25.10.2003

Die FDP, die wir wollen!

Eine dringend nötige Debatte über die Strategie und Rolle der FDP hat begonnen. Die Jungen Liberalen haben bereits nach der Bundestagswahl 2002 auf ihrem Bundeskongress in Hannover unter dem Titel Machen wir s besser: 2002 2006 Vorschläge beschlossen. Viele damalige Vorschläge sind auch heute noch aktuell, da sie leider nicht berücksichtigt und auch nicht umgesetzt wurden. Die Julis wollen sich an der Strategiedebatte mit weiteren Vorschlägen beteiligen. Die FDP, die wir wollen, vertritt offensiv den ganzheitlichen Liberalismus und kämpft für die größtmögliche Freiheit aller Menschen. Die Jungen Liberalen unterstützen alle, die unsere Strategievorstellungen verfolgen.

Viel zu lange ist diese Strategiedebatte vernachlässigt, ja sogar unterdrückt worden. Wer sich aber einer ehrlichen Analyse der Fehler verweigert, kann nicht wieder das nötige Selbstbewusstsein für kommende Wahlen finden. Anfang 2003 konnte die FDP noch mit Erfolgen bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen von dem Substanzgewinn der vergangenen Monate zehren. Danach wurden selbst kleine Zugewinne von der Führung noch als große Erfolge gesehen. Mit solchen Beschönigungen muss Schluss sein!

Die FDP hat – laut Umfragen – lediglich in den Bereichen Steuern und Bildung eine nennenswerte Kompetenzzumessung in Höhe der Wählerschaft. Eine allgemeine Kompetenz die Zukunftsprobleme Deutschlands zu lösen, wird der FDP nicht zugesprochen. Anderen Parteien hingegen wird in bestimmten Themen mehr Kompetenz zugesprochen als sie Wählerschaft erreichen. Deutschland diskutiert Fragen der Außenpolitik, Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheitswesen und der Altersversorgung, doch die FDP wird nicht wahrgenommen.

Wir kämpfen für den Erfolg liberaler Ideen, wir kämpfen für eine starke FDP.

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Die FDP muss wieder erkennbar und wahrnehmbar werden: nu

  1. Die Jungen Liberalen fordern das Bundespräsidium der FDP auf, gemeinsam mehr Verantwortung für die Profilierung der Partei zu übernehmen. Die Teamleistung in der FDP-Führung ist indiskutabel. Wir erwarten, dass alle Mitglieder des FDP-Präsidiums entweder bereit sind, sich einen gehörigen Ruck zu geben und gemeinsam mit den anderen Präsidiumsmitgliedern für den dringend notwendigen Impuls zu sorgen, oder ihr Amt zur Verfügung stellen und es geeigneteren Personen überlassen. Es ist für eine liberale Partei selbstverständlich, dass Führungspositionen ausschließlich durch persönliche Leistung legitimiert werden.

  2. Die FDP hat sich in ihrem Grundsatzprogramm Wiesbadener Grundsätze gegen eine Gefälligkeitspolitik gestellt und will liberale Ordnungspolitik vertreten. Gerade in jüngster Zeit ist die klare ordnungspolitische Linie aus Rücksichtnahme auf vermeintliche Wählerklientel verlassen worden. Damit hat die FDP durch Fehlentscheidungen in einigen Punkten insgesamt an Glaubwürdigkeit verloren. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen Einschnitte nötig sind, sind ein ganzheitlicher Reformansatz, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit unerlässlich. Die FDP täte gut daran, endlich auch Kürzungen und Einschnitte aufzuzeigen, die den Wohltaten in Form von Steuersenkungen oder verbesserten Bedingungen für Familien entgegenstehen. So lange dies nicht geschieht, werden die Wählerinnen und Wähler die FDP nicht als seriöse, regierungsfähige Kraft wahrnehmen. Wer Wettbewerb, Deregulierung und Marktwirtschaft als Leitlinien setzt, muss diese auch bei der Beamtenbesoldung, beim Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung zur Selbständigkeit, bei der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern und beim Arzneimittelversandhandel, beim Föderalismus, bei der Eigenheimzulage und bei Subventionen in der Landwirtschaft zum Maßstab nehmen. Auch die Abschaffung des Ehegattensplittings zugunsten besserer Familienförderung muss endlich auf die liberale Agenda gesetzt werden. Die Jungen Liberalen haben immer wieder für eine stringente Linie geworben und sind leider unterlegen. Die FDP muss diese Fehlentscheidungen korrigieren. Die FDP wird nicht als Vertreterin einiger Berufsgruppen Erfolg haben, sondern als Partei für alle Menschen, die die liberale Geisteshaltung teilen. Wir wollen, dass die FDP um ihrer selbst willen und aufgrund eines überzeugenden Programms gewählt wird.

