03.07.2017

Sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt ist ein immenses gesellschaftliches Problem, das sich durch alle sozialen Schichten zieht und bei Weitem nicht nur wenige Ausnahmen darstellt. Sexualisierte Gewalt stellt einen Angriff auf die Würde eines jeden Opfers dar und jeder kann davon betroffen sein. Das öffentliche Bewusstsein in Bezug auf sexualisierte Gewalt ist nach wie vor oftmals noch nicht vorurteilsfrei und mit Fehleinschätzungen verbunden. Staat und Gesellschaft sind gleichermaßen gefragt dem Einhalt zu gebieten: Sowohl der Kampf gegen Gewalttaten, insbesondere durch Prävention, als auch durch ein hochqualitatives Hilfs- und Unterstützungsangebot für Gewaltbetroffene sind elementare Ansatzpunkte.

Sexualisierte Gewalt ist nachfolgend i. S. v. 13. Abschnitt StGB “Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung” (§174 – 184g) zu verstehen. Um gesellschaftlicher Bagatellisierung und Tabuisierung entgegen zu wirken muss die Aufklärung ausgeweitet werden, daher fordern die Jungen Liberalen:

  • Aufklärung der Öffentlichkeit über sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungsmythen durch Integration in den Lehrplan an Schulen und entsprechende Aufklärungs-Kampagnen des Staates bzw. seiner Einrichtungen. Insbesondere sollte auch Augenmerk darauf gelegt werden über Formen sexueller Belästigung aufzuklären.
  • Eine dem Alter entsprechende Aufklärung im Sexualkundeunterricht für eine selbstbestimmte Sexualität und einen toleranten, selbstbewussten Umgang mit Sexualität – auch entsprechend organisierte und verifizierte Institutionen wie beispielsweise Profamilia oder Projekte wie beispielsweise „Mit Sicherheit verliebt“ können diese Aufgabe übernehmen.

Insbesondere die Polizei als exekutives Vollzugsorgan des Staates ist mit Fällen sexualisierter Gewalt betraut. Die Jungen Liberalen fordern sowohl den Bund als auch die Länder auf, folgende Maßnahmen umzusetzen:

  • Fortbildung aller Polizisten, die aufgabenfeldbedingt mit Opfern sexualisierter Gewalt in Berührung kommen (könnten) in puncto
    • Bandbreite der Betroffenen, um der Angst der Betroffenen vor weiterer Diskriminierung oder Bagatellisierung entgegenzuwirken
    • Psychosoziale Notfallversorgung insbesondere im Hinblick auf dem Umgang mit Traumata
  • Hilfe für die Helfer: die gesicherte Finanzierung von psychosozialer (Notfall-) Versorgung wie Einsatzkräftenachsorge sowie das Bekanntmachen dieser Möglichkeiten um Sekundärtraumata entgegenzuwirken.
  • Regelmäßige Supervision aller Polizisten, die mit sexualisierter Gewalt in Berührung gekommen sind.
  • Eine bessere finanzielle Ausstattung für die Präventionsarbeit der Polizei. Hierzu zählt auch, genügend finanzielle Mittel für die spezielle Ausbildung von Polizisten, die in der Präventionsarbeit arbeiten sollen, bereit zu stellen.

Immer noch wird nur ein Bruchteil der Sexualdelikte angezeigt – im Falle einer Anzeige kommt es auch nur bei einem Bruchteil zur Verurteilung. Dennoch kann bei Opfern ein Wunsch nach medizinischer Nachsorge bzw. Versorgung sowie Spurensicherung bestehen, ohne dass eine Anzeigebereitschaft besteht, denn ein Verfahren bedeutet für das Opfer oftmals eine hohe Belastung. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein beachtlicher Teil der sexualisierten Gewalttaten im häuslichen oder privaten Umfeld stattfindet, weswegen sich die Opfer häufig erst nach Jahren zu einer Anzeige entschließen können. Hier gilt es die Möglichkeiten für Betroffene auszubauen, deswegen fordern wir:

  • Die flächendeckende Einführung der Anonymen Spurensicherung als vorgelagerte Maßnahme für ein eventuell späteres Ermittlungsverfahren. Es ist ein Rechtsanspruch auf kostenlose anonyme Spurensicherung vorzusehen.
  • Bundesweit standardisierte Verfahrensweisen bei Vorstellung im medizinischen Versorgungssystem: Eine Abweisung von Opfern sexualisierter Gewalt, wie sie vor einiger Zeit in Köln bekannt wurde, ist nicht hinnehmbar.
  • Finanzierung staatlicher und angemessene finanzielle Unterstützung nicht- oder teilstaatlicher Institutionen wie Beratungs-,Hilfe- und Anlaufstellen wie z.B. Opferberatungsstellen, Männer- und Frauenhäuser, Hilfetelefon usw.
  • Das Hilfetelefon des BFSFJ ist dahingehend umzubenennen und umzugestalten, dass es neben “Gewalt gegen Frauen” auch für “sexualisierte Gewalt” offen ist.
  • Bundeseinheitliche Qualitätskriterien für die psychosoziale Prozessbetreuung
  • Rechtsanspruch auf den kostenfreien Zugang für Betroffene sexualisierter Straftaten zu psychosozialer Prozessbetreuung
  • finanzielle Planungssicherheit für die Anbieter der psychosozialen Prozessbetreuung, insbesondere Finanzierung notwendiger Fortbildungsmaßnahmen
  • Einführung des Zeugnisverweigerungsrechts für Fachkräfte, die im Rahmen der psychosozialen Prozessbetreuung wirken

Im Kontext von Sexualdelikten wird oftmals nur an Frauen und Kinder gedacht. Forschungsergebnisse zeigen, dass aber weitaus mehr Personengruppen von sexualisierter Gewalt betroffen sind – hier werden teils spezielle Maßnahmen benötigt um der Personengruppe gerecht zu werden. Deswegen fordern die Jungen Liberalen:

  • Eine umfassende gesellschaftliche Aufklärung über sexualisierte Gewalttaten an Männern, Homosexuellen, Bisexuellen, Transgendern, Intersexuellen, Gefängnisinsassen und Menschen mit Behinderungen.
  • Die Erweiterung des Gewaltschutzgesetzes, sodass auch Betroffenen, die wegen geistiger oder körperlicher Behinderung oder Pflegebedarf in Einrichtungen untergebracht sind, dort Schutz gewährt werden kann.
  • Die Förderung von zielgruppenspezifischer Aufklärung in entsprechenden Institutionen, die die Menschen zu einem selbstbewussten Umgang mit Sexualität befähigt.

Die Istanbul-Konvention ist von der Bundesrepublik Deutschland schnellstmöglich zu ratifizieren.

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