KUHLE-Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“

Anlässlich des 68. ordentlichen Bundesparteitags der Freien Demokraten, der am bevorstehenden Wochenende in Berlin stattfindet, gab der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis), Konstantin KUHLE, der „Süddeutschen Zeitung“ das nachfolgende Interview für deren morgige Ausgabe. Die Fragen stellte Bernd Kastner (http://www.sueddeutsche.de/politik/juli-vorsitzender-kuhle-nicht-nach-afghanistan-1.3482103):

 

Wollen Sie ein wenig frech sein?

KUHLE: Wenn wir einer Position der FDP nicht zustimmen, sagen wir das auch öffentlich. Vor allem versuchen wir, diese auf dem Parteitag zu ändern. Bisher steht im Wahlprogramm nur allgemein, dass man Abschiebungen intensivieren soll. Wir wollen, dass sich die Partei zu Afghanistan positioniert.

Generell keine Abschiebungen mehr?

KUHLE: Wir sind nicht grundsätzlich dagegen. Aber wir haben große Zweifel, ob man in ein Land, auf das die USA gerade die größte nicht-nukleare Bombe geworfen haben, die Menschen guten Gewissens zurückschicken darf. Man muss doch nur die Sicherheitsberichte lesen. Derzeit gehen Abschiebungen nach Afghanistan gar nicht.

Selbst aus grün regierten Ländern wird dorthin abgeschoben, und die Bundesregierung verweist auf die aus ihrer Sicht sicheren Gebiete in Afghanistan.

KUHLE: Die Grünen sind ja nicht die äußerste Grenze der Liberalität. Und die Bundesregierung verschleiert, dass es ihr nicht gelungen ist, eine kohärente europäische Flüchtlingspolitik zu befördern, im Gegenteil. Sie hat viele Alleingänge unternommen, ein Chaos ist entstanden. Das führt dazu, dass man Menschen in ein Land schickt, das nicht sicher ist. Es stünde der FDP gut zu Gesicht, die Regierung dafür zu kritisieren. Die FDP muss sich ihrer Rolle als Bürgerrechtspartei erinnern. Das Grundrecht auf Asyl ist Bestandteil unserer Werteordnung, die man verteidigen muss.

Ihr Parteichef strebt eine „Generalinventur“ der Asylpolitik an. Was müsste aus ihrer Sicht verändert werden?

KUHLE: Wir brauchen dringend legale Fluchtwege nach Europa. Also die Möglichkeit, im Ausland humanitäre Visa zu beantragen. Wir müssen dafür mit EU-Grenzländern kooperieren, mit den nordafrikanischen Staaten, mit Libanon, Jordanien. Die Asylprüfung müsste über deutsche Botschaften oder neue europäische Asyl-Zentren laufen. Und wir wollen das Einwanderungsrecht vom Asylrecht trennen. Die FDP spricht zu oft von Einwanderung, wenn es um Flüchtlinge geht. Das hat nichts miteinander zu tun. Oder wollen wir einen, der gerade im Mittelmeer ertrinkt, fragen, welchen Hochschulabschluss er hat? Das wäre ja pervers.