  3. Die FDP muss wieder inhaltlich interessant und spannend werden. Immer mehr Bürgerbewegungen gerade auch im bürgerlichen Milieu gründen sich und äußern ihre Unzufriedenheit über den Reformstau. Die FDP muss verstärkt diese Menschen ansprechen und ihnen eine politische Heimat bieten. Nach dem Antisemitismus-Streit hat die FDP an Akzeptanz in Kunst, Kultur und Wissenschaft verloren. Die FDP muss diese Akzeptanz wieder gewinnen. Die FDP soll dazu die inhaltliche Arbeit verstärken und die programmatische Diskussion intensivieren. Lebendige Diskussionen sind nicht ein Mangel an Geschlossenheit, sondern ein Zeichen von Stärke und Lebendigkeit. Bundesparteitage sind zur Programmdiskussion da und nicht zur Wiederholung der bisherigen Beschlusslage. Gerade der Bundesvorsitzende und die Generalsekretärin müssen sich kommenden Themen widmen und nicht glauben, mit Tagespolitik die kurzfristige Zustimmung zu finden, aber den langfristigen Erfolg zu vernachlässigen. Die Julis fordern daher einen Think tank von externen Experten. Die JuLis fordern eine Offensive der Bundespartei, den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen zu führen.

  4. Liberale Politik ist immer auch Lebensgefühl. Wir müssen den Menschen zeigen, dass wir mit dem Herzen Politik machen und nicht mit dem Taschenrechner. Die FDP muss ihr Vision von Deutschland den Menschen vermitteln. Die FDP hat es aber bisher nicht ausreichend verstanden, dieses liberale Lebensgefühl anzusprechen. Daher fordern wir innovative und unkonventionelle Kampagnen. Verpackung und Inhalt gehören zusammen. Die besten Ideen, das beste Programm bewirken nichts, wenn sie nicht vermittelt werden können. Die FDP muss wieder mutiger in ihrer politischen Kampagnearbeit werden. Die Zurückhaltung nach der verlorenen Bundestagswahl muss endlich aufgegeben werden, um die Wahrnehmung der FDP zu verstärken. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Wer selbst ängstlich handelt kann kaum glaubhaft Innovationsfreude und Unternehmergeist einfordern. Wer selbst ängstlich handelt kann Deutschland nicht nach vorne bringen. Deshalb sehen die JuLis Progressivität und Mut als Voraussetzung für Führungspersonal der FDP. Wer auch immer diese Voraussetzung nicht erfüllt, kann nicht mit Schonung und noch viel weniger mit Unterstützung von Seiten der Jungen Liberalen rechnen.

  5. Die festgefahrenen Strukturen der FDP haben sich als wenig kampagnenfähig herausgestellt. Deshalb ist eine Maximierung der Kampagnenfähigkeit der FDP zügig umzusetzen. Themen und Kampagnen sollen zukünftig in Koordination mit den Vorfeldorganisationen mit kurzer Reaktionszeit organisiert werden.

Die nächste bundesweite Wahl ist die Europawahl am 13. Juni 2004. Ohne Funktionsargument und ohne eine bestehende FDP-Vertretung im europäischen Parlament muss die FDP durch Programm und Personen überzeugen. Die Jungen Liberalen wollen für einen weiteren Integrationsprozess in Europa werben. Daher wollen wir alle Fehlentwicklungen kritisieren und für Verbesserungen werben. Den EU-Verfassungsentwurf begrüßen wir und sehen noch Verbesserungsbedarf. Durch eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung in Deutschland wollen wir die Identifikation mit einer europäischen Verfassung und mit Europa insgesamt stärken. Vorhaben, einen europaskeptischen Wahlkampf zu führen, erteilen wir eine Absage. An einem Wahlkampf gegen Europa werden sich die Jungen Liberalen nicht beteiligen.

Wir setzen uns für eine Liste überzeugender Kandidaten und Kandidatinnen auf der Europaliste ein, die kompetent für europäische Politik und die Erneuerung der FDP stehen. Wir werben für eine Liste junger Leute, für die Europa gelebte Wirklichkeit ist. Wir kämpfen für einen vorderen Platz für unseren Spitzenkandidaten auf der Europaliste.

