnahme in Betracht.

Nie wieder darf Deutschlands außenpolitische Handlungsfähigkeit durch wirtschaftliche Abhängigkeiten gefährdet werden. Daher sind neue Abhängigkeiten durch Diversifizierung zu verhindern und bestehende Abhängigkeiten, vor allem gegenüber der sogenannten VR China, umgehend abzubauen. Demokratien müssen gegenüber autokratischen Staaten wirtschaftlich autark werden. Wir stellen fest: Die Idee “Wandel durch Handel” ist im Bezug auf autokratische Staaten gescheitert. Für uns als Junge Liberale war schon immer klar, dass Menschenrechte und das Völkerrecht Vorrang vor Handel haben. Freihandel und Marktwirtschaft können vor allem dort ihre positive Kraft entfalten, wo ein Mindestmaß an politischer Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gegeben ist. Mit Regimen, die systematisch Völkerstraftaten (Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord) verüben oder deren Politik auf die Erosion des völkerrechtlichen Gewaltverbots gerichtet ist, sollten demokratische Staaten keinen Handel treiben. Namentlich gehören hierzu Afghanistan, Belarus, Eritrea, der Iran, Nordkorea, Russland, Syrien und die sogenannte VR China.

6. Die Täter zur Rechenschaft ziehen: Russland verübt in der Ukraine grausame Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Daher unterstützen wir nachdrücklich die Ermittlungen des Anklägers beim Internationalen Strafgerichtshof und der ukrainischen Strafverfolgungsbehörden, welche von der EU-Beratungsmission für die Ukraine beraten werden. Die Dokumentierung von Kriegsverbrechen sollte zentral von Eurojust koordiniert werden. Kriegsverbrecher müssen individuell in Den Haag zur Verantwortung gezogen werden. Außerdem gilt es, die angebliche „Befreiung des Donbas von ukrainischen Neo-Nazis“ vor dem höchsten UN-Gericht als dreiste Lüge zu entlarven. Daher sollte Deutschland der Klage der Ukraine gegen Russland vor dem Internationalen Gerichtshof beitreten. Die sich häufenden Vorwürfe eines Genozids müssen geprüft werden. Zudem muss Deutschland den historischen Hintergründen des russischen Angriffskriegs Rechnung tragen und den Holodomor offiziell als Völkermord anerkennen. Im Zuge dessen müssen auch weitere Verbrechen Russlands, wie die polnische Operation des NKWD und die Deportationen der Inguschen, Krimtataren und Tschetschenen in der Stalinzeit, als Völkermord anerkannt werden.

7. Unterstützung der belarusischen und russischen Opposition: Wir Junge Liberale reichen all jenen in Belarus und Russland die Hand, die für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eintreten. Nur eine Überwindung großrussischer Denkmuster kann Russland einen Weg in den Kreis friedlicher europäischer Völker eröffnen. Zur Unterstützung der belarusischen und russischen Zivilgesellschaft fordern wir humanitäre Visa für Oppositionelle und desertierte Soldatinnen und Soldaten, medizinische und psychologische Hilfe für Opfer von Repression und Folter, Umzugsangebote für Unternehmen, legale Einwanderungsmöglichkeiten sowie Stipendienprogramme für verfolgte Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Angesichts der wachsenden Zensur in Russland gegen in- und ausländische Medien müssen pro-demokratische Exilstrukturen und Medien sowie die Nutzung von VPN-Apps zur Umgehung staatlicher Internetzensur gefördert werden. Das Recht der Völker auf eine selbstbestimmte, demokratische und dezentralisierte Regierungsform (Selbstbestimmungsrecht der Völker) auf dem Territorium der Russländischen Föderation erkennen wir an und wollen wir fördern. Im Einzelfall umfasst dies auch das Recht zur Sezession. Damit die Kultur und die Sprache dieser Völker im Westen nicht in Vergessenheit geraten, fordern wir nach amerikanischem Vorbild einen Europäischen Captive Nations Act, der den kulturellen Austausch mit den unterdrückten Völkern in Russland, aber auch in der sogenannten VR China, fördert.

8. Untersuchungsausschuss Kreml-Freunde: Deutschlands Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland und die jahrelange Naivität gegenüber dem russischen Imperialismus haben sich, entsprechend den Warnungen zahlreicher Expertinnen und Experten sowie unserer Partner und Freunde, als verheerend erwiesen. Die Verflechtungen zwischen deutschen Entscheidungsträgern aus Politik auf Bundes- und Landesebene und Wirtschaft auf der einen und dem russischen Regime auf der anderen Seite müssen ausführlichst und umgehend aufgearbeitet werden. Daher fordern wir einen Untersuchungsausschuss Kreml-Freunde im Deutschen Bundestag. Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV ist unverzüglich aufzulösen und das Agieren der Stiftung konsequent aufzuklären. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung, Altkanzler Gerhard Schröder die Ausstattung mit Mitarbeitenden und Büro im Bundestag entzogen hat. Wir fordern aber auch, dass Deutschland auf EU-Sanktionen gegen Schröder und weitere aktive Kreml-Unterstützer hinwirkt, soweit die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind.

