Unsere Position
Wir JuLis stehen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, denn wir erkennen an, dass eine offene Gesellschaft in demokratischer Verfasstheit auf eine Grundversorgung mit Nachrichten angewiesen ist, wie sie durch Private nicht gänzlich sichergestellt werden kann. Allerdings sehen wir die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform, da sich der deutsche ÖRR inzwischen über ein akzeptables Maß hinaus aufgebläht hat.
Unser Ziel ist ein Rundfunk, der seine Mittel effizient einsetzt, um seinem verfassungsgemäßen Informationsauftrag nachzukommen. Dafür müssen seine Strukturen erheblich entschlackt und Doppelstrukturen vermieden werden: Dies wollen wir folgendermaßen erreichen:
- Künftig soll der ÖRR in Deutschland pro Austrahlungsform (TV, Radio, Ausland) nur noch einen Sender betreiben; namentlich Phoenix, Deutschlandradio und Deutsche Welle
- Auch die zwischenstaatlichen Angebote arte und 3sat sollen bestehen bleiben, da diese den internationalen Austausch fördern
- Alle anderen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sollen in die Privatwirtschaft überführt werden
- Der Wegfall der anderen staatlichen Sender soll durch die verbleibenden nicht kompensiert werden dürfen. Konkurrenz zu den privaten Sendern auf dem Gebiet der Unterhaltung (dazu zählen z.B. Shows, Soaps oder Sportsendungen) ist zu vermeiden
- Der verbleibende öffentliche Rundfunk soll von frei von kommerziellen Einflüssen – wie Werbung – sein
- Informationsangebote wie die Tagesschau sowie deren umfassendes Korrespondentennetzwerk sollen bestehen bleiben und von den verbleibenden Sendern übernommen werden. Hierbei sind Ressourcen künftig effizienter zu nutzen
- Die Zuständigkeit für den ÖRR soll von den Ländern auf den Bund übertragen werden; diesbezügliche Gesetze müssen aber zustimmungspflichtig im Bundesrat bleiben
- Im Zuge der Privatisierung sind die Verwaltungseinheiten Finanzkommission, ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice (früher „GEZ“) und Rundfunkgebührenbeauftragter abzuschaffen
- Der Anteil von Staatsvertretern im Rundfunkrat ist auf maximal 25 Prozent herunterzufahren, außerdem muss er einen genaueren Querschnitt der Bevölkerung widerspiegeln
- Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks soll fortan nicht mehr über Beiträge und Gebühren, sondern ausschließlich über den Bundeshaushalt geschehen, wobei die politische Unabhängigkeit des Rundfunks weiterhin durch die Bewertung des Finanzbedarfs durch die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs („KEF“) gewährleistet wird
- Bürgermedien wie die Offenen Kanäle sollen besser gefördert werden
Unsere Argumentation
Der ÖRR in Deutschland ist der teuerste der Welt. Durch den sogenannten „GEZ“-Beitrag belastet dieses überproportionale System insbesondere auch junge Menschen, die das Rundfunkangebot von ARD und ZDF oftmals gar nicht konsumieren. Das wollen wir ändern.
Letztes Jahr hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk allein für 2017 einen Finanzbedarf von knapp 10 Milliarden Euro angemeldet – das ist Weltspitze! Nun möchte man meinen, das viele Geld würde entsprechend in seinen originären Auftrag, nämlich die flächendeckende Grundversorgung der Bevölkerung mit Informationen gesteckt. Aber leider weit gefehlt: Viel mehr orientieren sich die öffentlichen Sender inzwischen so stark an Quoten, dass ein Großteil des Finanzbedarfs von Unterhaltungssendungen aufgebraucht wird. Vom Traumschiff bis Rosamunde Pilcher, von royalen Hochzeiten bis horrend teuren Fußballübertragungen – mit nunmehr 60% der Sendezeit versuchen die Öffentlichen, den privatwirtschaftlichen Sendern auf dem Gebiet der Unterhaltung Konkurrenz zu machen.
Das hat sogar Bundestagspräsident Norbert Lammert erkannt, der zuletzt noch öffentlich kritisierte, dass ARD und ZDF statt der konstituierenden ersten Sitzung des neugewählten Bundestages, lieber die Schmierenkomödie „Schaumküsse“ (Das Erste) und die 158. Folge der Seifenoper „Alisa – Folge deinem Herzen“ (ZDF) übertrugen. Dies wollen wir durch unsere vorgeschlagene Reform ändern: Der Rundfunk sollte sich nur noch auf seinen Grundversorgungsauftrag konzentrieren, statt den Wettbewerb zu verzerren!
