Die deutsche Entwicklungshilfe war zuletzt oft negativ besetzt in den Medien. Immer wieder entsteht der Eindruck, dass die finanziellen Mittel, die wir als Land zur Verfügung stellen und die Ländern mit schwacher Infrastruktur und Versorgungslage unterstützen sollen, nicht sinnvoll eingesetzt werden.
Wir Jungen Liberalen fordern daher eine kritische Überprüfung der deutschen Ausgaben und ein Umdenken in der Entwicklungshilfe allgemein
1. Grundsätze liberaler Entwicklungshilfe
Wir Jungen Liberalen unterstützen grundsätzlich die Ziele der Entwicklungszusammenarbeit und der damit verbundenen Leistungen (ODA). Eine gut organisierte und lebensnahe Entwicklungshilfe kann für strukturschwache Regionen und Länder, die oft von multikausalen Krisenherden wie durch Konflikte vor Ort oder den Klimawandel gebeutelt sind, große Unterstützung bieten. Angesichts der wachsenden strategischen Abwägungen vieler Entwicklungs- und Schwellenländer zwischen einer Hinwendung zum Westen oder zu autoritären Staaten wie Russland eröffnet sich hier eine zentrale Chance für wirtschaftliche Partnerschaften.
Und doch gilt für uns: Entwicklungszusammenarbeit muss ihren Kern vor allem im Transfer von Know-How und Innovationen haben, anstatt auf einmaligen finanziellen Zuwendungen, die keine strukturellen und damit langfristigen Lösungen bieten.
Zudem sollen Projekte im Regelfall gründlich und langfristig geplant werden, möglichst unbürokratisch durchgeführt und damit auf ihre Wirkung hin ausreichend kontrolliert werden. Ebenfalls muss klar benannt und eingepreist werden, dass Entwicklungshilfen auch dazu da sind, Fluchtursachen zu mildern, um weniger Menschen Anlass zur Flucht nach Europa und Deutschland zu geben. Es sollten vor diesem Hintergrund insbesondere solche Länder von deutscher Entwicklungshilfe profitieren, mit denen erfolgreich Rückführungsabkommen abgeschlossen werden konnten.
Nicht zuletzt muss die Entwicklungszusammenarbeit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden, aber auch aus sich heraus transparenter werden, um populistischen Narrativen und Falschinformationen, die ODA allgemein zu delegitimieren, weniger Nährboden haben. Dazu braucht es vor allem:
2. Eine durchdacht finanzierte Entwicklungszusammenarbeit
Wir Jungen Liberalen …
- fordern ein Moratorium für neue Abschlüssen von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit bis zur Beendigung der Überprüfung laufender Projekte durch das zuständige Bundesministerium und den Bundesrechnungshof.
- erkennen an, dass in der aktuellen Haushaltslage die Entwicklungszusammenarbeit einer noch strengeren Kontrolle unterzogen werden muss als bisher. Während die Rufe nach Lockerungen der Schuldenbremse zur Finanzierung notwendiger Infrastruktur in Deutschland immer größer werden, darf im Etat der Entwicklungshilfe kein Cent verschwendet werden.
- sehen – vor allem aufgrund der aktuellen Entwicklungen der UNWRA – die Ausgaben an die UN und ihre Hilfswerke im Rahmen der ODA als besonders unter Kontrolle zu stellen an.
- fordern eine transparente Überprüfung der Gelder an die GIZ aus dem Etat der deutschen Entwicklungshilfe, der vom Rechnungshof undurchsichtige Finanzen und eine Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen wird.
- Für Staaten in denen autokratische bis totalitäre Machthaber jegliche Gewalt über die Verwendung von Entwicklungszahlungen haben, setzen uns dafür ein, zivilgesellschaftliche Organisationen, lokale Initiativen und vertrauenswürdige Partner*innen in autokratisch regierten Staaten gezielt zu fördern, sofern dies menschenrechtskonform und transparent möglich ist. Direkte staatliche Zahlungen sollen in diesen Fällen ausgeschlossen werden.
