24.11.2023

Damit sich Arbeit lohnt – für einen modernen und leistungsorientierten Sozialstaat

Wir sind als Liberale davon überzeugt, dass Leistung sich lohnen muss. Wir glauben an die Schaffenskraft und die Eigenverantwortung des Individuums. Die Möglichkeit freiwillig zum gegenseitigen Vorteil zu handeln, ist somit Grundlage der spontanen Ordnung, die unsere Marktwirtschaft konstituiert. Wir sind als Junge Liberale auch davon überzeugt, dass es zur Aufgabe einer Gesellschaft gehört, Menschen zu helfen, die hilfsbedürftig sind. In Anbetracht der Tatsache, dass jede Person in ihrem Leben in eine unvorhersehbare Situation geraten kann, die oftmals mit finanzieller Unsicherheit einhergeht und deren Bewältigung eine große Belastung darstellt, bedarf es einer modernen, unbürokratischen, und fairen Grundsicherung, die den individuellen Bedürfnissen jedes Individuums Rechnung trägt und gleichzeitig die soziale Teilhabe und Integration fördert. 

Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, alle Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass Menschen möglichst rasch wieder eine Beschäftigung finden und somit aktiv am Arbeitsleben teilnehmen können, wobei die Förderung und gleichzeitig auch die Aufforderung zur Eigenverantwortung eine zentrale Rolle spielen. Somit ist völlig klar, dass sich Arbeit immer mehr lohnen muss als das Beziehen von Sozialleistungen. Die Bürgergeldreformen werden unserem liberalen Anspruch der Leistungsgerechtigkeit nicht gerecht und daher sehen wir Handlungsbedarf, um die arbeitende Bevölkerung zu entlasten und gleichzeitig einen aktivierenden Sozialstaat zu gestalten, der Anreize für Beschäftigung setzt. 

1. Sofortmaßnahmen für Leistungsgerechtigkeit

Die wirtschaftliche Krisensituation und die langanhaltende Inflation treffen alle Menschen in Deutschland. Insbesondere die Mitte der arbeitenden Bevölkerung leidet unter den hohen Preisen sowie der hohen Steuer- und Abgabenlast. Es ist richtig, dass einkommensschwache Menschen gerade in Krisenlagen unterstützt werden. Sobald die Unterstützungsmaßnahmen einseitig das Beziehen von Sozialleistungen attraktiv machen und Erwerbstätige die doppelte Last stemmen müssen, wird die Funktionsfähigkeit des Sozialstaates und der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet. 

Die gesetzlich vorgegebenen Erhöhungen des Bürgergeldes verringern den Abstand zwischen der Summe an beziehbaren Sozialleistungen und Netto-Erwerbseinkommen von Geringverdienern, wodurch Leistung sich insgesamt weniger lohnt. Das ist wirtschafts- und gesellschaftspolitisch nicht vermittelbar. 

Daher fordern wir Junge Liberale:

