Deutschlands Kapital liegt in den Köpfen – und zwar in allen.
Deshalb brauchen wir insbesondere an den Stellen im dreigliedrigen Schulsystem eine Verbesserung, an denen die größten Schwierigkeiten bestehen. Eines der dringlichsten Probleme besteht nach Ansicht der Jungen Liberalen bei den Hauptschulen.
Der Ruf der Restschule , den die Hauptschule vielerorts innehat, verschlechtert nicht nur die Motivation an dieser Schulform, sondern sorgt auch dafür, dass sich diese Schulen tatsächlich mehr und mehr zu einem Auffangbecken für Problemfälle jeglicher Art entwickeln.
Hauptschulen haben größtenteils ihre Stärke, die praktische Ausrichtung, und damit auch ihr Profil verloren. Die Wirtschaft und das Handwerk klagen über mangelnde Kenntnisse und Fähigkeiten der Lehrlinge und stellen vielfach nur noch Realschüler an, was wiederum zu mangelnden Berufschancen der Hauptschüler, zu einer Frustrationssteigerung und dadurch wiederum zu schwächeren Leistungen und einer Vielzahl sozialer Probleme führt. Viele Schüler beenden daher schon frühzeitig ihre Schullaufbahn und haben es anschließend ohne Abschluss erheblich schwerer, der Arbeitslosigkeit zu entgehen.
Der Abwärtstrend an der Hauptschule sorgt auch dafür, dass Eltern ihr Kind nicht auf diese Schulform schicken wollen und daher an einer anderen Schulform anmelden. Oft kehren diese Kinder in höheren Klassen als Schulwechsler an die Hauptschule zurück und bringen dann ihren aufgestauten Schulfrust mit, der das Arbeiten in überfüllten Klassen noch zusätzlich erschwert. Die sogenannten Problemschüler erfordern die gesamte Aufmerksamkeit der Lehrer, für die normalen Schüler bleibt meist zu wenig Zeit und diese geraten aus dem Blickfeld, auch aus dem der Politik.
Daher sehen die JuLis dringenden Handlungsbedarf gerade im Bereich der Hauptschule, folgende Hauptproblembereiche müssen dringend angegangen werden:
1) Problem Hauptschule = Restschule
Die Sprache ist die Grundlage allen Lernens
Sowohl Kinder mit der Muttersprache Deutsch als auch Kinder mit einer anderen Muttersprache haben oftmals erhebliche Defizite im Umgang mit der deutschen Sprache. Diese Mängel wirken sich jedoch auf alle Lernbereiche aus. Aus Sicht der JuLis sind vor allem zwei Dinge erforderlich, um hier Verbesserungen zu erreichen:
– Eine intensive Sprachförderung für Kinder mit Deutschschwierigkeiten muss schon im Kindergarten und in der Grundschule stattfinden, nur wenn die Sprache als Grundlage allen Lernens beherrscht wird, können frühzeitige Verständnislücken vermieden und behoben werden.
Schüler mit Sprachproblemen sollen nicht zwangseingeschult werden, sondern gegebenenfalls im Alter von 4-5 Jahren einen längeren Sprachkurs vor der Einschulung in die Grundschule absolvieren.
– Kinder mit Sprachproblemen/Migrationshintergrund, die von ihrer Begabung her an eine andere Schule als die Hauptschule gehören, dürfen nicht an diese abgeschoben werden, sondern sollen in der entsprechenden Schulform oder extern speziell gefördert werden. Als Anhaltspunkt für die Einordnung eines Kindes können ähnliche Tests wie die zur Korrektur des Grundschulgutachtens (s.o.) herangezogen werden.
Gezielte Förderung
Um eine intensivere Betreuung und Förderung gewährleisten zu können und vernünftige Unterrichtsbedingungen zu schaffen, müssen die Klassenstärken erheblich reduziert werden.
Den Schulen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, ein sozialpädagogisches Angebot zu schaffen. Hierzu erhält jede Schule die Möglichkeit, einen Sozialpädagogen einzustellen, dieser muss jedoch zuvor beim Landesministerium beantragt und von dort genehmigt werden. Die Schule entscheidet selbst, ob sie jemanden fest an der Schule anstellt oder mit anderen Trägern, wie zum Beispiel Trägern der offenen Jugendarbeit, zusammenarbeitet.
