Die Herausforderungen unseres Gesundheitssystems sind in Deutschland vor allem im Laufe der Corona-Pandemie aufgefallen. Die Knappheit von notwendigen Arzneimitteln besteht jedoch bis jetzt. Während der Pandemie wurden teilweise bürokratische Hürden gelockert, die jetzt wieder zurück an die Tagesordnung kommen sollen. Wir Jungen Liberalen glauben, dass wir aus dieser Zeit lernen sollten und schlagen eine präventive Strategie vor, um mit Arzneimittelknappheiten umzugehen. Diese darf jedoch nicht nur national gedacht sein, sondern muss im Verbund der EU stattfinden. Dafür fordern wir folgende zehn Punkte:
- Im Rahmen der Corona-Pandemie wurde Apotheken mit Hilfe der SARS-CoV-2-AM VersVO unter anderem ermöglicht, bei Nicht-Verfügbarkeit von Arzneimitteln, diese ohne weiteren Arztkontakt und bürokratische Hürden auszutauschen, ohne eine Retaxierung seitens der Krankenkassen befürchten zu müssen. Diese Sonderverordnung wurde immer wieder verlängert und im Rahmen des § 423 SGB V ins V. Sozialgesetzbuch aufgenommen. Da dieser Paragraph erneut eine zeitliche Beschränkung (01.08.2023) aufwies, fordern wir diesen langfristig ins SGB V aufzunehmen, so dass die Patientenversorgung in Zeiten von Engpässen ohne große Hindernisse für Patient und Apotheken gewährleistet ist. Pharmazeuten sollten anhand von sinnvollen Kriterien nach eigenem Ermessen entscheiden können, wann eine Inanspruchnahme dieser Regelung sinnvoll ist. Somit könnte man eine weitere Belastung von Patient und ärztlichem Personal vermeiden. Die Regelungen, die im ALBVVG festgehalten wurden, halten wir als Junge Liberale für nicht ausreichend.
- Wir fordern weiter, dass die sogenannte 0-Retaxierung, also eine Retaxierung über die gesamte Erstattungssumme, abgeschafft wird.Von einer Retaxierung oder Retaxation spricht man, wenn die Krankenkasse die Erstattung eines Arzneimittels, das die Apotheke bereits an den Patienten abgegeben hat, verweigert. Häufige Gründe für Retaxierungen sind Missachtungen der Rabattverträge, fehlende Arztunterschriften oder Gültigkeitsüberschreitungen, oder Formfehler beim Ausstellen der Rezepte in den Praxen. Es kann teilweise bis zu 12 Monate dauern, bis die Apotheke von der Krankenkasse über eine solche Retaxierung informiert wird. Die Konsequenz: Apotheken müssen in dieser Zeit immer das Risiko einkalkulieren, die Kosten des Arzneimittels ggf. nicht erstattet zu bekommen. Dieser finanziellen Unsicherheit möchten wir, als Junge Liberale, entgegenwirken.
- Eine Rezeptur vor Ort herstellen zu dürfen, bedeutet, verschiedene Vorgaben zu erfüllen. Darunter auch die Anwesenheit von Fachpersonal, die die Herstellung prüfen. Durch gestiegene Personal- und Materialkosten, muss eine gerechte Vergütung, unabhängig von den Rabattverträgen der Krankenkassen, ermöglicht und angestrebt werden.
- Auch Arztpraxen sollten verpflichtend im engen Austausch mit der ABDA bzw. der AMK stehen und die Apotheken entlasten, indem direkt Alternativpräparate, die aktuell lieferbar sind, verschrieben werden. Dies sollte natürlich auch ohne jegliche Retaxierungs-Möglichkeiten seitens der Krankenkassen möglich sein. Hierzu wäre es sinnvoll, die aktuellen Verfügbarkeiten in die Praxissoftwares einzugliedern.
- Wir fordern ein Rolling-Review-Verfahren ähnlich der Zulassung beim Covid-19-Impfstoff zu etablieren, in dem die Bewertung von Datenpaketen der nichtklinischen und klinischen Entwicklung eines Arzneimittelkandidaten bereits begonnen wird, bevor alle erforderlichen Daten für einen Zulassungsantrag erhoben sind. Zudem fordern wir eine beschleunigte Zulassung bei Arzneimitteln aus anderen EU-Ländern mit ähnlichen Standards, die dort schon zugelassen sind.
- Um eine bessere Austauschbarkeit von Arzneimitteln aus EU-Ländern mit ähnlichen Standards zu ermöglichen und auszuweiten, fordern wir, die Etikettierung von Arzneimitteln möglichst international zu gestalten z.B. durch QR-Codes, über die auf die Packungsbeilage in verschiedensten Sprachen zugegriffen werden kann. Im Falle von technischen Schwierigkeiten können diese, wie es bereits jetzt schon der Standard ist, in Apotheken ausgedruckt und mitgegeben werden. Zudem fordern wir eine Ausweitung des §73 (3) AMG, der sich mit dem Einzelimport von Medikamenten aus dem Ausland befasst. In Zeiten eines Engpasses sprechen wir uns für die Möglichkeit aus Medikamente ohne ministerielle Erlaubnis in größeren Mengen zu importieren.
- Ein wichtiger Grundsatz für uns Junge Liberale ist die Technologie- und Innovationsoffenheit. Aus diesem Grund sollten wir Forschungsprojekte wie z.B. eines der FAU Erlangen-Nürnberg zum Thema Medikamenten-Recycling unterstützen und fördern. Außerdem sollten auch Projekte zur Vereinfachung von Arbeitsschritten in Apotheken gefördert werden.
- Arbeit muss sich lohnen. Neue Wirkstoffe und Medikamente zu entwickeln ist oft teuer und kostspielig. Junge Liberale halten strikt gegen die Forderung von Einzelpersonen, Patente für Arzneimittel aufzulösen. Diese Forderung kam insbesondere während der Covid-Pandemie auf, als es darum ging, den Impfstoff nicht zu patentieren und somit billiger verkaufen zu können. Diese Rechnung ist jedoch eine Nullrechnung, da davon auszugehen ist, dass der Impfstoff ohne die Idee anschließend die Kosten für die Entwicklung wieder zu verdienen vermutlich nicht so schnell entwickelt worden wäre. Herstellern soll es selbstverständlich weiterhin offen gestellt werden, ihre Arzneimittel lizenzfrei zur Verfügung zu stellen.