  • Die Ermittlung des Anspruchumfangs der notwendigen Aufwendungen sowie deren Berechnungs- und Bemessungsverfahren sorgfältig zu überprüfen, um zu garantieren, dass Bürgergelderhöhungen verfassungskonform sind und gleichzeitig das Lohnabstandsgebot nicht untergraben.
  • Das Steuer- und Sozialhilferecht muss dem verfassungsrechtlich verankertem Lohnabstandsgebot vollumfänglich Rechnung tragen. Dies ist derzeit nicht gegeben. Der Gesetzgeber ist aufgefordert den gesetzlichen Rahmen unverzüglich anzupassen. Dabei darf eine Erhöhung des Mindestlohns keinesfalls Vehikel für die Einhaltung des Lohnabstandsgebots sein.
  • Die konsequente Ausschöpfung von Sanktionsmechanismen. Sofern Menschen vorsätzlich Arbeitslosigkeit herbeiführen, um Bürgergeld zu beziehen, sollen unter anderem Sperren des ALG-I und Leistungsminderungen im Sozialgesetzbuch II konsequent angewendet werden. Gründe für die Ablehnung eines Jobangebots der Bundesagentur für Arbeit müssen auch beschränkt werden. Dazu zählen insbesondere aber nicht ausschließlich Ablehnungen z.B. wegen eines “sittenwidrigen Gehalts”.
  • Statt der Übernahme von Wohn- und Nebenkosten, soll das Bürgergeld mit dem Wohngeld und dem Wohnkostenzuschuss zusammengelegt und in Form einer Pauschale ausgezahlt werden. Die Pauschale soll sich am Durchschnitt des günstigsten Drittels der Mietpreise der jeweiligen Region orientieren.  
  • Den Einkommensteuerfreibetrag und den Einkommensteuertarif an die kalte Progression, also insbesondere Inflations- und nominale Einkommensentwicklung, anzupassen und aneinander zu koppeln. Der individuelle Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer soll schnellstmöglich auf 24.000 Euro pro Jahr angehoben werden. Die Freibeträge für die Zusammenveranlagung bei Eheleuten werden entsprechend angepasst.
  • Damit nicht nur diejenigen entlastet werden, die Steuern zahlen, braucht es außerdem eine deutliche Senkung der Sozialbeiträge. Als Sofortmaßnahme, um immer höhere Sozialbeiträge direkt zu stoppen, fordern wir eine gesetzliche Haltelinie für alle einführen, sodass die Summe der Sozialabgaben nicht 40% überschreiten dürfen. Nach dem Reformen Wirkung zeigen, soll diese sukzessiv gesenkt werden. Außerdem braucht es eine weitere Anhebung der Mini- und Midijobgrenzen.

Sozialpolitik braucht Innovation – Eine Bürgergeldreform die den Namen verdient

Der Deutsche Sozialstaat hat strukturelle Probleme. Ein Bundeshaushalt, der zu 60 Prozent für Sozialausgaben aufgewendet wird und zu 90 Prozent aus festen gesetzlichen Ansprüchen besteht, ist fiskalpolitisch untragbar und schränkt wichtige Spielräume für die eigentlichen Aufgaben des Bundesstaates ein. Während die besonders großen Belastungen für den Bundeshaushalt durch die Zuschüsse in die Rentenkassen entstehen, ist auch eine Reform des Bürgergeldes wichtig. Auch wenn die Bürgergeldreform maßgeblich durch die FDP aufgewertet wurde, braucht es dennoch eine grundlegende Reform der Sozialpolitik in der Bundesrepublik. Daher fordern wir Junge Liberale die Zusammenlegung aller sozialpolitischen Maßnahmen in ein einziges Instrument.

Das Bürgergeld soll nach dem Prinzip der negativen Einkommensbesteuerung strukturiert werden und damit die wesentlichen steuerfinanzierten Sozialleistungen dauerhaft ersetzen. Ohne Erwerbseinkommen beträgt die ausgezahlte negative Einkommensteuer die Summe aus reformiertem Regelbedarf und pauschalisierten Wohnkosten. Je verdientem Euro sinkt die negative Einkommensteuer ab, aber so, dass sich Mehrarbeit stets lohnt. Erst ab einem Erwerbseinkommen von 24.000 € fällt “positive” Einkommensteuer an.

Personen, die sich in Qualifizierungsmaßnahmen befinden, die durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert werden, gelten als erwerbstätig und erhalten entsprechend eines angemessenen Sockelbetrags pro geleisteter Stunde in der Weiterqualifizierung das Bürgergeld entsprechend. Das Bürgergeld ist steuerfrei und wird somit nicht auf den individuellen Freibetrag der Einkommensteuer angerechnet. 