Auch die Lehrer selbst müssen verstärkt sozialpädagogisch qualifiziert werden. Daher soll in ihrer Ausbildung der praktische Teil verstärkt werden und sie sollen Diagnosefähigkeiten und psychologische Kenntnisse erwerben.
Der Pädagogik wird während des Studiums ein deutlich größeres Gewicht beigemessen.
Das Nachmittagsangebot der Hauptschulen muss ausgebaut werden. Hierbei soll ein Ganztagsangebot entstehen, dass freiwillig ist.
Profil der Hauptschule stärken
Die Hauptschule muss Vorzüge gegenüber anderen Schulformen aufweisen. Hier kommt es darauf an, das Profil der Hauptschule als praxisorientierte und auch handwerkliche Schule zu stärken.
Der Unterricht findet daher wieder vermehrt praxis-/ und projektbezogen statt.
Die Kenntnisse aus dem Unterricht sollen fächerübergreifend in den praktischen Teil eingebunden werden. Die praktische Umsetzung soll je nach Alter unterschiedlich erfolgen:
– Für die Klassen 5-7 finden ergänzend zum Unterricht vormittags verpflichtende AGs statt, die Schüler können wählen, an welcher AG sie teilnehmen wollen, sie müssen aber mindestens eine AG belegen. Die Angebote sollen einen handwerklichen, praktischen Schwerpunkt haben, z.B. Töpfern, Nähen, Holzarbeiten, Elektronik, etc. Innerhalb der AGs werden einzelne Arbeiten vom Schüler erstellt. Die AGs werden jeweils zum Halbjahr neu gewählt, der Schüler muss mindestens vier verschiedene AGs in den drei Jahren belegt haben.
– In den Klassen 8-10 finden verpflichtende Projekte ergänzend zum Unterricht statt, hier arbeiten Schüler der drei Jahrgangsstufen gemeinsam an einem Projekt, wie z.B. dem Bau eines Gartenhauses, der Gestaltung des Schulhofs, dem Kulissenbau für Theateraufführungen, aber auch an Projekten, die außerhalb der Schule zum Einsatz kommen können.
Um dieses größere Projekt durchführen zu können, gibt es auch hier, aufbauend auf die AGs aus den vorherigen Jahrgängen, eine Art Wahlpflichtfach. Man kann sich zwischen Gruppen entscheiden, die für verschiedene Arbeitsbereiche stehen, z.B. die Gärtner, die Maler, die Zimmerer, die Maurer usw.. Die Schüler erarbeiten sich durch den allgemeinen Unterricht und durch projektbezogene Hilfen in den Gruppen die Kenntnisse, die sie benötigen, um die Arbeiten auch praktisch selbst umsetzen zu können. Die Arbeitsbereiche sollen sich bewusst an verschiedenen Berufszweigen orientieren und die spätere Berufswahl vorbereiten.
Es sollten nach Möglichkeit auch Externe (z.B. ortsansässige Handwerker) in die Projekte, vielleicht aber auch schon die AGs, eingebunden werden. Sie können so den Schülern bei der praktischen Umsetzung unter die Arme greifen und gleichzeitig für ihren Beruf werben. Hier besteht auch für beide Seiten die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
2) Problem: Lehrermangel und fachfremder Unterricht
Attraktivität des Berufs Hauptschullehrer stärken
Die Aufgaben eines Hauptschullehrers sind vielschichtig und stehen in der Höhe der Anforderungen der eines Realschul-/ oder Gymnasiallehrers in nichts nach. Dennoch ist bislang der Verdienst eines Hauptschullehrers um ca. 300 im Monat geringer.
Wir JuLis finden, Hauptschullehrer machen andere, aber keine weniger wichtige Arbeit, deshalb fordern wir die Anhebung der Besoldungsstufe von A12 auf A13.
Bei den Beförderungschancen sind die Hauptschullehrer ebenfalls schlechter gestellt als ihre Kollegen an anderen Schulformen. Auch hier gilt: Gleiche Chancen für alle!
Das Wichtigste für einen guten Lehrer ist neben seiner Ausbildung die Motivation. Deshalb ist es wichtig, dass niemand, der sich für eine andere Schulform interessiert und nicht an der Hauptschule unterrichten möchte, gezwungen wird, dort zu arbeiten. Es darf keine Zwangsversetzung von Grundschullehrern an die Hauptschule geben! Vielmehr müssen Anreize geschaffen werden, den Arbeitsplatz Hauptschule attraktiver zu machen. Unser Konzept zur Stärkung der Hauptschule ist hier der richtige Weg.