3. Rationale Kategorisierung statt Missmanagement und Verschwendung
Um das Bild der Entwicklungszusammenarbeit in der Gesellschaft kurz- und langfristig zu verbessern, darf kein Geld in Projekte fließen, in denen der Eindruck der Verprassung von finanziellen Mittel aufkommt. Dafür fordern wir…
- eine klare Aufteilung von nicht zurückzuzahlender Entwicklungshilfe in Form von finanziellen Hilfen im Vergleich zu Krediten, die zurückgezahlt werden soll. Unterschieden werden soll in folgenden zwei Kategorien:
- Kategorie A: Know-How oder Geldausgaben nur für lebensnotwendige Strukturstärkungen, wie zum Beispiel im Bereich der Gesundheit, der Infrastruktur für Ernährung und Trinkwasser sowie für entsprechende Anliegen in der Katastrophenhilfe. Über die Rückzahlung der Ausgaben entscheiden die Verträge im Einzelfall. Klimaschutzprojekte können bei besonderer Dringlichkeit ebenfalls in Kategorie A fallen.
- Kategorie B: finanzielle Förderung für nicht lebensnotwendige Strukturstärkungen wie Radwege oder ähnliche Projekte. Diese soll Kredite beinhalten, die grundsätzlich verzinst zurückzuzahlen sind. Ebenfalls unter Kategorie B sollen sämtliche Kongresse oder Tagungen fallen, die zum Thema der Entwicklungshilfe abgehalten und von Deutschland mitfinanziert werden.
- Ausgaben an NGOs oder Dritte sollen einzelfallabhängig eingeordnet werden, eine Einordnung in Kategorie A ist jedoch besonders begründungsbedürftig.
- dass maximal 35 Prozent der Ausgaben in der Entwicklungshilfe in Kategorie B fließen. Die Mehrheit des Etats soll in zielgerichtete und notwendige Projekte der Entwicklungshilfe fließen, was damit gewährleistet wird.
- setzen uns für eine enge Kontrolle von Projekten in Ländern ein, in denen Korruption, autoritäre Herrschaft oder massive Menschenrechtsverletzungen bestehen. Projekte mit nachweislicher Wirkung für die Zivilgesellschaft – insbesondere für Frauen, Minderheiten und LGBTQ-Personen – sollen möglich bleiben, auch wenn staatliche Bedingungen schwierig sind. Projekte mit staatlichen Akteuren müssen ausgesetzt werden, wenn eine menschenrechtskonforme Zusammenarbeit nicht möglich ist.
4. Langfristige Entwicklung deutscher Entwicklungshilfe
Die Entwicklungshilfe ist ein wichtiger Teil der deutschen Politik. Entwicklungsländer an entscheidenden Stellen zu unterstützen, hat bisher eine hohe Priorität gehabt und es ist wichtig, dass dies auch weiterhin so bleibt.
Dass Deutschland als zweitgrößter Geldgeber der Entwicklungshilfe eine relevante Rolle einnimmt, wird schnell deutlich. Für die Jungen Liberalen ist klar, dass Deutschlands Beitrag zur Entwicklungshilfe mit 0,7% des BNE bestehen soll.
Allerdings muss auch nach den vorgeschlagenen Reformen eine ständige Kontrolle der Ausgaben und Projekte erfolgen. Wenn Länder wie China eine ökonomische Unabhängigkeit erreicht haben, müssen Projekte organisiert, aber dennoch zügig, auslaufen.
Zudem setzen wir JuLis uns dafür ein, dass unter Regierungsbeteiligungen der Freien Demokraten eine Integration des BMZ in das Auswärtige Amt erfolgt; dies ergibt nicht nur in engerer inhaltlicher Abstimmung Sinn, sondern baut auch entwicklungspolitische Doppelstrukturen ab.
Im Einklang mit der Vertiefung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in der Europäischen Union, wollen wir langfristig auch die nationalen Maßnahmen zur Entwicklungszusammenarbeit auf Ebene der Union bündeln und dabei durch den Abbau von Doppelstrukturen Kosten sparen.
5. Deutsche Unternehmen involvieren
Technologien sollen dort bezogen werden, wo sie effizient und kontextgerecht zur Verfügung stehen. Bei Schlüsselprojekten mit Know-how-Transfer sollen deutsche Unternehmen bei gleichwertiger Eignung bevorzugt berücksichtigt werden, insbesondere wenn lokale Kapazitäten fehlen.