Die Beitragszahler werden derzeit mit der weltweit höchsten (und unumgänglichen) Rundfunkgebühr belastet. Zuletzt hat die ARD-Vorsitzende Karola Will sogar öffentlich bekannt gegeben, dass ihre Sender „keine finanzielle Obergrenze“ für die Übertragungsrechte an den Olympischen Spielen 2018 kennen. Das halten wir für nicht hinnehmbar: Gerade junge Menschen haben unter diesem enormen Finanzbedarf stark zu leiden. Angesichts eines wachsenden privaten Unterhaltungsangebots ist ein solch aufgeblähter Apparat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfach nicht mehr zeitgemäß und gehört massiv entschlackt. Deshalb wollen wir pro Ausstrahlungsform nur noch einen öffentlich-rechtlichen Sender beibehalten und alle anderen schrittweise in die Privatwirtschaft überführen.
Nun könnte man aber meinen, private Sender könnten oder würden kein so qualitativ hochwertiges Programm bieten, wie der öffentliche Rundfunk. Das ist allerdings nachweislich unwahr: So funktioniert z.B. der Zeitungsmarkt schon seit jeher ganz prima ohne staatlichen Einfluss. Und auch in anderen Ländern zeigt sich, dass auch private Fernsehsender ein hohes Informations-Niveau aufrecht erhalten können (vgl. z.B. CNN). Es ist naiv zu glauben, private Unternehmen wollten den Zuschauer absichtlich „verdummen“. Es ist die überfinanzierte, staatliche Konkurrenz, die es qualitativ hochwertigen privaten Produktionen schwer macht, sich durchzusetzen – und so häufig stattdessen auf Quantität gesetzt wird. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die nach unserem Antrag zu privatisierenden Sender ja weiterhin in ihrer derzeitigen Form bestehen blieben und lediglich in private Hand überführt würden. Das heißt, es wäre schlichtweg irrational (da kostenintensiv) für Investoren, das gesamte Programm auf ein niedrigeres Niveau umzustellen. Insbesondere erfolgreiche Formate wie „Tatort“ oder „heute“ werden mit hoher Wahrscheinlichkeit fortgeführt werden. Ohnehin nicht betroffen wären ja die bewährten Reportagen-, Dokumentations- und Nachrichtenformate, die weiterhin in öffentlicher Hand verbleiben sollen.
Zahlen, Daten, Fakten
ARD:
- 9 Landesrundfunkanstalten (BR, HR, MDR, NDR, RB, RBB, SR, SWR, WDR) sowie Das Erste und die Deutsche Welle (sowie deren jeweils nachgeordnete Sender)
- 23.000 Mitarbeiter
- 11 Fernsehprogramme
- 55 Hörfunkprogramme
- 16 Orchester
- 8 Chöre
- 100 Korrespondenten in 30 Ländern der Welt
- Gesamtbudget: ca. 6,3 Mrd. Euro (2014)
ZDF:
- Bundesdeutsche Rundfunkanstalt
- 3600 Mitarbeiter
- Budget: seit 2005 stets über 2 Mrd. Euro
Rechtliche Grundlagen:
- Landesrechtliche Regelungen (grundsätzlich keine Bundesangelegenheit!)
- Grundlage: Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland (Vertrag zwischen den 16 Ländern mit insg. 8 Artikel)
- 5 („Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag“) regelt den nutzungsunabhängigen Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 Euro
Vergleich mit Großbritannien
(Folgende Angaben stammen aus dem Jahr 2013)
Deutscher ÖRR (insb. ARD / ZDF):
- 23 TV-Sender
- 63 Hörfunksender
- 30000 Mitarbeiter
- Budget: ca. 8 Mrd Euro
- Stetig sinkender Marktanteil bei höchsten internationalen Kosten/Kopf
Britischer ÖRR (BBC):
- 14 TV-Sender
- 12 Hörfunksender
- 20000 Mitarbeiter
- Budget: ca. 5 Mrd Euro
- Anerkannter Sender, hoher Marktanteil, mäßige Kosten/Kopf
Finanzierung
Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk erhält aus der Nutzungsunabhängigen Beitragsgebühr ein Jahresbudget von 7,5 Mrd. Euro, dazu kommen Werbeeinnahmen von ca. 600 Mio. Euro, es ergibt sich ein Finanzbudget von über 8 Mrd. Euro (Vergleich zu 2005: ca. 6 Mrd. Euro). Der erhöhte Finanzbedarf wird vor allem mit den notwendigen Investitionen im Online-Bereich und der Modernisierung begründet.