9. Europäischer Bundesstaat: Wir Junge Liberale wollen Russlands Kriegstreiberei in einem vereinten Europa entgegentreten. Die Europäische Union fühlt sich dem Frieden verpflichtet und war lange Zeit der Garant für diesen auf unserem Kontinent. Da nun ein Nachbar der EU wieder Großmachtfantasien Realität werden lassen möchte, muss sich die EU nun umfassend reformieren – sowohl nach innen als auch nach außen. Wir fordern deswegen noch in diesem Jahr einen Europäischen Konvent im Sinne des Verfassungskonvents 1999/2000, der die Verträge grundlegend erneuert. Anschließend soll über die neuen Verträge durch ein europaweites Referendum entschieden werden. Für uns ist dabei klar: Das Referendum muss auch eine Abstimmung über einen Europäischen Bundesstaat sein. Der Rat der EU soll in allen Politikbereichen, insbesondere der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), mit qualifizierter Mehrheit entscheiden. Die Kommission wird verkleinert und zu einer Europäischen Regierung mit einer echten Außenministerin bzw. Außenminister. Regierungspräsidentin oder -präsident wird, wer eine Mehrheit im Parlament auf sich vereinigen kann. Anschließend schlägt die Präsidentin oder der Präsident die Ministerinnen und Minister vor, welche einzeln vom Parlament bestätigt werden. Das EU-Parlament muss ein Initiativrecht erhalten und nach einem einheitlichen Wahlrecht mit transnationalen Listen gewählt werden. Der derzeitige Vorschlag zum Europäischen Wahlrecht, mit dem nur einen Bruchteil der Europaabgeordneten über transnationale Listen gewählt werden soll, kann nur ein Anfang sein. Dabei sind verbindliche paritätische Listen und Sperrklauseln, sofern sie einseitig einzelne Parteien benachteiligen, für uns keine Option. Der Rat der EU und der Europäische Rat werden zusammengelegt. Die Mitgliedstaaten erhalten im Rat ein Initiativrecht. Der Rat und seine Untergliederungen müssen stets öffentlich tagen. Der Beitritt neuer Mitgliedstaaten sowie Verfassungsänderungen dürfen keine Einstimmigkeit, sondern nur eine Mehrheit von drei Vierteln der Mitgliedstaaten, die drei Viertel der EU-Bevölkerung repräsentieren, erfordern. Vorübergehend kann als Kompromiss die Einstimmigkeit bei Verfassungsänderungen erhalten bleiben, soweit die EU neue Politikbereiche erschließt, die Art der Zuständigkeit für bestehende Politikbereiche verändert oder der Einfluss der Mitgliedstaaten auf den Gesetzgebungsprozess betroffen ist. Die Zusammenarbeit der EU in der Verteidigungspolitik ist zu intensivieren und zügige Schritte zum Aufbau Europäischer Streitkräfte zu ergreifen. Im Zuge dessen muss in einen Dialog mit Frankreich getreten werden, um die französischen Nuklearwaffen zum Schutz der EU nutzbar zu machen. Der EU-Rechtsstaatsmechanismus muss konsequent angewandt und verschärft werden. Auf Antrag des Europäischen Parlaments oder eines Mitgliedstaates soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) Sanktionen verhängen. Der EU-Beitritt aller Westbalkanstaaten ist zu beschleunigen, ohne die Kopenhagener Kriterien aufzuweichen. Beitrittskandidaten haben die EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus vollumfänglich mitzutragen. Schließlich fordern wir weiterhin einen EU-Verteilungsschlüssel für die Aufnahme von Geflüchteten und einen EU-Binnenmarkt für Energie, damit die EU schnellstmöglich Energiesouveränität erreicht.

