Gegenwärtig werden in Deutschland täglich ca. 52 Hektar als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Die Bundesregierung hat sich in ihrer Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie jedoch das Ziel einer Reduzierung auf weniger als 30 ha pro Tag bis zum Jahr 2030 gesetzt. Die Europäische Kommission und die Vereinten Nationen fordern darüber hinaus, dass die Flächenneuinanspruchnahme nach 2020 zügig auf Netto-Null reduziert wird. Mit einer effektiven Begrenzung des Flächenneuverbrauchs leistet Deutschland somit einen Beitrag zur Erreichung der Globalen Nachhaltigkeitsziele, zudem wird die wertvolle Ressource Boden nachhaltig bewirtschaftet und ermöglicht damit eine umweltfreundliche Flächennutzung.
Wir Jungen Liberalen fordern daher, dass die Flächenneuinanspruchnahme in Deutschland zügig auf Netto-Null reduziert wird. Zur Erreichung des Ziels fordern wir basierend auf dem erfolgreichen Modellversuch des Umweltbundesamtes:
- dass die Flächenneuinanspruche rechtsverbindlich bis 2030 auf 30 ha und bis 2050 auf netto-null begrenzt wird;
- dass ein Flächenzertifikatehandel schnell auf Bundesebene mit einem gleichen Regulierungsrahmen eingeführt und umgesetzt wird;
- dass der Flächenzertifikatehandel für die Kommunen möglichst unkompliziert, unbürokratisch und digital verwirklicht werden sollte;
- dass die Rückplanung durch „Weiße Zertifikate“ belohnt wird: Der Flächenzertifikatehandel sollte den Kommunen die Möglichkeit bieten, durch Umbau-, Rückplanungs- und Rückbaumaßnahmen sowie die Revitalisierung von belasteten Flächen (Deponien oder Industriebrachen) sogenannte Weiße Zertifikate zu generieren. Hierdurch entsteht für die Kommunen ein direkter Anreiz, ihren brachliegenden und ungenutzten Bestand an Siedlungs- und Verkehrsflächen wieder in den Freiflächenbestand zurückzuführen. Zudem kann hierdurch langfristig der Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) erleichtert werden, da zusätzliche Zertifikate entstehen, wenn bisherige Siedlungsflächen planungsrechtlich zurück in den Freiflächenbestand überführt werden. Zudem sollen auch private Akteure einbezogen werden, indem ihnen erlaubt wird, der Kommune gegen ein Entgelt die Entsiegelung und Renaturierung einer Teilfläche ihres Privateigentums anzubieten. Die Kommune hingegen soll dadurch profitieren können, dass sie auf diese Weise Weiße Zertifikate generieren kann;
- dass die Wertigkeit Weißer Zertifikate anhand des monetären Werts der zu revitalisierenden Fläche in Kombination mit dem ökologischen Wert (Beitrag für die Biodiversität oder als natürliche Senkung) berechnet wird;
- eine kostenlose jährliche Zuteilung mit Verteilschlüssel Einwohnerzahl: Im Rahmen des Flächenzertifikatehandels werden alle Zertifikate vollständig kostenlos und einmal pro Jahr an die Kommunen verteilt; der Verteilungsschlüssel richtet sich vorrangig nach der Bevölkerungszahl der Kommunen;
- dass die Wirkungen des Instrumentes durch weitere Maßnahmen zur Stärkung der Innenentwicklung gesichert werden: Aufgrund der Verknappung neuen Baulandes im Außenbereich wird die Nachfrage nach Bestandsflächen steigen;
- dass weitere Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Nutzung der Wohnfläche geschaffen werden, sodass diese bedarfsgerecht genutzt werden können, ohne dabei Verschlechterungen im Bereich Öffentliche Teilhabe und soziales Umfeld hinnehmen zu müssen;
- dass eine Analyse der Innenentwicklungspotenziale und der Kosten-Nutzen-Relation unterstützt wird: Die Planungsentscheidungen der Städte und Gemeinden sollten grundsätzlich auf einer fundierten Bewertungsgrundlage getroffen werden. Hierzu gehört einerseits die genaue Prüfung von Innenentwicklungsmöglichkeiten, bevor Frei- in Siedlungsflächen umgewandelt werden. Zudem stellt der Einsatz von Kosten-Nutzen-Analysen einen zentralen Baustein für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung dar und sollte daher im Rahmen der Bauleitplanung stets Anwendung finden;
- dass die Flächenneuinanspruche auch EU-weit rechtsverbindlich bis 2050 auf netto-null begrenzt und hierfür der Flächenzertifikatehandel ab 2030 phasenweise eingeführt wird.