Fachfremden Unterricht eingrenzen
Das Ausmaß des fachfremd erteilten Unterrichts ist erschreckend: Mehr als die Hälfte des Unterrichts wird an mancher Hauptschule fachfremd erteilt. Das ist nach unserer Ansicht zu viel. In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, Unterricht auch fachfremd zu erteilen; Dies sollte aber mit Rücksicht auf die Qualität des Unterrichts und das tiefergehende Wissen eines Fachlehrers die Ausnahme bleiben und nicht zur Regel werden.
3) Problem: Schlechte Berufschancen
Allgemeinbildung verbessern
Um die Berufsaussichten für Hauptsschulabsolventen zu verbessern, muss in erster Linie das Gesamtniveau der Bildung angehoben werden. Daher sind für uns Mindestanforderungen in den Kernfächern Deutsch, Mathe und einer Fremdsprache unabdingbar. Um diese kontrollierbar zu machen und ihnen mehr Bedeutung zu verschaffen, werden nach den Klassen 9 und 10 Abschlussprüfungen geschrieben. Die Prüfungen nach Klasse 9 entscheiden, zusammen mit den sonstigen Noten, über die Einstufung in der Klasse 10 ( A oder B, also Hauptschulabschluss oder mittlere Reife). Die bestandene Prüfung nach Klasse 10 verleiht, zusammen mit den sonstigen Noten, den jeweiligen Abschluss.
Frühzeitige Einblicke in die Berufswelt
Um bestehende Vorurteile gegen Hauptschüler abzubauen und die Suche nach einem Ausbildungsplatz zu erleichtern, müssen die Kontakte zwischen Schule und Unternehmen verstärkt werden. Dies kann über die Einbindung von Betrieben bei den Praktika und den Schulprojekten in den Jahrgängen 8 10 geschehen.
Die Schüler sollen ab der achten Klasse regelmäßige Praktika über einen längeren Zeitraum absolvieren.
Mit Hilfe dieser Einblicke wird es den Schülern auch erleichtert, sich für einen Berufswunsch zu entscheiden.
4) Problem: Qualität steigt nur zusammen mit der Motivation
Die Motivation ist da die Qualität steigt
Oberstes Ziel ist es, bei den Schülern Spaß am Lernen zu wecken und ihnen Hoffnung für ihre Zukunftsaussichten zu geben.
Durch den verstärkten Praxisbezug erkennen die Schüler, wozu sie die theoretischen Kenntnisse aus dem Unterricht brauchen und was man damit anfangen kann. Mit Hilfe der Projekte und AGs setzen sie diese auch direkt um und üben sie dadurch ein. Durch ihre eigenen Fähigkeiten entsteht ihr eigenes Projekt, an dem alle zusammen gearbeitet haben. Auch dieses Entstehen lassen und das gemeinsame Arbeiten für ein Ziel trägt zur Motivation bei.
Durch den direkten Kontakt zu Betrieben entstehen Möglichkeiten der Übernahme von Schülern in die Ausbildung. Die Berufschancen verbessern sich. Sogar für den Schüler, der seinen Ausbildungsplatz nicht auf Anhieb findet, bietet dieser vermehrte Kontakt ein Chance, denn er bekommt nicht nur einfach eine Absage, sondern er erkennt, warum er abgelehnt wird und hat so zumindest die Möglichkeit, seine Schwächen gezielt abzubauen. Auch dieser Ehrgeiz ist eine Form der Motivation.
Durch das gezielte Stärken des Rufs und des Profils der Hauptschulen, verliert diese Schulform mit der Zeit ihren Ruf als Restschule, Eltern von abgehenden Grundschülern sträuben sich nicht länger dagegen ihr Kind auf die Hauptschule zu schicken. Dadurch steigt einerseits die Zahl der Einschulungen an der Hauptschule und andererseits sinkt die Zahl der Schulwechsler, die v.a. in den Klassen 7 und 8 mit ihrem Schulfrust an die Hauptschule kommen und dort die gesamte Gruppe belasten. Durch weniger Schulwechsler steigt auch die Klassenstärke nicht mehr so rapide an und das individuellere Lernen trägt zum Spaß am Lernen bei.