Die 17,50 Euro werden verteilt an:
- ARD: 12,37 € (mit anschließendem internen Verteilungsschlüssel)
- ZDF: 4,32 €
- Deutschlandradio: 48ct
- Ländermedienanstalten: 33ct
- Verwaltung: 3ct
Nach einigen Angaben legen ARD und ZDF im Jahr 2013 die Programminhalte zu 60 Prozent aus Unterhaltungsinhalten fest, insgesamt 35 Prozent der Programminhalte beinhalten fiktionale Unterhaltung.
Gegenargumente
„Wenn der ÖRR aus dem Bundeshaushalt finanziert wird untersteht er der Willkür der jeweiligen Regierung“
- Der Finanzbedarf des ÖRR wird schon heute in der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes im ÖRR (KEF) ermittelt. Der KEF gehören 16 Mitglieder auf Vorschlag der Bundesländer an. Dies würde sich nicht ändern
- Die Unabhängigkeit steigt sogar, da die Staatsvertreter im Rundfunkrat laut Beschlusslage auf 25 Prozent reduziert werden sollen
- Das jetzige System über den Rundfunkbeitrag ist undemokratisch und gehört abgeschafft. Ganz nach dem Motto „no taxation without representation“ sollten die Bürger über ihre Vertretungsorgane die Kontrolle über die Höhe und die Verwendung ihrer Steuergelder haben – und dazu zählt faktisch auch der „GEZ“-Beitrag
- Übrigens: Auch die Deutsche Welle wird schon heute allein aus dem Bundeshaushalt (und nicht über den Rundfunkbeitrag) finanziert und sendet trotzdem neutral und unabhängig von politischer Einflussnahme
„Sport-Übertragungen fallen weg!“
- Es gibt kein Grund für oder Recht auf deren Übertragung im ÖRR. Solche teuren Übertragungen werden auch nicht vom Grundversorgungsauftrag gedeckt und sollten deshalb nicht vom Staat übernommen werden.
- Seit Jahren würden private Sender die Sportübertragungen ebenfalls gerne übernehmen, der ÖRR verhandelt jedoch die Lizenzgebühren so hoch, dass dies für sie unwirtschaftlich wird. Es handelt sich hier um eine immense Wettbewerbsverzerrung. Zuletzt hat die ARD-Vorsitzende Karola Will öffentlich bekannt gegeben, dass ihre Sender „keine finanzielle Obergrenze“ für die Übertragungsrechte an den Olympischen Spielen 2018 kennen. Das ist nicht nur unfair den Beitragszahlern gegenüber, sondern auch eine sehr schlechte Verhandlungsposition.
- Es gibt ein ausreichendes Angebot der Übertragungen auch unpopulärer Sportarten im Pay-TV, der Wegfall der Rundfunkgebühr kann hier für den Erwerb eines entsprechenden Angebotes verwendet werden
„Die Regionalvielfalt geht verloren!“
- Nein: Z.B. lässt sich diese weiterhin über zeitliche „Slots“ für rein regionalspezifische Informationssendungen erreichen (vgl. z.B. „Sat1 Bayern“)
- Alles weitere regelt der Markt – bereits jetzt gibt es regionalspezifische, private Medien (vielfältige Angebote insb. online und in den Printmedien)
„Eine Abschaffung des ÖRR wäre verfassungswidrig!“
- Da wir nicht den gesamten ÖRR abschaffen wollen, stellt sich diese Frage nicht. Der erforderliche Grundversorgungsauftrag bleibt in unserem System erhalten.
- Zudem sind die entsprechenden Urteile des BVerfG inzwischen sehr veraltet und beziehen sich auf Prämissen, die durch die neuen heutigen Umstände nicht mehr zeitgemäß sind.
„Arbeitsplätze gehen verloren!“
- Die Arbeitsplätze werden ja nicht gestrichen, sondern nur in die Privatwirtschaft überführt
- Der Staat muss zudem keine Arbeitsplätze subventionieren
„Nach der Abschaffung des ÖRR hätten wir ein Oligopol aus wenigen Anbietern!“
- Diesen Umstand machen wir nicht besser dadurch, dass wir den öffentlichen Rundfunk beibehalten. Er muss so oder so angegangen werden.
- Der Grund dafür liegt außerdem insbesondere darin begründet, dass es sehr schwer ist, an Rundfunklizenzen zu gelangen. Sobald wir die Anforderungen dafür lockern und damit die Marktzugangsbarrieren senken, wird auch wieder mehr Wettbewerb stattfinden können.
- Durch die große Konkurrenz aus dem Ausland sowie insbesondere im Internet ist der relevante Markt außerdem nicht nur auf inländische TV-Sender zu begrenzen. Der Wettbewerb hat sich damit bereits deutlich erhöht!
- Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die Sender, die wir laut Antrag privatisieren würden, ja weiterhin fortbestehen werden – nur eben in privater Hand – und damit aber auch weiterhin eine Konkurrenz darstellen.