  1. Ziel der liberalen Oppositionsarbeit ist die Vorbereitung auf die Regierungs-übernahme zum frühest möglichen Zeitpunkt, den schließlich wollen wir unsere besseren Lösungen umsetzen. Vorschläge sollen nicht nur in der Politik diskutiert werden, sondern die besseren Lösungen wollen Liberale umsetzen. Die FDP ist dennoch keine Regierung im Wartestand. Erst recht darf sich die FDP in der Opposition nicht wie eine Regierungsfraktion aufführen. Wer den Kompromiss schon im Kopf hat, stellt nicht die Alleinstellungsmerkmale heraus und verwischt das Profil. Es darf keine Koalition in der Opposition geben. Es gibt auch kein vermeintliches Lager, in dem die FDP Artenschutz genießt. Die Julis fordern die Rückkehr zur Strategie der Unabhängigkeit. Wir wollen keine Totalblockade der Regierung. Dort wo die anderen Parteien vernünftige Vorschläge machen, soll die FDP diese unterstützen. Die FDP wird nicht gewählt, wenn sie versucht es jedem recht zu machen. Die FDP braucht liberale Politik pur. Spätestens 2006 wollen wir die FDP gestärkt in der Regierung sehen. Dazu gehört Mut und keine falsche Verzagtheit! Die FDP muss ihre Oppositionsrolle endlich mutig annehmen! Sie muss agieren und die Regierung vor sich hertreiben, statt nur zu reagieren. Die FDP muss Vorreiter in der politischen Debatte sein.

  2. Die FDP wird mit zu wenig Themen wahrgenommen. Wir brauchen endlich eine Verbreiterung der Themen. Die FDP ist Kraft des ganzheitlichen Liberalismus. Themen wie Bürgerrechte, Familienpolitik, ein ehrlicher Umgang mit der Globalisierung und Umweltschutz gehören dabei auf die Agenda der FDP. Das Führungspersonal muss die Themen stellvertretend für den Ansatz des ganzheitlichen Liberalismus repräsentieren. Persönliche Animositäten im Präsidium müssen überwunden werden. Mitglieder des Präsidiums müssen auch dann in relevanten politischen Themen präsent sein, wenn es nicht ihre eigenen Schwerpunktthemen sind.

  3. Die FDP soll sich zu einer Partei fürs ganze Volk entwickeln. Die FDP überzeugt aufgrund ihres Programms und wendet sich grundsätzlich an alle liberal eingestellten Menschen. Die FDP darf keine falschen Rücksichtnahmen auf vermeintliche Klientel nehmen. Klientelpolitik ist immer Politik für Wenige zu Lasten vieler. Klientelpolitik ist nicht sozial und noch viel weniger liberal. Wer an Klientelpolitik festhält, der ist nicht geeignet die einzige liberale Partei in Deutschland führen zu können.

  4. Im nächsten Jahr steht die Wahl eines neuen Bundespräsidenten oder einer neuen Bundespräsidentin an. Auf die FDP-Stimmen in der Bundesversammlung kommt es dabei an. Die JuLis fordern einen eigenen Kandidaten oder eine eigene Kandidatin der FDP für das Bundespräsidentenamt. Entscheidungen für Personen sind keine Koalitionsaussagen für kommende Wahlen.

  5. Die JuLis fordern die FDP auf, wieder auf den offensichtlich aufgegebenen Eigenständigkeitskurs zurückzukehren. Die FDP wird als Oppositionspartei immer als Alternative zu rot-grün gesehen. Umso wichtiger ist die Abgrenzung zu anderen Oppositionspartei CDU/CSU. Wir erwarten von der FDP weiterhin den Verzicht auf eine Koalitionsaussage. Die FDP entscheidet von Wahl zu Wahl und aufgrund inhaltlicher Übereinstimmungen über Koalitionen.

  6. Die FDP muss stärker ihre Rolle im Bundesrat nutzen. Über ihre derzeit fünf Regierungsbeteiligungen kann die FDP konkret Einfluss auf die Gesetzgebung üben. Diesen Einfluss muss sie stärker als bisher nutzen. Die Koordination der so genannten F-Länder funktioniert immer noch nicht. Wir erwarten von den liberalen Vertretern in den Landesregierungen mit FDP-Beteiligung, dass sie mit der Bundes-FDP für eine bessere Wahrnehmung der FDP-Positionen im Bundesrat sorgen. Wir fordern das Präsidium der FDP auf, hier für eine klare Zuständigkeit zu sorgen.

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