Über Wehrfähigkeit statt Wehrpflicht sprechen

Nachdem der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius die Aussetzung der Wehrpflicht als Fehler bezeichnet hatte, hat sich zu dieser eine Debatte entfacht. Auch die Jungen Liberalen, unabhängige Jugendorganisation der Freien Demokraten, melden sich nun zu Wort. Die Bundesvorsitzende Franziska Brandmann erklärt dazu:

“Mit der Debatte über die mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland tun wir niemandem einen Gefallen. Gesellschaftspolitisch wäre die Wehrpflicht ein gewaltiger Schritt zurück. Die Träumereien mancher konservativer Politiker, durch diese der ‘Jugend von heute’ dadurch vermeintlich ‘Anstand und Manieren’ beibringen zu können, sind heute genauso deplatziert wie bei der Aussetzung der Wehrpflicht vor zwölf Jahren. Ein solch massiver Eingriff in die persönliche Freiheit junger Menschen lässt sich dadurch sicherlich nicht rechtfertigen. Auch für unsere Wirtschaft wäre es angesichts des Fachkräftemangels, der inzwischen fast alle Berufsfelder erreicht hat, politisch unverantwortlicher Wahnsinn, hunderttausende Jugendliche, die in den Arbeitsmarkt eintreten wollen, davon ein ganzes Jahr lang abzuhalten. Als Junge Liberale lehnen wir die Wiedereinführung der Wehrpflicht entschieden ab. 

Vor allem aber ist diese Debatte schädlich, weil sie uns sicherheitspolitisch nicht weiterführt und stattdessen von tatsächlich sinnvollen Debatten ablenkt. Alleine die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur, um jedes Jahr eine sechsstellige Gruppe an Wehrpflichtigen in die Bundeswehr zu integrieren, dürfte einen Großteil des Sondervermögens verschlingen, das eigentlich bereitgestellt wurde, um die Wehrfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen. Der Verteidigungsminister sollte sich deshalb nicht an Debatten über die Wehrpflicht aufhängen, sondern stattdessen seine ganze Kraft in den effizienten Einsatz des Sondervermögens stecken, um die Bundeswehr auszurüsten und die Ukraine weiter mit Waffenlieferungen zu unterstützen”, so Brandmann weiter.

“Wie der Militärexperte Carlo Masala feststellt, verlangen die Anforderungen des 21. Jahrhunderts an eine moderne Armee kein Massenheer, sondern bestens ausgebildete Profis. Bei der Aufstellung einer modernen Armee wäre die allgemeine Wehrpflicht also sogar hinderlich. Auch der Blick auf einige unserer Verbündeten – seien es die USA, Großbritannien oder Polen – zeigt, dass eine Wehrpflicht nicht nötig ist, um wehrfähig zu sein. Stattdessen braucht es schnellstmöglich eine umfangreiche und tiefgreifende Reform des Beschaffungswesens mit mehr Verantwortung für die Truppe, weniger Bürokratie und einer Anpassung des Vergaberechts sowie eine Stärkung der Reservistenverbände als Bindeglieder zwischen Militär und Zivilbevölkerung.”