09.04.2005

Ein sicheres Deutschland in einer freien Welt

I. Grundlagen deutscher Außenpolitik

Kernpunkt einer liberalen Außenpolitik muss die Bewahrung der Freiheit in Deutschland und ihre Verbreitung in der Welt sein. Diesem Ziel sahen sich deutsche Außenminister von Walter Scheel, über Hans-Dietrich Genscher bis Klaus Kinkel verpflichtet. Die gegenwärtige Bundesregierung verfolgt stattdessen einen Schlingerkurs, der mehr von Populismus als von Substanz geprägt ist. Man kann nicht auf der einen Seite Menschenrechtsverstöße im Irak kritisieren und andererseits zum Tschetschenien-Krieg schweigen. Wer dem demokratischen Taiwan U-Boote verweigert, kann nicht gleichzeitig für eine Aufhebung des Waffenembargos gegenüber der Diktatur Volksrepublik China sein. Die Bundesregierung hat es versäumt, obwohl mehrfach angekündigt, eine Gesamtstrategie für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik vorzulegen. Dies zeigt überdeutlich, wie konzeptionslos Rot-Grün in diesen Fragen ist. Wer keine klare Strategie hat, wird auch nie eine tragfähige Politik entwickeln und den Menschen in unserem Land vermitteln können. Deutsche Außenpolitik muss sich an den freiheitlich demokratischen Grundwerten unseres Landes orientieren, und diese Werte müssen offensiv vertreten werden. Wenn Kanzler Schröder den russischen Präsidenten Putin einen lupenreinen" Demokraten nennt, ist dies ein Schlag ins Gesicht all‘ der Menschen, die sich in Russland für Demokratie einsetzen. Deshalb brauchen wir eine an Werten orientierte Außenpolitik, die sich aber realistischer Mittel zu ihrer Umsetzung bedient.

II. Internationale Einbindung Deutschlands

Deutschland ist fest in die internationale Staatengemeinschaft eingebunden. Wir sind aktive Mitglieder in den Vereinten Nationen, der OSZE, der EU und der NATO. Wir müssen dies als eine Chance begreifen, die Organisationen selbst und damit die internationale Gemeinschaft im Sinne unserer werteorientierten Außenpolitik zu beeinflussen. Vereinte Nationen Wir befürworten langfristig einen gemeinsamen europäischen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen sind nicht mehr als die Summe ihrer Mitglieder, dieser Realität müssen wir ins Auge sehen. Statt in Sonntagsreden die beschränkte Macht zu beklagen, müssen Politiker in Deutschland endlich massiv auf eine Reform der Organisation drängen. Hierzu zählt vor allem eine effizientere VN-Verwaltung. Die Jungen Liberalen fordern eine realistische Politik gegenüber den Vereinten Nationen. Die übersteigerten Hoffnungen in die Leistungsfähigkeit dieser Organisation haben in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur für politische Enttäuschungen gesorgt, sondern teilweise auch massive Menschenrechtsverstöße erst ermöglicht, wie sich u.a. beim Massaker im bosnischen Srebrenica 1995 gezeigt hat. Wenn die VN handlungsunfähig sind, wie momentan im Sudan zu sehen ist, müssen wir selber handeln, wenn wir und unsere Werte glaubwürdig bleiben wollen. Der Sicherheitsrat ist keine Weltregierung. Die Achtung von Freiheit und Menschenrechten in der Welt sollte nicht von einer defekten Demokratie wie Russland und einer Diktatur wie China abhängen. Europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik Wir unterstreichen unsere Forderung nach der Einführung einer Beistandsklausel in den europäischen Verfassungsvertrag. Nur auf die Weise kann die Union glaubwürdig nach außen hin für die Sicherheit ihrer Mitglieder einstehen. Eine bloße Solidaritätsklausel, wie sie bisher im Vertrag existiert, lehnen wir als unzureichend und nicht weitgehend genug ab. Eine Verdopplung von Fähigkeiten, die bereits vorhanden sind (z. B. bei der NATO), halten wir für überflüssig. Dies ist in Zeiten knapper Mittel nicht zu verantworten. Jedoch sollen die Mitglieder aktiv an einer Verbesserung der Einsatzfähigkeiten ihrer Streitkräfte arbeiten. Nach wie vor sind die Verlege- und Durchhaltefähigkeiten sowie die Möglichkeiten zur Nachrichtengewinnung unzureichend. Stattdessen muss sich die Union auf ihre Kernkompetenzen besinnen.