Für Asylsuchende wird eine Leistung ähnlich der Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz fortgeführt. Diese sollen nur über eine elektronische Bezahlkarte verfügbar sein. Die Bezahlkarte soll den Abfluss von Kapital ins Ausland effektiv einschränken. Staatliche Konsumkontrollen oder -einschränkungen über die Bezahlkarte, wie von Markus Söder vorgeschlagen, lehnen wir ab. Das Ziel der elektronischen Bezahlkarte ist es, für Leistungsempfänger minimalinvasiv zu sein und gleichzeitig Deutschland und der EU effektiven Verhandlungsspielraum im Rahmen von Rückführungsabkommen zu geben. Darüber hinaus machen wir uns für eine Harmonisierung des Sozialleistungsniveaus für Asylbewerber innerhalb der EU stark, um Sekundärmigration zu begrenzen.   

Zuwanderer und Schutzsuchende sollen schon im Verlauf der Prüfung des Aufenthaltsstatus möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. Bis eine Arbeitsstelle gefunden ist, sollen die aktuell schon möglichen Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den Einrichtungen ausgeweitet und verstärkt genutzt werden.

Dadurch kann eine umfassende Entbürokratisierung der Sozialverwaltung durchgeführt werden. Finanzämter, Familienkassen, Wohngeldstellen und alle weiteren Ämter der Sozialverwaltung sollen administrativ zusammengeführt und umfassend digitalisiert und automatisiert werden. Der Personalbestand der Sozialverwaltung soll dadurch auch deutlich verringert werden. Die aktive Arbeitsmarktförderung, z.B. in Form von Berufsberatung, Qualifizierung und Arbeitsvermittlung bleibt bestehen.

In diesem Zusammenhang bekräftigen die Jungen Liberalen ihr Bekenntnis zur Abschaffung überflüssiger oder schädlicher Arbeitsmarktregulierung, wie dem gesetzlichen Mindestlohn.   

Für eine offene Gesellschaft in der sich Menschen gegenseitig helfen

Mit den unveräußerlichen Grundrechten eines jeden Individuums geht die Eigenverantwortung einher. Zum gewissenhaften Nutzen der persönlichen Freiheit gehört die Verantwortung des Individuums als Teil der Zivilgesellschaft. Dazu gehört die Unterstützung von Bedürftigen und leistungsschwächeren Mitgliedern der Gesellschaft. Leistungsstärkere sollen durch ihr Wirken zur Verbesserung der Chancen aller beitragen. Ein Sozialstaat, der so ausufert, dass er Menschen in Abhängigkeit zwingt oder durch eine unverhältnismäßige Abgabenlast die Mittel zur privaten Wohltätigkeit nimmt, ist nicht sozial. 

Wir als Liberale sind überzeugt, dass dezentrale und freiwillige Lösungen grundsätzlich besser funktionieren als zentrale staatliche Umverteilung. Daher wollen wir das unbezahlbar wichtige ehrenamtliche Engagement von Menschen stärken. Dazu gehört eine allgemeine Senkung der Abgabenlast, aber insbesondere auch indem Spenden für gemeinnützige oder wohltätige Zwecke umfangreicher in der Einkommensteuererklärung abgesetzt werden können. Zudem sollen auch für Unternehmen Sachspenden steuerrechtlich und bürokratisch vereinfacht werden. Die Umsatzbesteuerung von Sachspenden wollen wir aus diesem Grund abschaffen.  

Weitere Beschlüsse

21.08.2024

Women´s rights are human rights

Die Förderung und der Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen sind von grundlegender Bedeutung für die Verwirklichung von Freiheit,...
21.08.2024

Demokratie statt Räterepublik

In der Politik sollten Ideen, nicht Identitäten zählen.Die Jungen Liberalen stehen zu unserer parlamentarischen Demokratie, die Ideen und Vorschläge statt...
21.08.2024

Deutschland soll brennen!

Der verantwortliche suchtfreie Drogenkonsum ist Teil unserer Gesellschaft. Bei Alkohol kommt eine tiefe gesellschaftliche Verankerung als Genussmittel und Kulturobjekt hinzu.Unnötige...
Kategorien:
Filter Beschluss Organ
Mehr anzeigen