10. Stärkung der NATO: Wir bekennen uns uneingeschränkt zur NATO-Beistandsverpflichtung sowie zur nuklearen Teilhabe. Wir begrüßen die Aufstockung der NATO-Truppen an der Ostflanke, halten aber eine weitere Verstärkung, sowie eine Vergrößerung der NATO Response Force, für dringend erforderlich, um erstens Abschreckung zu vermitteln und zweitens einen möglichen russischen Angriff abwehren zu können. Die NATO-Russland-Grundakte ist aufzukündigen. Das betrifft auch die Stationierung von Nuklearwaffen in den neuen Mitgliedstaaten. Wir unterstützen Finnland und Schweden in ihrem Wunsch nach einem schnellen NATO-Beitritt, die aktuellen Blockadebemühungen seitens der Türkei lehnen wir konsequent ab.. Für die Dauer des Beitrittsprozesses muss Deutschland beiden Staaten gesetzlich verankerte Sicherheitsgarantien entsprechend der NATO-Beistandsverpflichtung gewähren. Auch den Beitritt weiterer Staaten wie Bosnien und Herzegowina, Georgien, Irland, Kosovo, Malta, Mexiko, Moldau, Österreich und Zypern unterstützen wir, wenn dies von den betroffenen Staaten gewünscht wird. Dazu sollte insbesondere das Programm Partnership for Peace (PfP), unter Ausschluss Russlands, ausgebaut und die Zusammenarbeit intensiviert werden. Eine Erweiterung des Programms ist zu fördern, auch über die Grenzen des NATO-Vertragsgebietes hinaus. Den Vertragsstaaten sollte eine Beitrittsperspektive zur NATO geboten werden, soweit sie Teil des nordatlantischen Raums sind. Ein NATO-Beitritt der Ukraine muss, sofern von der Ukraine gewünscht, nach Kriegsende schnellstmöglich erfolgen. Damit die Bundeswehr ihren Beitrag zur Verteidigung des Bündnisgebiets leisten kann, muss Deutschland aufrüsten. Daher begrüßen wir die Schaffung des Sondervermögens Bundeswehr in Höhe von 100 Mrd. Euro. Die dafür notwendige Ergänzung des Grundgesetzes darf die Schuldenbremse nach Art. 109 GG nicht über das Sondervermögen hinaus aussetzen und ist daher so zu formulieren, dass der politische Missbrauch eines Sondervermögens ausgeschlossen wird. Deutschland muss dauerhaft auch ohne weitere Kreditaufnahmen mindestens zwei Prozent des BIP und erforderlichenfalls auch mehr in Verteidigung investieren. Der Beschaffungsprozess muss zügig reformiert, vereinfacht und beschleunigt werden. Wir fordern ein Rüstungsexportgesetz, bestenfalls auf EU-Ebene, das sicherstellt, dass Rüstungsexporte nicht an Staaten gehen, die schwer und systematisch Menschenrechte verletzen. Rüstungsexporte an Demokratien, gerade dann, wenn sie sich gegen völkerrechtswidrige Angriffe verteidigen, sind uneingeschränkt zu genehmigen. Dies betrifft grundsätzlich die EU- und NATO-Staaten und darüber hinaus insbesondere Australien, Georgien, Israel, Japan, Moldau, Neuseeland, Südkorea, Taiwan und die Ukraine. Letzteren wollen wir nach amerikanischem Vorbild den Status eines “Major non-NATO ally” verleihen, der die bestehenden Privilegien NATO-gleichgestellter Staaten bei Rüstungsexporten fortschreibt und weitere Vorteile beinhaltet, wie gegenseitige Ausbildungsunterstützung. Ebenso wie der Export von Waffen muss auch der Export kritischer Technologien reglementiert sein. Hierzu fordern wir die Wiederbelebung des Koordinationsausschusses für multilaterale Ausfuhrkontrollen (CoCom). Zudem wollen wir deutschen Hochschulen Forschungskooperationen, auf dem Gebiet der Verteidigung und mit Bezug zu Dual-Use-Gütern, mit Hochschulen in Staaten, die Menschenrechte schwer und systematisch verletzen, insbesondere der sogenannten Volksrepublik China, untersagen.

11. Keine Zukunft für Putins Russland: Die Hoffnung auf einen Rückzug der russischen Truppen aus der gesamten Ukraine entsprechend ihren international anerkannten Grenzen und einen anschließenden Friedensvertrag geben wir nicht auf, mag es aktuell auch unrealistisch erscheinen. Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland muss Deutschland im Einvernehmen mit der Ukraine unterstützen. Es gilt, dass keine Entscheidung über die Zukunft der Ukraine ohne die Ukraine getroffen werden darf. Deutschland muss als Garantiemacht für einen möglichen Friedensvertrag bereitstehen. Eines ist jedoch unmissverständlich klarzustellen: Die Glaubwürdigkeit Russlands als international akzeptierter Vertrags- und Verhandlungspartner ist gleich Null. Eine Rückkehr zum „Business as Usual“ ist mit dem gegenwärtigen russischen Regime und im Sinne Putins agierenden Nachfolgeregimen, ausgeschlossen. Alle Sanktionen bleiben in Kraft, bis Russland sein imperiales Großmachtstreben aufgegeben hat und Putin und seine Unterstützer sich in Den Haag vor den Augen der Weltöffentlichkeit für ihre Verbrechen verantworten müssen.

 

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