Diese liegen für uns im

  • politischen Dialog mit Drittstaaten;

  • Koordinierung der Politik der Mitgliedstaaten;

  • Unterstützung von Demokratisierungs- und Transformationsprozessen;

  • Schaffung von Synergieeffekten zwischen den nationalen Streitkräften durch das so genannte pooling bzw. sharing von militärischen Fähigkeiten (dies bedeutet, dass entweder nur eines oder mehrere Länder bestimmte Fähigkeiten vorhalten bzw. dass Einrichtungen oder Gerätschaften gemeinsam genutzt werden). Dies ist als erster Schritt zu einer Freiwilligenarmee zu sehen. Transatlantische Beziehungen und NATO Die Jungen Liberalen bekennen sich klar zu den transatlantischen Beziehungen. Jeden Versuch, Europa zu einer Gegenmacht zu den USA zu stilisieren, lehnen wir als gefährlich und unrealistisch ab. In den vergangen Jahren wurde besonders von der Bundesregierung, mehr das Trennende zwischen beiden Seiten des Atlantiks betont. Jedoch überwiegt das Einigende bei weitem. Die USA und wir Europäer teilen die selben Werte, wenngleich wir uns uneins sind über die einzusetzenden Mittel. Deshalb ist ein Dialog zwischen beiden Seiten notwendiger denn je. Zu diesem Zweck muss auch der Austausch zwischen den Menschen in Deutschland und den USA verstärkt werden (z. B. Schüleraustausch). Die NATO hat auch nach dem Ende des Ost-West-Konflikt ihre Bedeutung nicht verloren, auch wenn sich ihre Aufgaben gewandelt haben. Die Allianz ist nach wie vor die einzige Internationale Organisation, die in der Lage ist, die Sicherheit ihrer Mitglieder zu garantieren, Sicherheit zu exportieren (z. B. in die Staaten Mittel- und Osteuropas), Peacekeeping-Einsätze durchzuführen (beispielsweise auf dem Balkan) sowie rasch militärische Kräfte zu mobilisieren, wenn dies wie im Kosovo zur Verhinderung eines Völkermordes notwendig ist.

III. Mittel deutscher Außen- und Sicherheitspolitik

Die wichtigste Aufgabe der Bundeswehr ist es, die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Menschen zu gewährleisten sowie die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in Krisenzeiten zu bewahren. Jedoch ist das Einsatzspektrum der Bundeswehr seit dem Ende des Kalten Kriegs ständig erweitert worden. Die Streitkräfte spielen gegenwärtig eine vollkommen neue Rolle, die vor allem im Peacekeeping und im so genannten Nation Building in so entfernten Ländern wie Afghanistan liegt. Hierfür muss die Bundeswehr so strukturiert werden, dass sie konzeptionell, personell und materiell auf die veränderten Anforderungen reagieren kann. Deshalb fordern die Jungen Liberalen:

Wer Soldaten in Auslandseinsätze schickt muss sicherstellen, dass sie die bestmöglich Ausrüstung zu ihrem Schutz haben;

Vorschriften, die für Deutschland konzipiert wurden, aber die Sicherheit der Soldaten im Einsatz gefährden, müssen sofort geändert werden; die Aussetzung der Wehrpflicht mit dem Ziel, Ressourcen für Auslandseinsätze zu schaffen;

zügigere Umstellung der Bundeswehr auf leichte, rasch verlegbare Kräfte sowie

den Ausbau der Fähigkeiten zur zivil-militärischen Zusammenarbeit (CIMIC) in Auslandseinsätzen. Aktive Menschenrechtspolitik Menschenrechte müssen im Mittelpunkt jeder deutschen Außenpolitik stehen. Dies bedeutet, dass diese unabhängig von der spezifischen Bedeutung des jeweiligen Landes dieselbe Rolle spielen müssen. Es ist unerträglich, die windelweiche Politik der Bundesregierung gegenüber Staaten wie Russland, dem Iran oder China mit ansehen zu müssen. Aus diesem Grunde fordern wir eine Politik der klaren Worte und Taten, die folgende Elemente beinhalten muss:

  • Öffentliche Thematisierung von Menschenrechten, ob dies Diktatoren passt oder nicht;

  • Verknüpfung von Entwicklungshilfe an die Entwicklung der Menschenrechte;

  • schlaue Sanktionen (smart sanctions) gegen die Länder, die sich nicht an elementare Standards der Menschenrechte halten, z. B. durch Einfrieren von Geldern sowie

  • diplomatische Unterstützung der politischen Opposition in Diktaturen.

Entwicklungshilfe

Die Unterentwicklung weiter Teile der Welt ist ein drängendes Problem. Allerdings sind wir nicht der Auffassung, dass dies durch eine Beschränkung des Welthandels gelöst werden kann. Vielmehr sehen wir allgemein die Globalisierung als eine Chance, dass auch die ärmeren Staaten der Welt an unserem Wohlstand partizipieren können. Entwicklungshilfe muss noch stärker als bisher als Hilfe zu Selbsthilfe verstanden werden. Die Lieferung von Lebensmitteln etc. kann nur in Ausnahmefällen sinnvoll sein. Ein Abbau der Verschuldung von Entwicklungsländern kann nur dann erfolgen, wenn dies gleichzeitig mit inneren Reformen in den Ländern einhergeht. Die Unterstützung bei der Geburtenkontrolle, dem Kampf gegen die genitale Verstümmelung von Frauen und bei der Eindämmung von HIV/ AIDS, besonders in den Staaten Afrikas, ist nicht nur moralisch geboten, sondern schafft erst die Voraussetzungen für ein langfristige politische und wirtschaftliche Entwicklung der Länder. Nur Handel schafft Wohlstand. Aus diesem Grunde fordern wir ein Ende der Abschottung europäischer Märkte z. B. im Agrarbereich für die Produkte aus Entwicklungsländern. Dies ist die einzige Strategie, durch die auf Dauer Wohlstand erzeugt werden kann. Auswärtige Kulturpolitik Die Verbreitung unserer Werte muss einen zentralen Punkt in unserer Außenpolitik einnehmen. Diesem Ziel dient im besonderem Maße auch die auswärtige Kulturpolitik. In den vergangenen Jahren wurden sowohl die Ausgaben für die Goethe-Institute als auch für die Arbeit der politischen Stiftungen im Ausland deutlich reduziert. Dieser Trend muss umgekehrt werden. Bei der auswärtigen Kulturpolitik geht es nicht um Deutschtümelei , sondern darum, dass wir aktiv Freunde in der Welt gewinnen und deutlich machen, dass Freiheit ein universeller Wert unabhängig von Herkunft, Rasse oder Religion ist. IV. Ziele für eine neue deutsche Außenpolitik ab dem Jahre 2006 Die Jungen Liberalen erwarten von der nächsten Bundesregierung, die im Jahre 2006 wieder einen liberalen Außenminister haben wird:

  • eine werteorientierte Außenpolitik nicht nur in Worten, sondern auch in Taten;

  • den Ausbau der Europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit dem Ziel der Effizienzsteigerung, jedoch nicht mit der Absicht, eine Gegenmacht zu den USA zu bilden;

  • ein klares Bekenntnis zu den Transatlantischen Beziehungen;

  • eine aktive Menschenrechtspolitik;

  • die Förderung der Entwicklung durch Handel als Kern jeder Entwicklungshilfepolitik sowie

  • die Förderung der auswärtigen Kulturpolitik mit dem Ziel der Verbreitung von Freiheit und Demokratie in der Welt.

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